Verkehrslärm erhöht das Risiko für Herzkrankheiten
In der heutigen Zeit sind wir fast überall immer wieder einer Lärmbelastung ausgesetzt. In Städten herrscht besonders viel Krach, nicht zuletzt durch den oft immensen Straßenverkehr. Das ist nicht nur lästig, sondern schadet auch der Gesundheit und erhöht das Risiko für Herzkrankheiten. Nachtlärm wirkt sich besonders negativ auf das Herz aus, wie eine Studie nun gezeigt hat.
Im vergangenen Jahr zeigte eine Untersuchung, dass sich rund drei Viertel der Deutschen durch Lärm dauerhaft belästigt fühlen. Vor allem Verkehrslärm stört die meisten. Dieser ist nicht nur lästig, sondern schadet auch der Gesundheit und erhöht unter anderem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In einer neuen Studie hat sich nun gezeigt, dass Krach in der Nacht besonders schlecht für das Herz ist.
Risikofaktor für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Verkehrslärm schadet der Gesundheit und ist insbesondere für die Entwicklung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen ein Risikofaktor. Eine neue internationale Übersichtsstudie unter der Federführung des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz zeigt nun auf, dass vor allem eine gestörte Nachtruhe das Risiko erhöht, dass sich eine Herz-Kreislauf-Erkrankung entwickelt.
Laut einer Mitteilung sind die Bildung von freien Radikalen (oxidativer Stress) und Entzündungsreaktionen in Gehirn, Herz und Gefäßen, wesentliche Einflussfaktoren in diesem Prozess.
Die neuen Erkenntnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Annual Review of Public Health“ veröffentlicht.
Nachtlärm führt zu einer Störung der inneren Uhr
Wie in der Mitteilung erklärt wird, führt Nachtlärm zu einer Störung der inneren Uhr, der sogenannten zirkadianen Rhythmik. Doch diese stellt ein wichtiges Regulationssystem unseres Körpers dar, da sie abhängig von der Tageszeit einen Großteil der funktionellen, metabolischen und biologischen Parameter unseres Organismus steuert.
Wie der Körper also zum Beispiel die Körpertemperatur, den Blutdruck, die Gedächtnisleistung oder auch den Appetit, den Energiehaushalt oder die zahlreichen Hormone und das Immunsystem regelt, hängt davon ab, ob es Tag oder Nacht ist.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, des Krebsinstituts Dänemark sowie des Schweizerischen Tropen- und Public Health-Instituts haben detaillierter untersucht, welche Folgen Nachtlärm auf das Herz-Kreislauf-System sowie Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes hat.
Zu diesem Zweck analysierten die Fachleute eine Vielzahl von aktuellen Forschungsergebnissen inklusive der Mainzer Lärmwirkungsstudien und trugen die Ergebnisse in einem Übersichtsartikel zusammen.
Erhöhter Blutdruck und steifere Gefäße
Ein zentrales Ergebnis der Studie ist, dass ein durch Verkehrslärm verursachter zu kurzer oder oft unterbrochener Schlaf das Risiko erhöht, zukünftig eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln.
Es zeigte sich, dass insbesondere Nachtlärm den Blutdruck erhöht, die Ausschüttung von Stresshormonen steigert und die Gefäße steifer werden lässt – allesamt wichtige Einflussfaktoren auf die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Wenn bei den Patientinnen und Patienten bereits eine Herzerkrankung festgestellt wurde, sind insbesondere die durch Nachtfluglärm verursachten Gefäßschäden deutlich ausgeprägter. Medizinisch relevant sind auch psychische Erkrankungen wie Depression und Angststörungen, die als Folge der negativen Emotionen hinsichtlich des Nachtlärms auftreten können.
Gerade wenn die Betroffenen bereits Lärmerfahrung haben, zeigen die Gefäße vermehrt größere Schäden auf. Der Körper, und hier insbesondere die Gefäße, gewöhnen sich nicht an den Lärm – so die Schlussfolgerung der Forschenden.
Lärmgrenzen müssen eingehalten werden
Der Studienleiter und Direktor der Kardiologie I am Zentrum für Kardiologie der Universitätsmedizin Mainz, Univ.-Prof. Dr. Thomas Münzel, und sein Teamkollege Univ.-Prof. Dr. Andreas Daiber sind erfreut über den Erfolg des internationalen Forschungsprojekts:
„Es war wichtig, die aktuelle Situation zum Thema Lärm und Gesundheit mit internationalen Experten zusammenzufassen und gleichzeitig die neuen europäischen WHO-Leitlinien zum Thema Lärm zu kommentieren. Die Lärmwirkungsforschung hilft uns mehr und mehr zu verstehen, wie Lärm herzkrank macht“, erklären die Wissenschaftler.
„Die Ergebnisse klinischer Untersuchungen mit dem Nachweis einer Assoziation zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und auch psychischen Erkrankungen wie Depression und Angststörungen werden insbesondere durch die Mainzer vorklinischen Lärmstudien untermauert und teilweise auch erklärt“, so die Fachleute.
„Wir halten es künftig für wesentlich, dass Lärm als wichtiger Herzkreislaufrisikofaktor anerkannt wird und, dass die WHO-Richtlinien in EU-Lärmgesetze aufgenommen werden, die dafür sorgen, dass die Lärmgrenzen für den Tag und für die Nacht eingehalten werden müssen. Perspektivisch sollten die Politik und die jeweiligen Entscheider vor Ort darauf hinwirken, dass die gesetzlich definierte Nachtzeit von 22.00 bis 6.00 Uhr lärmfrei bleibt.“ (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsmedizin Mainz: Verkehrslärm in der Nacht schädigt Herz mehr als am Tag, (Abruf: 27.01.2020), Universitätsmedizin Mainz
- Thomas Münzel, Swenja Kroeller-Schön, Matthias Oelze, Tommaso Gori, Frank P. Schmidt, Sebastian Steven, Omar Hahad, Martin Röösli, Jean-Marc Wunderli, Andreas Daiber, Mette Sørensen: Adverse Cardiovascular Effects of Traffic Noise with a Focus on Nighttime Noise and the New WHO Noise Guidelines; in: Annual Review of Public Health, (Veröffentlichung: 10.01.2020), Annual Review of Public Health
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.