Großteil der Schweinebestände mit MRSA verseucht
21.05.2012
Mehrere vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vor drei Jahren in Auftrag gegebene Studien haben die Ausbreitung der multiresistenten Erreger MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) analysiert. Am Dienstag sollen in Berlin die Ergebnisse vorgestellt werden.
Vorab erklärte nun Professor Thomas Blaha, Leiter der Außenstelle Epidemiologie der Tierärztlichen Hochschule (TiHo) Hannover, am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur „dapd“, dass eine bestimmte Form der multiresistenten Keime in einem Großteil der untersuchten Schweineställen nachgewiesen wurde. 40 Prozent der Menschen, die regelmäßig in Kontakt mit den Tieren kommen, seien „besiedelt“. Trotzdem zeigten sich die Forscher angesichts der Untersuchungsergebnisse eher beruhigt, da der entsprechende MRSA-Keim beim Menschen nur sehr selten eine Infektion verursache. Die für Menschen gefährlicheren MRSA-Erreger wurden indes laut Aussage des Experten in den Viehbeständen nur äußerst sporadisch nachgewiesen.
Untersuchung des Vorkommens multiresistenter Erreger in der Tierhaltung
Vor drei Jahren hatte das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) fünf Untersuchungen in Auftrag gegeben, wobei die TiHo in Hannover damit betraut wurde, die Ausbreitung des MRSA in der Schweinemast und Schweinezucht in Deutschland zu analysieren, erklärte Professor Blaha. Die Freie Universität Berlin sollte das Vorkommen des Erregers im Staub innerhalb und außerhalb der Tierställe ermitteln und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR ) wurde mit der molekularbiologischen Feintypisierung der Bakterienstämme beauftragt, so Blaha weiter. Grundsätzlich fand im Rahmen der Untersuchung eine Typisierung der Erreger in drei Kategorien statt: Die in der Tierhaltung relativ häufig nachzuweisenden MRSA-ST398, die in der Umwelt natürlicherweise vorkommenden CA-MRSA und die durch Kontakt mit Antibiotika entstandenen sogenannten Krankenhauskeime, HA-MRSA. Gemeinsam ist den MRSA-Stämmen ihre Resistenz gegen herkömmliche Antibiotika, was im Falle einer Infektion die Behandlung erheblich erschwert und insbesondere bei den Krankenhauskeimen nicht selten den Tod der Patienten zur Folge hat.
Gefundene MRSA-Keime für Menschen ungefährlich?
Das ein Großteil der Schweinebestände mit multiresistenten Erregern verseucht ist, gibt angesichts der Widerstandsfähigkeit der MRSA-Keime gegen Antibiotika mehr als zu denken. Zwar beruhigen die Forscher mit dem Hinweis, dass 98 bis 99 Prozent der nachgewiesenen Keime zu dem Stamm MRSA-ST398 gehörten und somit für den Menschen nur sehr selten gefährlich werden. Doch dass eine derart hohe Durchseuchung mit antibiotikaresistenten Erregern festzustellen war, ist auch ein weiterer Hinweis für die seit Jahren bemängelten Missstände in der Tierhaltung – insbesondere des fahrlässigen Umgangs mit Antibiotika. Das von den 40 Prozent der Personen, die durch den regelmäßigen Kontakt mit den Schweinen ebenfalls mit dem Erreger besiedelt waren, normalerweise kaum jemand an einer entsprechenden Infektion erkrankt, kann insofern kaum beruhigen. Professor Blaha zufolge sterben die MRSA-ST398-Keime normalerweise im Magen-Darm-Trakt ab und werden nur bei Kontakt mit offenen Wunden gefährlich.
Biohöfe seltener mit MRSA verseucht als konventionelle Betriebe
Am Montag hatte der Radiosender „NDR Info“ unter Bezug auf eine vorliegende schriftliche Auswertung der Studien zu den MRSA-Keimen in der Tierhaltung nicht nur auf die Durchseuchung der Schweinebestände hingewiesen, sondern auch berichtet, dass „bei bis zu 60 Prozent der konventionellen Betriebe“ und lediglich bei 25 Prozent der ökologischen Betriebe der MRSA-Keim im Staub nachweisbar war. Außerdem seien die Erreger teilweise noch in 500 Metern Entfernung zu dem Stall aufgefunden worden. Hierdurch bestehe „zwar kein unmittelbares Gesundheitsrisiko für Menschen in der Umgebung, eine Verbreitung antibiotikaresistenter Keime auf diesem Wege ist jedoch möglich und muss eingedämmt werden“, so zitierte Mitteilung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Warum antibiotikaresistente Keime in konventionellen Tierhaltungsbetrieben deutlich häufiger vorkommen als in ökologisch Betrieben, lässt ich anhand der aktuellen Untersuchungsergebnisse nicht ermitteln, die Forscher vermuten jedoch, dass einer der Gründe der regere Tierhandel in den konventionellen Betrieben sein könnte.
MRSA-Keime in der Tierhaltung ein generelles Problem?
Wahrscheinlich werden die multiresistenten Erreger mit den Tierzukäufen eingeschleppt, erläuterte Prof. Blaha. Wie sich derart viele multiresistente Erreger entwickeln konnten, bleibt an dieser Stelle jedoch unbeantwortet. Auch scheint der Verdacht naheliegend, dass der Antibiotika-Einsatz in den konventionellen Betrieben unmittelbaren Einfluss auf die Ausbreitung der multiresistenten Erreger haben könnte. „NDR Info“ hatte darüber hinaus berichtet, dass für die Studien bundesweit 13 Stichproben aus Geflügelbetrieben analysiert wurden, deren Auswertung zwar noch nicht beendet sei, bei denen jedoch „laut Ministeriumsangaben in den meisten Fällen MRSA-Keime festgestellt“ wurden. Das Problem der Antibiotika-Resistenzen beschränkt sich demnach nicht auf die Schweinebestände – was allerdings auch Laien kaum überraschen dürfte. Dass die multiresistenten Erreger angeblich in zahlreichen Schlachthöfen nachgewiesen wurden, sorgt hier schon eher für Beunruhigung. Wobei auch an dieser Stelle von Seiten des BMELV schnell wieder für Beruhigung gesorgt wird, mit dem Hinweis, dass die gefundenen Erreger in den Schlachthöfen nicht die gefährlichen HA-MRSA-Keime waren. Nur weil „MRSA-Keime auf dem Fleisch feststellbar sind“, heißt das nicht, „dass sie für den Menschen gefährlich sein müssen”, so ein Sprecher des Ministeriums gegenüber dem Radiosender. Trotzdem räumte auch der Sprecher des BMELV ein, dass die Hygiene in den Schlachthöfen angesichts der aktuellen Studienergebnisse verbessert werden muss. (fp)
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