Neue Therapieoptionen auf Basis Natürlicher Killerzellen
Die Aktivierung Natürlicher Killerzellen könnte in Zukunft insbesondere bei der Behandlung von Krebs eine herausragende Rolle spielen. Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München und der Universität Bonn haben in einer aktuellen Studie nun einen speziellen Autoimmun-Mechanismus in der Haut entschlüsselt und dabei nachgewiesen, „dass auch die sogenannten Natürlichen Killerzellen ein immunologisches Gedächtnis für körpereigene Zellen haben.“
Dem Forscherteam um Professor Veit Hornung von der LMU ist es gelungen, den Mechanismus zu entschlüsseln, wie das Immunsystem Pigmentzellen der Haut angreifen kann, so die Mitteilung der LMU. Zudem haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass Natürliche Killerzellen – entgegen der bisherigen Annahme – über eine Art Gedächtnis verfügen. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die Forscher in dem Fachmagazin „Immunity“.
Natürliche Killerzellen können sich an Gewebe „erinnern“
Bislang wurde „Natürlichen Killerzellen in Abrede gestellt, über ein immunologisches Gedächtnis für das körpereigene Gewebe zu verfügen“, berichtet die LMU. In der aktuellen Studie sei nun der Nachweis gelungen, dass sich diese Abwehrzellen bei häufigerem Kontakt mit einem spezifischen Kontaktallergen an die Pigmentzellen „erinnern“. Ein Effekt, der sich möglicherweise auch zu therapeutischen Zwecken nutzen lässt. So könnten die Natürlichen Killerzellen eventuell auch zur Prävention und Behandlung von schwarzem Hautkrebs eingesetzt werden.
Immunsystem greift Pigmentzellen der Haut
Die Pigmentzellen der Haut bilden einen unentbehrlichen Schutzschild vor UV-Strahlung. Ihre Wirkung zeigt sich auch an der beliebten Sommerbräune, welche sich nur durch das Pigmentzell-Enzym Tyrosinase bilden kann. „Je mehr die Sonne vom Himmel brennt, desto mehr Pigmente werden durch dieses Enzym gebildet“, berichtet die LMU. Durch den Wirkstoff Monobenzon könne dieses Enzym blockiert und so eine Stressreaktion ausgelöst werden. In diesem Falle greife das Immunsystem anschließend die betroffenen Pigmentzellen an. Eine häufige Folge hiervon sei die „Weißfleckenkrankheit“ (Vitiligo), welche zu pigmentfreien Flächen auf der Haut führt.
Vitiligo gegen Hautkrebs einsetzbar?
Durch frühere wissenschaftliche Studien sei belegt, dass Menschen mit Vitiligo ein geringeres Risiko haben, am gefürchteten Schwarzen Hautkrebs zu erkranken, erläutern die Forscher. So könnte die aktive Auslösung der Krankheit durch den Tyrosinase-Blocker Monobenzon ein möglicher Weg zur Behandlung dieser Krebsart sein. „Man möchte also eine weniger schlimme Erkrankung als Waffe gegen den Schwarzen Hautkrebs einsetzen“, erläutert Dr. Jasper van den Boorn vom Institut für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie der Universität Bonn. Um dies zu ermöglichen, mussten die Forscher jedoch zunächst den Mechanismus verstehen, wie das Immunsystem die Monobenzon-exponierten Pigmentzellen als gefährlich erkennt und angreift.
Spezielles Hapten mobilisiert die Natürlichen Killerzellen
Bekannt war, dass Monobenzon eine kontaktsensibilisierende Wirkung auf die pigmentierte Haut hat. Durch den Stoff alleine werde auf der Haut keinerlei Reaktion ausgelöst, sondern „erst wenn Monobenzon an die Tyrosinase andockt, entsteht daraus ein sogenanntes Hapten in der Pigmentzelle, eine körperfremde Struktur, die das Immunsystem aktivieren kann.“, berichtet die LMU. Im Tiermodell untersuchten die Forscher , wie die Immunabwehr auf dieses Hapten reagiert. Das Ergebnis war überraschend. „Normalerweise mobilisiert das Immunsystem eine Mischung verschiedener weißer Blutzellen, um ein Hapten-exponiertes Gewebe anzugreifen“, doch „die mehrfache Monobenzon-Exposition brachte nur die Natürlichen Killerzellen dazu, Pigmentzellen zu attackieren“, erläutert Jasper van den Boorn.
Effektive Immunreaktion auch gegen schwarzen Hautkrebs
Als Teil des Immunsystems töten Natürliche Killerzellen abnormale Zellen wie Krebszellen oder auch virusinfizierte Zellen. Mediziner gingen dabei bislang davon aus, dass sie nicht über ein immunologisches Gedächtnis für körpereigenes Gewebe verfügen, wie es beispielsweise den T- und B-Lymphozyten zugeschrieben wird. „Unsere Ergebnisse zeigen jedoch eindeutig, dass die Natürlichen Killerzellen ebenfalls eine nachhaltige und effektive Immunreaktion gegen körpereigene Pigmentzellen und damit auch gegen schwarze Hautkrebszellen bewerkstelligen können“, betont der Direktor des Instituts für Klinische Chemie und Klinische Pharmakologie der Universität Bonn, Professor Dr. Gunther Hartmann.
Um die entsprechende Immunantwort zu initiieren, musste laut Mitteilung der LMU „nur noch ein Kontrollpunkt grünes Licht geben: das NLRP3-Inflammasom.“ Dies sei ein „Proteinkomplex, der wie eine zentrale Stelle mehrere Signalinformationen zusammenführt und wie ein Schalter darüber entscheidet, ob Immunzellen sowie die Natürlichen Killerzellen den Marschbefehl erhalten“, erläutert Prof. Hornung. Wurde dieser „Checkpoint“ außer Gefecht gesetzt, sei durch das Monobenzon-Tyrosinase-Hapten nicht die gewünschte Immunreaktion ausgelöst worden. (fp)
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