Spezielle Antikörper bieten Schutz vor Arterienverkalkung und Entzündungen der Leber
Hohe Cholesterinwerte gelten allgemein als ungesund. Insbesondere dem sogenannten „schlechten“ LDL-Cholesterin werden zahlreiche gesundheitsschädliche Effekte zugeschrieben. „Zuviel LDL-Cholesterin im Blut ist gefährlich (…) es dringt in Gefäßwände ein, löst chronische Entzündungen aus und führt zu Atherosklerose“, so die Mitteilung der Medizinischen Universität Wien (MedUni Wien). Eine spezielle Gruppe von Antikörpern wirke diesen Entzündungen und den Folgeerkrankungen jedoch entgegen.
Das Forscherteam um Christoph Binder, Gruppenleiter am CeMM Forschungszentrum für Molekulare Medizin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Professor für Atheroskleroseforschung an der Medizinischen Universität Wien, hat in einer aktuellen Studie nachgewiesen, dass „eine von Geburt an im Körper vorkommende Gruppe von Antikörpern“ den Entzündungen, die durch LDL-Cholesterin bedingt werden, entgegenwirkt. Dies eröffne einen vielversprechenden Ansatz für neue Therapien, berichtet die MedUni Wien. Die Ergebnisse der Studie wurden in dem Fachmagazin „Cell“ veröffentlicht.
Arterienverkalkung Ursache für Herzinfarkte und Schlaganfälle
Viele potenziell tödliche Herz-Kreislauf-Beschwerden wie beispielsweise ein Herzinfarkt oder Schlaganfall stehen im Zusammenhang mit der Atherosklerose (Arterienverkalkung). „Herzinfarkt und Schlaganfall – die zwei häufigsten Todesursachen weltweit werden zum Großteil durch die im Volksmund als Gefäßverkalkung bezeichnete Atherosklerose verursacht“, so die Mitteilung der MedUni Wien. Bei dieser ist eine chronischen Entzündung der Arterienwände und eine vermehrte Einlagerung von Cholesterin festzustellen. Allerdings bleibe der Körper nicht wehrlos, denn „bestimmte Abwehrzellen produzieren Antikörper, die das Cholesterin binden und neutralisieren“, berichtet die MedUni Wien weiter.
Zu viel LDL-Cholesterin bedingt Entzündung in den Gefäßwänden
Die Arbeitsgruppe um Christoph Binder hat in Kollaboration mit Lars Nitschke von der Universität Erlangen und Ronit Shiri-Sverdlov von der Universität Maastricht nachgewiesen, das spezielle natürliche Antikörper vor Arterienverkalkung, aber auch vor Entzündungen der Leber schützen. Gleichzeitig konnten sie „einen Ansatz liefern, mit dem jene körpereigene Schutzwirkung gestärkt werden kann“, so die Mitteilung der MedUni Wien. Grundsätzlich ist Cholesterin laut Aussage der Forscher ein wichtiger Baustein jeder Zelle. Zudem werde es zusammen mit bestimmten Proteinen in Form von LDL (Low-Density Lipoprotein) durch die Gefäße transportiert. Lagert sich das LDL-Cholesterin in der Gefäßwand ab, können laut Aussage der Forscher allerdings schnell chemischen Reaktionen mit Sauerstoffradikalen auftreten. Dadurch werde das Cholesterin „nicht nur unbrauchbar, sondern auch schädlich: Es löst eine Entzündung aus, die zur Einwanderung von Fresszellen, sogenannten Makrophagen, in die Arterienwände führt, die das oxidierte LDL wieder entfernen.“
Lebensbedrohliche Schädigungen der Gefäße
Bei dauerhaft erhöhten Konzentrationen von oxidiertem LDL drohen laut Aussage der Experten fatale Folgen. Die Makrophagen lagern immer mehr davon ein und blähen sich schließlich zu sogenannten „Schaumzellen“ auf, berichtet die MedUni Wien. Diese schütten zusätzliche entzündliche Botenstoffe aus, wodurch weitere Fresszellen einwandern und die Entzündungsreaktion verlängern. Die Folge seien lebensbedrohliche Schädigungen der Gefäße, die zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen können. In ihren Untersuchungen stellten die Forscher allerdings fest, dass eine bestimmte Gruppe von weißen Blutkörperchen (die B-1 Zellen) der Entzündungsreaktion entgegenwirkt.
Diese B-1-Zellen „produzieren von Geburt an vorkommende, natürliche Antiköper, die oxidiertes LDL binden und neutralisieren, wodurch der Entzündungsverlauf unterbrochen wird“, berichtet die MedUni Wien. Die Immunzellen tragen laut Angaben der Erstautorin Sabrina Gruber auch einen molekularen Regler in sich, der ihre Aktivität drosselt. „Wir konnten zeigen, dass das Ausschalten dieses Reglers, des sogenannten ‚Siglec-G‘ Proteins, dazu führt, dass sich die B1-Zellen stärker vermehren und mehr Antikörper produziert werden, was Gefäße und Leber vor Entzündung schützt“, erläutert die Expertin.
Natürliche Antikörper bieten neue Ansätze zur Therapie
Anhand von speziellen Labormäusen, denen das Gen für Siglec-G fehlte, konnten die Forscher nachweisen, dass trotz extrem fettreicher Nahrung und permanent erhöhten Cholesterinwerten, die Entwicklung der Atherosklerose und der damit häufig einhergehenden Leberentzündung massiv vermindert war. „Zu dem gleichen Ergebnis kamen die ForscherInnen, wenn sie Siglec-G ausschließlich in B-Zellen entfernten, wodurch eine Beteiligung anderer Zellen an dem Effekt ausgeschlossen werden konnte“, so die Mitteilung der MedUni Wien. Durch den Eingriff sei die Produktion ganz bestimmter natürlicher Antikörper über das normale Ausmaß hinaus gesteigert worden, was den Konsequenzen des entzündungsauslösenden oxidierten LDL entgegengewirkt habe. „Unsere Studie zeigt deutlich, dass erhöhte Spiegel dieser natürlich vorkommenden Antikörper vor Atherosklerose und Leberentzündung schützen“, betont Christoph Binder.
Die Forscher hoffen, dass die entdeckten Mechanismen auch zur Therapie genutzt werden können, „etwa indem man Siglec-G mit einem Medikament blockiert.“ Dies würde einen völlig neuen und vielversprechenden Ansatz zur Stärkung der körpereigenen Schutzmechanismen bilden und könnte den tödlichsten Folgen von fettreicher Ernährung, nämlich Herz-Kreislauf Erkrankungen, entgegenwirken, so das Fazit der Wissenschaftler. (fp)
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