Experten warnen: Ergänzungsmittel fürs Gehirn sind Geldverschwendung
Ein Zusammenschluss von Expertinnen und Experten aus der Neurologie und der Ernährungswissenschaft veröffentlichten kürzlich einen Bericht, der mit Nahrungsergänzungsmitteln abrechnet, die auf den Erhalt oder die Stärkung des Gedächtnisses abzielen. Das vernichtende Urteil: Die Produkte sind größtenteils nicht mal den Kunststoff wert, in den sie abgefüllt werden.
In der Nonprofit-Organisation Global Council on Brain Health (GCBH) haben sich renommierte Forschende und Mediziner zusammengeschlossen, um Menschen unabhängig darüber zu informieren, wie sie ihre Hirngesundheit verbessern können. Ihrem aktuellen Bericht zur Folge sind Nahrungsergänzungsmittel fürs Gehirn nicht der richtige Weg zur Verbesserung oder zum Erhalt der Hirnleistung – jedenfalls für die meisten Menschen.
Ergänzungsmittel für das Gehirn: Ein Riesengeschäft
In den USA greift rund jeder vierte Erwachsene im Alterüber 50 Jahren regelmäßig auf Nahrungsergänzungsmittel für daas Gehirn zurück, in der Hoffnung, sich damit möglichst lang seine kognitiven Fähigkeiten zu erhalten. Auch in Deutschland erfreuen sich solche Produkte großer Beliebtheit. Der Handel mit Nahrungsergänzungsmittel ist längst zum Milliardengeschäft geworden – mit steigender Tendenz.
Die schiere Masse erzeugt Glaubhaftigkeit
Nahrungsergänzungsmittel sind keine Medikamente und müssen deshalb auch keine aufwändigen Testverfahren und Studien durchlaufen. Es ist für die Hersteller wesentlich einfacher, solche Produkte auf den Markt zu bringen, auch ohne Wirksamkeitsnachweis. „Der Markt ist mittlerweile so groß, dass die Nahrungsergänzungsmittel ohne jegliche Dokumentation der Wirksamkeit auskommen“, kommentiert der Neurologe Ronald Petersen, Direktor des Mayo Clinic Alzheimer’s Disease Research Center.
Keine Beweise für die Wirksamkeit
Die Forschenden analysierten aktuelle Studien über Nahrungsergänzungsmittel, die angeblich die Kognition fördern. Dabei wurden alle gängigen Inhaltsstoffe vom Fischöl bis zum dem aus Quallen stammenden Apoaequorin unter die Lupe genommen. Die Expertinnen und Experten fanden keinen wissenschaftlich ausreichenden Beweis, der eine Empfehlung solcher Mittel rechtfertigen würde. Lediglich eine kleine Studie deutete darauf hin, dass die Einnahme von Omega-3-Fettsäure diejenigen begünstigen könne, die bereits eine leichte kognitive Beeinträchtigung aufweisen. Eine Schutzfunktion konnte jedoch nicht nachgewiesen werden.
Ergänzungsmittel können für manche Personen schädlich sein
Darüber hinaus betonen die Forschenden, dass sich bei manchen Menschen sogar negative Effekte durch die Ergänzungsmittel ergeben können. Beispielsweise sollten Personen, die Blutverdünner, Herzmedikamente, Steroide und Medikamente, die das Immunsystem beeinflussen, einnehmen, generell vorsichtig mit Nahrungsergänzungsmitteln sein. Denn die Ergänzungsmittel werden ebenfalls über die Nieren und die Leber verstoffwechselt. Dies könnte die Leistung anderer Medikamente beeinflussen, so der Facharzt. Es zeigte sich beispielsweise, dass eine plötzliche Erhöhungen der Vitamin-K-Aufnahme zu einer verringerten Wirkung des Blutverdünners Coumadin führte.
Folsäure stellt eine wichtige Ausnahme dar
Eine wichtige Ausnahme stellt Vitamin B12 oder B9 dar. Liegt ein Mangel vor, der bei über 50-jährigen nicht selten vorkommt, können B12-Ergänzungen für die Gesundheit des Gehirns hilfreich sein, betonen die Fachleute. Durch eine Blutuntersuchung kann ein solcher Mangel festgestellt und durch Ergänzungsmittel oder Spritzen behoben werden.
„Gebt euer Geld lieber für sinnvolle Sachen aus“
„Nahrungsergänzungsmittel für die Gesundheit des Gehirns scheinen eine riesige Geldverschwendung zu sein“, resümiert Sarah Lenz Lock, die Geschäftsführerin des GCBH. Sie rät dazu, das Geld lieber in eine gesunde Ernährung zu stecken, die nachweislich mehr positive Effekte für die Hirngesundheit bringt. So haben zum Beispiel einige Studien gezeigt, dass ein regelmäßiger Meeresfrüchte-Konsum mit einem geringen Risiko für kognitive Einbußen einhergeht. Dieser Effekt konnte über die Einnahme von Omega-3-Ergänzungen nicht erreicht werden.
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(vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Global Council on Brain Health (GCBH): New Report Pans Supplements for Brain Health (Abruf: 30.06.2019), aarp.org
- Report: GCBH Recommendations on Vitamins, Minerals, and Other Dietary Supplements, Juni 2019 (Abruf: 30.06.2019), zum Bericht
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.