Alternative Krebstherapie nach Tod von drei Patienten in der Diskussion
Drei Krebspatienten sind nach einer alternativmedizinischen Behandlung gestorben. Die Patienten waren mit dem Präparat „3-Bromopyruvat“ behandelt worden. Die Verwendung des Mittels ist zwar nicht unzulässig, jedoch umstritten. Noch ist nicht klar, ob der Tod der Krebspatienten durch das Präparat verursacht wurde. Der Heilpraktiker-Verband fordert seine Mitglieder auf, nicht nach Gesetzeslücken zu suchen, sondern immer legal zu arbeiten.
Drei Patienten nach fragwürdiger Behandlung gestorben
Ende Juli waren drei Patienten nach einer fragwürdigen Behandlung in einem alternativen Krebszentrum im niederrheinischen Dorf Brüggen-Bracht gestorben. Es gibt zwar keine Anhaltspunkte dafür, dass der Heilpraktiker, der in der Einrichtung tätig war, den Tod der Patienten vorsätzlich herbeiführte, doch die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den Praxisinhaber nun wegen fahrlässiger Tötung. Die Ermittler konzentrieren sich dabei offenbar auf den Behandlungswirkstoff „3-Bromopyruvat“.
Verabreichen des umstrittenen Präparats nicht unzulässig
Wie der „Westdeutsche Rundfunk“ (WDR) berichtet, erklärte die Staatsanwaltschaft Krefeld auf einer Pressekonferenz, dass das Verabreichen des Präparats „3-Bromopyruvat“ (3-BP) durch den Heilpraktiker nicht unzulässig war. Außerdem gäbe es bislang keine nachweisliche Verbindung zwischen den Todesfällen nach der Behandlung in der Praxis des Heilpraktikers in Brüggen-Bracht (Kreis Viersen) und dem bei der Therapie verabreichten Präparat. Der Krefelder Oberstaatsanwalt Axel Stahl erklärte, es sei nicht klar, ob der Tod nach der Krebs-Therapie an dem Präparat gelegen habe.
Ermittlungen nach Tod einer Niederländerin
Es gehe bei den Ermittlungen um fünf Fälle; dreimal um den Vorwurf der fahrlässigen Tötung und zweimal um fahrlässige Körperverletzung. Derzeit werden noch zwei Patienten nach lebensbedrohlichen Beschwerden medizinisch behandelt. Die Ermittlungen wurden durch den Tod einer 43-jährigen Frau aus den Niederlanden ausgelöst. Sie starb am 30. Juli in einem Krankenhaus in Mönchengladbach, nachdem sie am 25. Juli in der Einrichtung behandelt worden war. Vor ihrem Tod hatte sie über Kopfschmerzen geklagt, war zeitweise verwirrt und schließlich nicht mehr ansprechbar.
Möglicherweise war etwas mit dem Wirkstoff nicht in Ordnung
Laut WDR haben die Ermittler vor allem das verabreichte Präparat im Visier: „Es gibt die Arbeitsthese, dass mit dem Wirkstoff etwas nicht in Ordnung war“, sagte Oberstaatsanwalt Axel Stahl. Die Charge des Stoffs sei möglicherweise verunreinigt oder nicht richtig dosiert gewesen. „3-Bromopyruvat ist ein experimenteller Wirkstoff, der weltweit in der Tumortherapie eingesetzt wird“, erklärte Stahl.
Den Angaben zufolge habe der beschuldigte Heilpraktiker „im Wesentlichen pauschal bestritten, dass etwas falsch gelaufen sei“. Die Lieferquellen bei besagtem Präparat führten ins europäische Ausland. Nach Angaben von Stahl seien Beziehungen, die der Heilpraktiker zu einer deutschen Apotheke hatte, ebenfalls Bestandteil der Ermittlungen. In der Praxis in Brüggen-Bracht im deutsch-niederländischen Grenzgebiet wurden vor allem Menschen aus den Benelux-Staaten behandelt.
Krebszentrum bedauert Tod der Patientin
Seit Bekanntwerden des Falles wird über die alternative Therapie diskutiert. Das Krebszentrum selbst hatte nach dem Bekanntwerden des ersten Todesfalles eine Stellungnahme veröffentlicht, in dem der Tod der Patientin bedauert wurde, aber auch der Umstand, „dass alternative Medizin, und speziell unsere Klinik, für das Ableben einer unserer Patienten verantwortlich gemacht werden könnten“.
Informationen zu alternativen Heilmethoden
Von Gesundheitsexperten wird darauf hingewiesen, dass biologische Krebstherapie keineswegs eine Therapie ist, die als „Alternative“ gesehen werden darf. Jede zusätzliche Therapie muss in Absprache der behandelnden Ärzte geschehen. Informationen zu alternativen Heilmethoden bei Krebs finden sich unter anderem auf der Onlineplattform des Kompetenznetzwerks Komplementärmedizin in der Onkologie (KOKON). Das Projekt wird von der Deutschen Krebshilfe gefördert.
Die Experten schreiben auf der Webseite: „Die Wirkstoffe und Behandlungsverfahren, die in der Komplementärmedizin angewendet werden, umfassen ein sehr weites Spektrum: Sie erstrecken sich von Nahrungsergänzungsmitteln und Vitaminen, über diätetische Empfehlungen, Phytotherapeutika und Organextrakte, Medizinprodukte und Arzneimittel, technische und biotechnologische Verfahren, bis zu psychologischen, spirituellen Methoden und komplexen Behandlungsverfahren fremder Kulturkreise. Viele dieser Verfahren sind bereits gut bekannt, andere wiederum nicht.“
Einschränkungen für Behandlungen durch Heilpraktiker
Im Zusammenhang mit den Todesfällen wurden nun auch Rufe nach Einschränkungen für die Behandlung durch Heilpraktiker laut. So sagte der Präsident der Ärztekammer Nordrhein, Rudolf Henke, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ), er halte es „nicht für vertretbar, dass Heilpraktiker die Behandlung von Krebspatienten übernehmen“. Seiner Meinung nach müsse man „die Regelungen des Heilpraktikerwesens völlig neu überdenken“.
Heilpraktikerverband fordert zu gesetzkonformes Handeln auf
Die Vorfälle in Brüggen-Bracht, die mutmaßlich zum Tod von Patienten geführt haben, seien nach Angaben des Bundes Deutscher Heilpraktiker e.V. “nicht nur tragisch, sondern für die Angehörigen ein großes Leid, das nicht wieder gut zu machen ist”. Sollten sich die Vorwürfe gegen den Behandler voll umfänglich als zutreffend erweisen, wäre das “ein vorsätzliches Fehlverhalten, das dem gesamten Berufsstand schadet.” Es würde sich jedoch “um einen Einzelfall handeln, da Heilpraktiker in ihrer Gesamtheit ebenso verantwortungsvoll arbeiten, wie andere Berufe im Gesundheitssystem, vielleicht sogar ein kleines bisschen vorsichtiger”. Das belegen “extrem niedrige Schadensquoten in der Berufshaftpflichtversicherung”, die sehr deutlich unter der Quote anderer Berufe liege. Der Verband fordert gesetzkonformes Verhalten aller Heilpraktiker.
NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hatte nach den Vorfällen in Brüggen ebenfalls strengere Regeln für Heilpraktiker gefordert. Die Politikerin kritisierte, dass sich jeder ohne jegliche Ausbildung für die Prüfung anmelden könne. Das Gesetz aus dem Jahr 1939 müsse reformiert werden. (ad)
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