Rotklee: Zwischen Arzneischrank und Futtertrog
Glaubt man Heilkundlern unterschiedlichster Epochen, ist der Rotklee keine Pflanze, sondern eher ein Produkt der Pharmaindustrie. Blüten, Samen und Blätter sollen helfen gegen Wurmbefall, Rheuma, Gicht, Husten, Leberbeschwerden, Menstruationsbeschwerden, Geschwüre und Durchfall. Außerdem wirkt Rotklee angeblich blutfettsenkend, antientzündlich, antioxidativ und sogar krebshemmend. Wissenschaftliche Belege für dieses verblüffend weite Anwendungsspektrum sind ebenso rar wie widersprüchlich.
Nicht von der Hand zu weisen ist allerdings, dass Rotklee sehr viele ungewöhnliche Inhaltsstoffe wie Gerbstoffe und vor allem Isoflavone enthält, die den Stoffwechsel von Menschen und Tieren durchaus beeinflussen können. Zu dieser Stoffgruppe gehören auch Phytoöstrogene, die eine schwache geschlechtshormonelle Wirkung beim Menschen haben. Sie sind auch der Grund, warum Rotklee in Kapselform häufig als alternatives Mittel gegen Beschwerden in den Wechseljahren angepriesen wird. Doch auch bei dieser Wirkung ist die Fachwelt sehr unterschiedlicher Meinung.
Erfrischend eindeutig ist dagegen die Bedeutung des Rotklees für die Landwirtschaft, vor allem für Biobauern. Denn mit Eiweißgehalten von über 20 Prozent ist er ein wertvolles Futtermittel für Rinder, das die Tiere zudem sehr gerne fressen. Die bis zu zwei Meter langen Wurzeln lockern den Boden auch in tiefen Schichten und bilden hier viel wertvolles organisches Material, das der Bodenfruchtbarkeit zugutekommt.
Und es kommt noch besser: Rotklee harmoniert auf dem Acker wunderbar mit wertvollen Futtergräsern wie Welschem oder Deutschem Weidelgras und wird deshalb in der Regel im Gemenge als Kleegras angebaut. Das Gras ist sehr energiereich und benötigt viel Stickstoff, den der Rotklee wie alle Hülsenfrüchte über seine Wurzeln im Boden anreichert – und das in großen Mengen. Bis zu 200 Kilogramm pro Hektar kommen jedes Jahr zusammen, und damit mehr, als das Gras benötigt.
Im Ökolandbau ist das Gold wert, da nachfolgende Kulturen wie Getreide oder Kartoffeln den überschüssigen Stickstoff nutzen können. Hinzu kommt, dass blühender Rotklee ein gedeckter Tisch für Insekten ist. Allerdings können sich fast nur bestimmte Hummelarten am Kleenektar laben, weil sie über einen langen Rüssel verfügen, der bei den schmalen und tiefen Blütenkelchen des Rotklees nötig ist. Honigbienen kommen mit ihrem kurzen Rüssel kaum zum Zuge.
Der größte Feind des Rotklees ist das dunkle Kleespitzmäuschen, ein kleiner schwarzer Käfer mit kurzem Rüssel, der bei starkem Befall Blätter und Blüten komplett abnagt. Ob er das wegen der vielen gesundheitsfördernden Eigenschaften des Klees tut, ist leider noch nicht untersucht worden. Jürgen Beckhoff, aid
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