Computerspiele: Zocken in virtuellen Welten kann Phantomschmerzen lindern
Viele Menschen, denen Gliedmaßen amputiert worden sind, empfinden in dem nicht mehr vorhandenen Körperteil immer wieder sogenannte Phantomschmerzen. Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass diese mit Hilfe von Spielen in virtuellen Welten gelindert werden können.
Videospiele gegen Phantomschmerzen
Computerspiele haben nicht unbedingt den besten Ruf. Eltern befürchten, das viele Spielen schadet Kindern und macht sie aggressiv. Dass bestimmte PC-Spiele Gewaltexzesse auslösen – wie manchmal behauptet wird – lässt sich wissenschaftlich allerdings nicht belegen. Es gibt im Gegenteil sogar Studien, die zu dem Ergebnis kommen, dass Videospiele gut für die Gehirn-Entwicklung sein können. Und schwedische Forscher haben nun herausgefunden, dass Zocken in virtuellen Welten Phantomschmerzen nach Amputationen lindern kann.
Dauer, Frequenz und Intensität des Schmerzes nahmen ab
Eine Studie schwedischer Wissenschaftler hat gezeigt, dass Menschen mit amputierten Gliedmaßen mit Hilfe von Spielen in virtuellen Welten ihre Phantomschmerzen lindern können.
In der Untersuchung, deren Ergebnisse in der britischen Fachzeitschrift „The Lancet“ veröffentlicht wurden, sollten die 14 Probanden, denen jeweils ein Arm fehlte, am Computer ihr vermeintlich fehlendes Körperteil benutzen. Später berichteten die Patienten, dass der Phantomschmerz an Dauer, Frequenz und Intensität verlor.
Motorische Gehirnbereiche werden aktiviert
„Die motorischen Bereiche im Gehirn, die für die Bewegung des amputierten Arms benötigt werden, werden reaktiviert, und der Patient erhält eine visuelle Rückkopplung, die das Gehirn in den Glauben versetzt, dass es einen Arm gibt, der solche motorischen Befehle ausführt. Er erfährt sich als Ganzes, mit dem amputierten Arm zurück an Ort und Stelle“, erklärte der Hauptautor der Studie, Max Ortiz-Catalan von der Chalmers University of Technology in Göteborg, laut „BBC“.
Kein einheitlicher Therapieansatz
Zur Behandlung von Phantomschmerzen gibt es bislang keinen einheitliche Therapieansatz. Zum Einsatz kommen unter anderem psychosomatische Therapien oder welche mit Medikamenten.
Forscher der Medizinischen Universität Wien (MedUni) haben vor einigen Jahren mit der Spiegeltherapie gegen Phantomschmerzen von Beinamputierten gute Erfolge erzielt.
Diese Methode, die die Kraft der Illusion nutzt, hilft allerdings nicht jedem, vor allem nicht Doppelamputierten.
Ähnlicher Ansatz wie bei der Spiegeltherapie
Die schwedischen Wissenschaftler verfolgten in ihrer Studie einen ähnlichen Ansatz. Dafür befestigten sie bei den Studienteilnehmer, die bereits zwei bis 36 Jahre mit einem amputierten Arm leben, Sensoren auf dem Armstumpf, um die verbliebene Muskelaktivität zu messen.
Mithilfe dieser Information erstellte ein Computerprogramm einen virtuellen Arm auf dem Bildschirm. Dann wurden die Probanden in Sitzungen aufgefordert, ihren virtuellen Arm zu trainieren, unter anderem mit einem Autorennspiel.
Es zeigte sich, dass sich sowohl die Intensität, als auch die Qualität und Häufigkeit der Phantomschmerzen durchschnittlich fast halbierte. Zudem berichteten Probanden, dass ihr Schlaf seltener unterbrochen wurde, sie die Dosis ihrer Schmerzmittel senken konnten oder ihre Aktivitäten weniger durch Schmerzen unterbrochen wurden.
Die neue Methode hat sich bei Patienten mit Phantomschmerzen „als wirkungsvoll erwiesen, bei denen keine anderen Therapien wirksam waren“, heißt es auf der Webseite der schwedischen Universität. Es werde bereits an einer Weiterentwicklung gearbeitet. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
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