Forschende entdecken Naturstoffe gegen Fibrose und diastolische Herzschwäche
Fachleuten zufolge gibt es gegen die diastolische Herzinsuffizienz (Herzschwäche) bislang keine medikamentöse Therapie. Doch Forschende haben nun wirksame Naturstoffe gegen Fibrose und diastolische Herzschwäche entdeckt.
Wie die Medizinische Hochschule Hannover (MHH) in einer Mitteilung schreibt, sind Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems weltweit Todesursache Nummer eins – noch vor Krebserkrankungen. Neue Therapien gegen Herzschwäche und das damit einhergehende pathologische Wachstum des Herzmuskels werden daher dringend gesucht. Forschende der MHH sind bei dieser Suche nun einen Schritt weiter gekommen.
Die Natur ist eine unerschöpfliche Quelle für therapeutisch wirksame Substanzen
Zwar ist die Natur eine unerschöpfliche Quelle für therapeutisch wirksame Substanzen, doch die Fahndung nach einem passenden Wirkstoff gegen eine bestimmte Erkrankung gleicht oft der berühmten Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen.
Einem internationalen Forschungsteam aus den USA, Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland ist es jetzt gelungen, gleich zwei Verbindungen zu entdecken, die das als Fibrose bekannte krankhafte Wachstum des Herzmuskels verhindern und gleichzeitig dafür sorgen, dass sich das Herz in der sogenannten diastolischen Pumpphase entspannen und wieder mit Blut füllen kann.
Die Studie wurde von dem Institut für Molekulare und Translationale Therapiestrategien der MHH unter der Leitung von Professor Dr. Dr. Thomas Thum durchgeführt; daneben waren auch die renommierten US-amerikanischen Forschungseinrichtungen Stanford University sowie Harvard Medical School Boston an der Forschungsarbeit beteiligt.
Die Ergebnisse wurden in der Fachzeitschrift „Circulation“ veröffentlicht.
Mögliche Basis für neue Herzmedikamente
Bei etwa der Hälfte der Herzinsuffizienz-Erkrankten handelt es sich um die bis vor wenigen Jahren kaum erkannte diastolische Herzschwäche. Betroffene schleppen sich mit Atemnot und Wassereinlagerungen durch den Alltag – eine medikamentöse Therapie gibt es bisher nicht, erklärte das UKM (Universitätsklinikum Münster) vor wenigen Monaten in einer Mitteilung.
Forschende aus Hannover haben nun bei der Suche nach neuen Therapien gegen Herzschwäche und das damit einhergehende pathologische Wachstum des Herzmuskels neue Erkenntnisse gewonnen.
„Wir haben in unseren Untersuchungen jetzt zwei vielversprechende Substanzen entdeckt, die in der Natur vorkommen und als Basis für neue Herzmedikamente dienen können“, erklärt Professor Thum.
Im Rahmen des multidisziplinären EU-Förderprojektes FIBROTARGETS zur Identifizierung neuer therapeutischer Ansätze gegen Fibrose haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus einer Naturstoffbibliothek mit mehr als 150.000 natürlich vorkommenden Substanzen 480 genauer untersucht.
Den Angaben zufolge offenbarten dabei zwei Stoffe das Potenzial, die Bindegewebszellen (Fibroblasten) des krankhaft geschwächten Herzens daran zu hindern, immer mehr Fibrose zu bilden und damit das Herz zu versteifen.
Die eine Antifibrose-Substanz heißt Lycorin und ist ein Pflanzenwirkstoff aus der Belladonna-Lilie und der andere Fibrose-Hemmer heißt Bufalin, stammt ursprünglich aus dem Gift der Chinesischen Kröte und beeinflusst die Herzfunktion.
Hoffnung für über 30 Millionen Patienten
„Wir haben die beiden anti-fibrotischen Substanzen erst in menschlichen Fibroblasten und dann in Mäusen und Ratten getestet“, erläutert der Kardiologe. In beiden Tiermodellen sei es gelungen, dank der Naturstoffe Fibrose im Herzen zu verhindern sowie die diastolische Funktion des Herzens zu verbessern.
Dabei sind die Stoffe therapeutisch wirksam dosiert offenbar gut verträglich und schädigen nach ersten toxikologischen Untersuchungen weder Leber noch Nieren.
„Das Sensationelle daran ist, dass es für eine diastolische Funktionsstörung des Herzens bislang keine Therapie gibt“, sagt der Wissenschaftler.
Das bedeute große Hoffnung für weltweit über 30 Millionen Patientinnen und Patienten, die an Herzinsuffizienz und gleichzeitiger diastolischer Herzschwäche leiden. Das internationale Forschungsteam geht daher davon aus, dass die Publikation in der Fachwelt auf riesige Resonanz stoßen wird. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Medizinische Hochschule Hannover (MHH): Naturstoffe gegen Fibrose und diastolische Herzschwäche entdeckt, (Abruf: 22.01.2020), Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
- Katharina Schimmel, Mira Jung, Ariana Foinquinos, Gorka San José, Javier Beaumont, Katharina Bock, Lea Grote-Levi, Ke Xiao, Christian Bär, Angelika Pfanne, Annette Just, Karina Zimmer, Soeun Ngoy, Begoña López, Susana Ravassa, Sabine Samolovac, Heike Janssen-Peters, Janet Remke, Kristian Scherf, Seema Dangwal, Maria-Teresa Piccoli, Felix Kleemiss, Fabian Philipp Kreutzer, Franziska Kenneweg, Julia Leonardy, Lisa Hobuß, Laura Santer, Quoc-Tuan Do, Robert Geffers, Jan Hinrich Braesen, Jessica Schmitz, Christina Brandenberger, Dominik N. Müller, Nicola Wilck, Volkhard Kaever, Heike Bähre, Sandor Batkai, Jan Fiedler, Kevin M. Alexander, Bradley M. Wertheim, Sudeshna Fisch, Ronglih Liao, Javier Diez, Arantxa González, and Thomas Thum: Natural Compound Library Screening Identifies New Molecules for the Treatment of Cardiac Fibrosis and Diastolic Dysfunction; in: Circulation, (Veröffentlichung: 17.01.2020), Circulation
- UKM (Universitätsklinikum Münster): Für mehr Lebensqualität: Neues Verfahren gegen diastolische Herzinsuffizienz, (Abruf: 22.01.2020), UKM (Universitätsklinikum Münster)
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.