Rechts- oder Linkshänder? Ursache liegt offenbar nicht im Gehirn
Schon seit längerem wird angenommen, dass es im Gehirn bestimmt wird, ob ein Mensch Links- oder Rechtshänder ist. Doch nun gibt es Hinweise darauf, dass die Ursache für die Händigkeit woanders liegt – im Rückenmark.
Linkshänder wurden lange gezwungen mit der rechten Hand zu schreiben
Linkshändigkeit wird heutzutage – allerdings nicht in allen Weltregionen – als natürliche Veranlagung akzeptiert. Lange Zeit war das anders. Auch hierzulande wurden Linkshänder bis in die 1970er Jahre in der Schule gezwungen, mit der rechten Hand zu schreiben. Solche „Umschulungen“ können zu schwerwiegenden Problemen führen. Zu nennen sind hier unter anderem mangelnde Konzentrationsfähigkeit, Gedächtnis- und Sprachstörungen. Es wird angenommen, dass es im Gehirn bestimmt wird, ob jemand Links-oder Rechtshänder ist. Doch jetzt gibt es dazu neue Erkenntnisse.
Händigkeit wird nicht im Gehirn festgelegt
Ob Menschen Rechts- oder Linkshänder werden, bestimmt nicht das Gehirn, sondern das Rückenmark. Zu diesem Schluss kommen Biopsychologen der Ruhr-Universität Bochum (RUB).
Wie die Hochschule in einer Mitteilung berichtet, haben die Bochumer Wissenschaftler zusammen mit Kollegen aus den Niederlanden und Südafrika nachgewiesen, dass die Genaktivität im Rückenmark bereits im Mutterleib asymmetrisch ist. Eine Präferenz für linke oder rechte Hand könnte auf diese Asymmetrie zurückzuführen sein.
Bislang ging man davon aus, dass Unterschiede in der Genaktivität der rechten und linken Gehirnhälfte für die Händigkeit eines Menschen verantwortlich sein könnten.
Eine Präferenz für Bewegungen der linken oder rechten Hand bildet sich bereits im Mutterleib ab der achten Schwangerschaftswoche aus, wie Ultraschalluntersuchungen der 1980er-Jahre ergaben.
Ab der 13. Schwangerschaftswoche nuckeln ungeborene Kinder entweder bevorzugt am rechten oder am linken Daumen.
Ursache für die Rechts-links-Präferenz eher im Rückenmark
Wie es in der Mitteilung weiter heißt, werden Arm- oder Handbewegungen über den motorischen Cortex im Gehirn initiiert. Dieser schickt ein entsprechendes Signal an das Rückenmark, das den Befehl in eine Bewegung umsetzt.
Die motorische Großhirnrinde ist jedoch nicht von Anfang an mit dem Rückenmark verbunden. Schon bevor sich die Verbindung ausbildet, sind Vorstufen der Händigkeit sichtbar.
Die Forscher nahmen daher an, dass die Ursache für die Rechts-links-Präferenz eher im Rückenmark als im Gehirn liegen müsste. Das legten auch ihre Ergebnisse nahe.
Unterschiede schon in der achten Schwangerschaftswoche
Die Forscher um Privatdozent Dr. Sebastian Ocklenburg, Judith Schmitz und Prof. Dr. Dr. h. c. Onur Güntürkün fanden deutliche Rechts-links-Unterschiede in der Genexpression im Rückenmark in der achten Schwangerschaftswoche – und zwar in genau den Rückenmarkssegementen, die Bewegungen der Arme und Beine steuern.
Aus anderen Studien ist bekannt, dass ungeborene Kinder bereits zu diesem Zeitpunkt asymmetrische Handbewegungen machen.
„Die Ergebnisse verändern unser Verständnis über den Ursprung hemisphärischer Asymmetrien fundamental“, folgern die Autoren. (ad)
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