Studie aus Finnland: Forscher vermuten erhöhtes Narkolepsie-Risiko durch Schweinegrippe-Impfstoff Pandemrix
30.03.2012
Wie bereits berichtet, vermuten Forscher einen Zusammenhang zwischen einem vermehrten Auftreten der Schlafkrankheit Narkolepsie und der Verabreichung des Schweinegrippe-Impfstoff „Pandemrix“. Die Resultate von zwei publizierten finnischen Studien legen einen „kausalen Kontext“ zwischen dem pandemischen Grippeimpfstoff und der neurologischen Krankheit nahe. Die Studienergebnisse wurde im Wissenschaftsmagazin „Plos one“ veröffentlicht und entfachen eine erneute Diskussion über Sinn und Unsinn der Schweinegrippeimpfung.
Während der Hochzeit des Auftretens der Schweinegrippe wurden Millionen von Impfstoffen gelagert und verabreicht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO und nationale Regierungen riefen weltweit zur Schweinegrippe-Impfung auf. Medienkampagnen und Gesundheitsministerien erzeugten ein Bild einer bevorstehenden Grippewelle mit Millionenfachen Todesopfern. Die Bevölkerung wurde weltweit zur Schutzimpfung gegen die Schweinegrippe aufgerufen. Letztendlich ist die Pandemie weitestgehend ausgeblieben und die Impfbereitschaft ließ deutlich nach, so dass die meisten Länder auf den gehorteten Impfdosen sitzen blieben. Die Pharmaindustrie konnte in diesem Zusammenhang einen Milliardenumsatz verzeichnen.
Erhöhte Narkolepsie-Inzidenz bei Kindern
Zwei Studien legen nunmehr nahe, dass der Pandemie-Impfstoff das Risiko einer Narkolepsie befördern kann. Forscher um Markku Partinen untersuchten die Narkolepsie-Inzidenz in der finnischen Gesamtbevölkerung sowie bei Kindern zwischen den Jahren 2002 und 2010. Bis zum Jahre 2009 traten in ganz Finnland nur 335 Fälle von Narkolepsie auf. Das entspricht einer Jahres- Inzidenz von 0,79 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner. In der Gruppe der Minderjährigen (unter 17 Jahre) lag die Quote bei 0,31 Prozent je 100.000 Menschen.
Ab 2010 begann die erste große Grippeschutzimpfung-Welle. Während und nach der Kampagne wurden 54 Patientenfälle von Narkolepsie in der Altersgruppe der unter 17jährigen registriert. Das entspricht einer Quote von 5,3 pro 100.000 Einwohnern. Rechnerisch ergibt sich somit ein Anstieg um das 17fache im Vergleich zu den Vorjahreszeiträumen. Im selben Berichtszeitraum lag die Erkrankungsrate bei den Erwachsenen bei 0,87 pro 100.000 Einwohner und war damit ähnlich hoch angesiedelt, wie im Vorjahr. 50 der 54 der erkrankten Kinder, hatten in einem Maximalzeitraum von acht Monaten eine Impfung mit dem Grippemittel Pandemrix injiziert bekommen. Im Durchschnitt hatten die Patienten die Impfung 42 Tage vor dem akuten Ausbruch der Krankheit erhalten. 34 der 54 Kinder trugen eine Risikogen in sich, das ein Ausbrechen von Narkolepsie begünstigt.
Zweite Studie mit ähnlichen Resultaten
Eine zweite Datenanalyse kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Ein Forscherteam um Hanna Nohynek wertete das erste Auftreten von Narkolepsie zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 31. Dezember 2010 bei allen Kindern aus Finnland aus. Bei der Studie wurden alle Patientendaten der Kinder berücksichtigt, die zwischen Januar 1991 und Dezember 2005 geboren waren. Dreiviertel der Kinder (75 Prozent) waren zuvor mit dem Schweinegrippe-Impfstoff geimpft. Insgesamt wurden 67 Narkolepsie-Patienten registriert. 53 der Patientendaten verwendeten die Wissenschaftler für die Erhebung. Von den 53 Fällen waren 46 Kinder geimpft. Im Ergebnis schrieben die Forscher: „Die Narkolepsie-Inzidenz von 9,0 pro 100.000 Personenjahren lag Vergleich zu 0,7 pro 100.000 Personenjahren bei den ungeimpften Kindern.“ Demnach lag das Erkrankungsrisiko um das 13fache höher. In absoluten Zahlen liegt das Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen in der Altersgruppe der 4 bis 19jährigen bei einem Fall von 16.000 Geimpften.
Kontext zum vermehrten Auftreten der Schlafkrankheit sehr wahrscheinlich
Mittlerweile gilt unter Wissenschaftlern ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten Narkolepsie und einer Pandemrix-Impfung „als sehr wahrscheinlich“. Aus diesem Grund empfiehlt die Europäische Arzneimittelagentur, Impfkandidaten unter dem 20. Lebensjahr nicht mehr mit dem benannten Impfstoff zu immunisieren. Forscher gehen davon aus, dass der Wirkstoff nicht als solches, sondern der kritisierte Wirkverstärker AS03 für ein vermehrte Auftreten verantwortlich ist, wenn eine genetische Bedingtheit bereits vorliegt.
Bei einer Narkolespie, die auch umgangssprachlich „Schlafkrankheit“ genannt wird, liegt einer neurologische Erkrankung des Schlaf-Wach-Rhythmus vor. Die Patienten erleiden häufige regelrechte Schlafattacken im Verlauf des Tages und leiden in der Nacht an erheblichen Schlafstörungen. Die Attacken dauern zwischen wenigen Momenten bis zu einer halben Stunden. Gerade im Straßenverkehr stellt die Krankheit ein erhebliches Unfallrisiko für die Betroffenen dar. (sb)
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Bild: Bernd Boscolo / pixelio.de
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