Zusammenhang von Sellerie- und Beifußpollenallergie
Sellerie gehört in Zentraleuropa zu den wichtigsten Allergenen aus pflanzlicher Nahrung in Erwachsenen und kann milde, orale Symptome bis zu lebensbedrohliche anaphylaktische Reaktionen auslösen, heißt es auf der Webseite der Medizinischen Universität Wien in einem Bericht zu den 14 wichtigsten Allergenen. Forschende haben nun neue Erkenntnisse zur Sellerieallergie gewonnen.
Laut einer Mitteilung hat ein internationales Forschungsteam unter Federführung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) ein bisher unbekanntes Allergen in der Selleriewurzel identifiziert. Dieses Protein (ein Defensin) mit dem Namen Api g 7 könnte den Fachleuten zufolge die bisher nicht aufgeklärte Verbindung zwischen Knollensellerie-Allergie und Beifußpollen-Sensibilisierung sein und einen Beitrag zur verbesserten Diagnostik dieser Form von Nahrungsmittelallergien leisten. Über die Ergebnisse wird in der Fachzeitschrift „Allergy” berichtet.
Eine der häufigsten Nahrungsmittelallergien
Die Allergie gegen Selleriewurzel (Apium graveolens) ist mit einer Prävalenz von bis zu 0,45 Prozent in der erwachsenen Bevölkerung eine der häufigsten Nahrungsmittelallergien in Nordeuropa. Sie führt meist zu lokalen oralen Symptomen wie zum Beispiel Juckreiz und Schwellungen im Mund- und Rachenraum, aber auch schwere Reaktionen (beispielsweise der lebensbedrohliche anaphylaktische Schock) sind möglich. Wie es in der Mitteilung heißt, reagieren sieben Prozent der Betroffenen in Europa, von denen anaphylaktische Reaktionen bekannt sind, auf die Selleriewurzel mit Anaphylaxie.
Bislang sind sechs Sellerieallergene (Api g 1 bis Api g 6) bekannt. Bei ihnen handelt es sich um ganz unterschiedliche Proteine wie zum Beispiel Abwehrproteine oder Profilin, ein kleines Protein mit regulatorischen Eigenschaften.
Eine Knollensellerie-Allergie geht oft mit einer Allergie der Atemwege gegen Beifußpollen (Artemisia vulgaris) einher, was sich bisher nicht durch eine sogenannte Kreuzallergie auf bekannte homologe Allergene in den Pollen in der Sellerieknolle erklären ließ. Eine Kreuzallergie – auch als IgE-Kreuzreaktivität bezeichnet – liegt laut den Fachleuten vor, wenn sogenannte Immunglobulin-E-Antikörper (IgE), die auf ein bestimmtes Allergen aus einer Quelle reagieren, auch Allergene aus einer anderen Quelle erkennen und zu allergischen Reaktionen führen.
Rolle eines mit Defensin verwandten Allergens untersucht
Forschende des PEI unter Federführung von Dr. Andrea Wangorsch und unter Leitung des Vizepräsidenten des PEI, Prof. Stefan Vieths, haben gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Österreich, der Schweiz und Schweden das mögliche Vorhandensein und die Rolle eines mit Defensin verwandten Allergens bei der Allergie gegen Knollensellerie untersucht.
Bei Defensinen handelt es sich um kleine Polypeptide, die in allen tierischen Organismen und höheren Pflanzen zur Abwehr von mikrobiellen Erregern vorkommen. Hierzu wurde eine cDNA des Defensins von Knollensellerie kloniert sowie ein rekombinantes Api g-Defensin hergestellt. Parallel dazu zeigte eine massenspektrometrische Analyse das Vorhandensein eines entsprechenden Defensin-ähnlichen Proteins im Knollensellerieextrakt und bestätigte seine Aminosäuresequenz.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchten die Bindungsfähigkeit und Allergenität von Knollensellerie-Defensin, das als Api g 7 bezeichnet wird, mithilfe von Serumproben von acht Knollensellerie-Allergikerinnen und -Allergikern und entsprechenden Kontrollpersonen. Sechs der Menschen mit Knollensellerie-Allergie unterzogen sich einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten Provokation.
Sie entwickelten Symptome, die von leichten subjektiven Reaktionen bis zu starken objektivierbaren Beschwerden wie starkem Blutdruckabfall mit Bewusstseinsverlust reichten. Alle Knollensellerie-Allergie-Betroffenen waren gegen rApi g 7 sensibilisiert.
Kreuzreaktivität mit dem Hauptallergen aus Beifußpollen
In weiteren Untersuchungen, in denen die Forscherinnen und Forscher unter anderem die allergene Aktivität des rekombinant hergestellten Api g 7 analysierte, fanden sie heraus, dass Knollensellerie mit Api g 7 ein IgE-reaktives Defensin enthält, das Kreuzreaktivität mit dem Hauptallergen aus Beifußpollen zeigt und wahrscheinlich die bereits bekannte Assoziation zwischen Knollensellerie-Allergie und Beifußpollen-Sensibilisierung erklären könnte.
„Die Entdeckung des molekularen Zusammenhangs zwischen der Sellerie- und der Beifußpollenallergie wird auch diagnostisch von Bedeutung sein: So kann das neu identifizierte Allergen Api g 7 zur Verbesserung der Empfindlichkeit von diagnostischen In-vitro-Tests beitragen“, sagt Prof. Vieths.
Weitere Studien an größeren Patientinnen- und Patientenkohorten werden zeigen, ob ein Zusammenhang zwischen Api g 7 sowie schwereren Reaktionen auf Knollensellerie besteht. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Paul-Ehrlich-Institut: Allergenforschung – Zusammenhang von Sellerieallergie und Beifußpollenallergie möglicherweise identifiziert, (Abruf: 03.01.2022), Paul-Ehrlich-Institut
- Wangorsch A, Lidholm J, Mattsson LA, Larsson H, Reuter A, Gubesch M, Gadermaier G, Bures P, Scheurer S, Ballmer-Weber B, Vieths S: Identification of a defensin as novel allergen in celery root: Api g 7 as a missing link in the diagnosis of celery allergy?; in: Allergy, (veröffentlicht: 15.12.2021), Allergy
- Medizinische Universität Wien: Die 14 wichtigsten Allergene, (Abruf: 03.01.2022), Medizinische Universität Wien
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.