Kompostierbare Bio-Kunststoffe auch als Verpackungsmaterial für Lebensmittel geeignet
09.01.2015
Plastikverpackungen bilden heute einen maßgeblichen Anteil des anfallenden Mülls. „In Deutschland werden jährlich fast drei Millionen Tonnen Kunststoffverpackungen entsorgt“, berichtet das Fraunhofer-Institut. Davon werde „nicht einmal die Hälfte wiederverwertet“ und der „Rest verbrannt oder lande in der Natur.“ Eine Alternativen könnten kompostierbare Bioplastik-Verpackungen sein.
Bislang war Bio-Plastik laut Mitteilung des Fraunhofer-Instituts nur begrenzt als Verpackungsmaterial geeignet, da es „die Ware nicht ausreichend vor Gerüchen, Sauerstoff und Wasserdampf“ geschützt hat. In einem EU-Projekt haben Fraunhofer-Forscher nun allerdings ein „kompostierbares, bio-abbaubares funktionelles Material“ entwickelt, dass als Beschichtung auf andere biologisch abbaubare Verpackungsmaterialien aufgetragen werden kann. Hierdurch könnten die umweltfreundliche Verpackungen künftig in deutlich mehr Bereichen Anwendung finden, so die Hoffnung der Forscher.
Plastikmüll ein erhebliches Umweltproblem
Das größte Problem bei dem tonnenweise anfallenden Plastikmüll ist bislang dessen schwere Zersetzbarkeit. „Bis sich eine normale Plastiktüte zersetzt hat, dauert es rund 400 Jahre. Plastikflaschen brauchen 450 Jahre, Nylonnetze für den Fischfang sogar 600 Jahre“, berichtet das Fraunhofer-Institut. Da nur ein geringer Anteil des global anfallenden Plastikmülls wiederverwertet wird, reichert sich dieser zunehmend in der Umwelt an. Insbesondere die Meere sind dabei extrem belastet. So werden „die Abfallmengen in den Meeren derzeit auf über 100 Millionen Tonnen geschätzt“; wovon „etwa Dreiviertel aus Kunststoffen“ bestehen, berichtet das Umweltbundesamt (UBA). Jedes Jahr kommen dem UBA zufolge bis zu 6,4 Millionen Tonnen hinzu und durchschnittlich treiben heute 13.000 Plastikmüllpartikel auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche. Allein in der Nordsee sollen sich allein 600.000 Kubikmeter Abfälle befinden.
Alternativen zu herkömmlichen Kunststoffen gesucht
Angesichts des zunehmenden Müllproblems „wird fieberhaft nach Alternativen zu erdölbasierten Kunststoffen gesucht, die sich vollständig biologisch abbauen lassen“, berichtet das Fraunhofer-Institut. Bisherige Bio-Kunststoffe verfügten nicht über die erforderlichen Eigenschaften. „Sie reißen schnell und sind nicht problemlos kompostierbar“, so die Mitteilung des Instituts. Als Verpackungen von Lebensmitteln seien sie zudem angesichts der unzureichenden Barriereeigenschaften gegenüber Wasserdampf, Sauerstoff und Geruchsstoffen kaum geeignet, da die Inhalte schnell verderben oder den Geschmack anderer Lebensmittel annehmen. In dem europäischen Projekt „DibbioPack“ haben Forscher daher nach Möglichkeiten gesucht, um die bekannten Probleme mit den Bio-Kunststoffen zu beheben.
Biologisch abbaubare Beschichtung entwickelt
Das beteiligt Team um Dr. Sabine Amberg-Schwab, Leiterin des Fachbereichs Funktionelle Barriereschichten am Würzburger Fraunhofer-Institut für Silicatforschung ISC, hat im Rahmen des EU-Projektes eine hybride Kunststoffbeschichtung auf Basis von Biopolymeren entwickelt, die auf natürlichem Wege abgebaut und als Kompostmüll entsorgt werden kann. Die bioabbaubare Funktionsschicht bioORMOCER®e könne auf biologisch abbaubare Folien aufgetragen werden und so eine funktionelle Barriere gegen Sauerstoff, Wasserdampf, Aromen oder chemische Substanzen bilden, berichtet das Fraunhofer-Institut. „Das neuartige bioabbaubare Beschichtungsmaterial eignet sich für Behälter sowie Verpackungen, etwa Folien“, so die Mitteilung des Instituts. Die Forscher berichten weiter, dass die Materialien sogar mit zusätzlichen Funktionen ausgestattet werden und zum Beispiel antibakteriell wirken können. Künftige sei ein Einsatz von bioORMOCER®e bei Verpackungen von Lebensmitteln, Kosmetika und Pharmazeutika möglich. „Wir hoffen, mit unserer Beschichtung kompostierbare Folien so veredeln zu können, dass nachhaltige Verpackungen genauso funktional wie herkömmliche sind und ein Erfolg am Markt werden“, betont Dr. Sabine Amberg-Schwab.
Die Natur als Vorbild
Bei der Entwicklung des Materials half den Forschern nach eigenen Angaben „ein Blick in die Natur“. Sie verwendeten „in unterschiedlichen Rezepturen Naturstoffe, die biologisch abbaubar sind und von sich aus eine gute Barrierewirkung entfalten“, erläutert Amberg-Schwab. Für die neuartigen bioORMOCER®e seien Biopolymere wie Cellulose und Chitosan chemisch so modifizierten worden, das man sie verarbeiten kann, berichtet das Fraunhofer-Institut weiter. Anschließen wurden die Stoffe durch ein anorganisches Gerüst aus Siliciumdioxid, das wiederum selbst über gute Barriereeigenschaften verfügt, gebunden. „Dieses Gerüst zerfällt zwar nicht im natürlichen Abbauprozess wie alle anderen verwendeten Naturstoffe, doch bleiben beim Abbau nur kleine Reste von Siliciumdioxid, sprich Sand, übrig“, so die Mitteilung des Instituts.
Kompostierbarkeit in ersten Tests bestätigt
Im Testkompost des Fraunhofer Instituts habe sich bei ersten Versuchen bestätigt, dass mit bioORMOCER® beschichtete Folien tatsächlich verrotten, berichten die Forscher. Schon nach sechs Wochen sei der Zerfall deutlich zu erkennen gewesen. Im nächsten Schritt soll „nun der Abbauprozess im Rahmen des bis März 2016 laufenden Projektes nach internationalen Normen geprüft“ werden, so die Mitteilung des Fraunhofer-Instituts. Anschließend können umfassendere Praxistest erfolgen, wobei die innovativen Bio-Kunststoffe in etlichen Verpackungstests zunächst ihre Alltagstauglichkeit beweisen müssen. Denn „das neue Verpackungsmaterial muss genauso gut wie das sein, das dem derzeitigen Stand der Technik entspricht“, so das Fazit von Dr. Sabine Amberg-Schwab. (fp)
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