Politiker und Forscher fordern eine bessere Aufklärung von Frauen über Nutzen und Risiken der Mammografie
20.07.2014
Seit 2002 können Frauen im Alter von 50 bis 69 Jahren in Deutschland kostenlos am Mammografie-Screening teilnehmen. Seither diskutieren Politiker und Forscher über den Nutzen der Brustkrebs-Früherkennung. Verschiedenen Studien zufolge birgt die Untersuchung ein hohes Risiko für Fehldiagnosen. Immer mehr Stimmen werden nach einer Neubewertung der Mammografie laut. „Spiegel Online“ sprach mit Politikern und Forschern über die Hintergründe.
„Mammografie rettet überhaupt kein Leben"
Frauen zwischen 50 und 69 Jahren haben Anspruch auf eine regelmäßige Röntgenuntersuchung ihrer Brust. Das entschied der Bundestag im Jahr 2002. Maßgeblich an dieser Entscheidung beteiligt war der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach, der damals als Berater der früheren Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) tätig war. Nun fordert Lauterbach eine Neubewertung des Mammografie-Screenings. „Alle neuen Erkenntnisse sprechen in der Tendenz eher gegen das Screening", erklärte er gegenüber dem Magazin. Eine ähnliche Auffassung vertritt auch der Gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn. „Dass man nach zwölf Jahren sagt, wir schauen uns das Mammografie-Screening noch mal genau an und bewerten es neu, ist sicher vernünftig."
Besonders in der Kritik steht das regelmäßig an alle Frauen der betreffenden Altersgruppe versandte Merkblatt der „Kooperationsgemeinschaft Mammographie" und des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), in dem der Nutzen der Röntgenuntersuchung der Brust nach Ansicht vieler Experten stark übertrieben wird. „Es schweigt sich darüber aus, dass die Gesamtsterblichkeit in der Screening-Gruppe gleich hoch ist wie in der Nicht-Screening-Gruppe. Durch Mammografie wird überhaupt kein Leben gerettet", erklärte Gerd Gigerenzer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung in Berlin, gegenüber dem Magazin. Wie der B-GA mitteilte, werde das Merkblatt „derzeit überarbeitet“.
Die Frauen müssten endlich besser über den Nutzen und die Risiken der Untersuchung aufgeklärt werden, sagte Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) zum Magazin. „Wenn dann am Ende nur noch die Hälfte zur Mammografie geht, wäre das im Sinne einer freien, informierten Entscheidung in Ordnung." Rund 54 Prozent der eingeladenen Frauen nehmen derzeit das Mammografie-Screening in Anspruch.
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