Wirkt sich eine erhöhte Proteinaufnahme auf die Lebenserwartung aus?
Viele Menschen nehmen Protein und bestimmte Aminosäuren zu sich, um ihren Muskelaufbau beim Sport zu verbessern. Forschende untersuchten jetzt, ob und wie sich der erhöhte Konsum von Protein und sogenannten BCAAs auf die Lebenserwartung auswirkt. Verringert sich die Lebenserwartung, wenn Menschen viel Protein zu sich nehmen?
Bei einer aktuellen Untersuchung der University of Sydney konnte festgestellt werden, dass der übermäßige Konsum von verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAAs) die Lebensdauer verkürzen, die Stimmung negativ beeinflussen und zu einer Gewichtszunahme führen kann. Die Ergebnisse der Studie wurden in der englischsprachigen Fachzeitschrift „Nature Metabolism“ publiziert.
Was sind BCAAs?
Eine langfristige hohe Proteinzufuhr und der verstärkte Konsum bestimmter Aminosäuren scheinen zu gesundheitlichen Problemen zu führen. Sogenannte BCAAs sind essentielle Aminosäuren, welche in proteinhaltigen Lebensmitteln enthalten sind. Rotes Fleisch und Milchprodukte sind besonders reich an BCAAs. Auch Huhn, Fisch und Eier enthalten erhöhte Mengen an BCAAs. Vegetarier können BCAAs beispielsweise aus Bohnen, Linsen, Nüssen und Soja beziehen. BCAAs sind eine Gruppe von drei essentiellen Aminosäuren: Leucin, Isoleucin und Valin. Molkeprotein (Whey-Protein), die beliebteste Form von Protein in der Fitness-Szene, wird aus Nebenprodukten von Milchprodukten hergestellt und enthält einen hohen Anteil an BCAAs.
Negative Auswirkungen von Aminosäuren
Aminosäuren wurden bereits seit langer Zeit in Fitness- und Bodybuilding-Kreisen für ihre Muskel aufbauende Leistungen geschätzt. Von Proteinpulvern bis zu mageren Masse-fördernden Snack-Riegeln gibt es viele solcher Produkte. Den Nebenwirkungen der Produkte wurde in den letzten Jahren jedoch kaum Aufmerksamkeit geschenkt. Die Ergebnisse der aktuellen Untersuchung legen jetzt nahe, dass der übermäßige Konsum von verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAAs) die Lebensdauer verkürzen, die Stimmung negativ beeinflussen und zu einer verstärkten Gewichtszunahme führen kann. Untersucht wurde besonders der komplexe Einfluss der Ernährung bei der Stoffwechselgesundheit, Fortpflanzung, Appetit und dem Altern. Während eine Ernährung mit einem hohen Proteingehalt und wenig Kohlenhydraten sich als vorteilhaft für die Fortpflanzungsfunktion erwiesen hat, gab es negative Auswirkungen auf die Gesundheit im mittleren und späten Lebensalter und eine verkürzte Lebensdauer, erklärt Studienautorin Dr. Samantha Solon-Biet von der University of Sydney.
Gleichgewicht von Aminosäure ist sehr wichtig
„Diese neue Forschung hat gezeigt, dass das Aminosäuregleichgewicht wichtig ist. Es ist am besten die Proteinquellen zu variieren, um so sicherzustellen, dass Sie das beste Aminosäuregleichgewicht erhalten“, raten die Forschenden in einer Pressemitteilung der Universität.
Rivalität zwischen BCAAs und Tryptophan?
Bei der Studie wurde untersucht, wie sich BCAAs aus der Nahrung und andere essentielle Aminosäuren, wie beispielsweise Tryptophan, auf die Gesundheit und die Körperzusammensetzung von Mäusen auswirken. Die Ergänzung der normalen Ernährung mit BCAAs führte zu hohen Mengen von BCAA im Blut, die mit Tryptophan um den Transport in das Gehirn wetteiferten, erklärt Professor Stephen Simpson von der University of Sydney.
Tryptophan ist der einzige Vorläufer für das Hormon Serotonin, das für seine Stimmung steigernde Wirkung und seine Rolle bei der Förderung des Schlafes bekannt ist. Aber Serotonin hat noch andere Auswirkungen und genau da liegt das Problem, fügt Simpson hinzu.
Nutzen Sie verschiedene Proteinquellen
Als Folge der Rivalität wird der Serotoninspiegel im Gehirn reduziert, was wiederum ein starkes Signal zur Steigerung des Appetits war. Der durch zu hohe BCAA-Aufnahme verursachte Serotoninabfall führte bei den Mäusen zu einer massiven Überaufnahme von Nahrung. Dies bewirkte dann, dass die Tiere stark adipös wurden und die Lebenserwartung sich reduzierte. Die Mäuse bei der Studie wurden in verschiedene Gruppen unterteilt, einige Gruppe erhielt die doppelte Menge der normalen BCAAs (200 Prozent), eine andere Gruppe erhielt die Standarmenge (100 Prozent), eine Gruppe erhielt die Hälfte der normalen Menge (50 Prozent) und die letzte Gruppe bekam nur ein Fünftel der normalen Menge (20 Prozent).
Die Tiere, welche die doppelte Menge von BCAAs erhielten, hatten eine deutlich verstärkte Nahrungsaufnahme, was zu Fettleibigkeit und einer verkürzten Lebensdauer führte. Es ist also sehr wichtig Proteinquellen zu variieren, um durch eine gesunde und ausgewogene Ernährung, die reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen ist, eine Vielzahl essenzieller Aminosäuren zu erhalten, so das Fazit der Forschenden.
Empfohlene Protein-Tagesmenge
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat konkrete Empfehlungen zur Aufnahme von Proteinen veröffentlicht. Die Angaben basieren auf wissenschaftlichen Untersuchungen. Die Proteinzufuhr für Kinder im Alter von ein bis vier Jahren liegt bei 1,0 g pro kg Körpergewicht pro Tag und sinkt während des Wachstums abhängig von Alter und Geschlecht auf 0,8 g pro kg Körpergewicht pro Tag. Für Erwachsene wird der Referenzwert mittels Daten aus Stickstoffbilanzstudien abgeleitet. Demnach beträgt die empfohlene Zufuhr für 19- bis 65-Jährige 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht pro Tag. Das entspricht täglich 57 bis 67 g Protein. Für Erwachsene über 65 Jahre können allerdings keine konkreten Empfehlungen ausgesprochen werden. Es wird aber eine höhere Zufuhr vermutet.
Den richtigen Zeitpunkt für Proteine kennen
Mehrere Studien untersuchten, ob der Zeitpunkt, an dem man Proteine zu sich nimmt, Auswirkungen auf deren Effekt haben. Tatsächlich scheint es einen Unterschied zu machen, wann man Proteine zum Muskelaufbau oder zum Abnehmen zu sich nimmt. Weiter Informationen finden Sie in dem Artikel: Den besten Zeitpunkt für Proteine zum Gewichtabbau und zum Muskelaufbau nutzen. (sb, as)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.