Zirkuläre Ribonukleinsäuren binden krebsfördernde Substanzen
Krebserkrankungen zählen zu den häufigsten Ursachen für einen verfrühten Tod bei Menschen. In der Krebsforschung wird ständig nach neuen Methoden gesucht, wie man diese Erkrankungen besser in den Griff bekommen kann. Nun eröffnete ein deutsches Forschungsteam eine völlig neue Strategie zur Krebsbehandlung.
Forschende der Justus-Liebig-Universität Gießen, der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und der Universität Leipzig haben eine neue Therapiestrategie gegen Krebs evaluiert, bei der gezielt krankheitsfördernde Moleküle gehemmt werden. Im Zentrum der Behandlung stehen sogenannte zirkuläre Ribonukleinsäuren (RNAs), die effektiv Moleküle binden, die das Tumorwachstum fördern. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem Fachjournal „NAR Cancer“ vorgestellt.
Was sind zirkuläre Ribonukleinsäuren?
Die Ribonukleinsäure (RNA) ist ein Biomolekül, welches Erbinformationen in sich trägt und so die materielle Basis für Gene darstellt. Die RNA kann in verschiedenen Formen auftreten. Einer dieser Formen, die sogenannte zirkuläre RNA, ist durch einen kreisförmigen Aufbau gekennzeichnet. Auch wenn die zirkuläre RNA bereits im Jahr 1979 entdeckt wurde, fand sie bislang nur wenig Beachtung, da ihre Funktion weitgehend unbekannt war. Die aktuelle Forschungsarbeit zeigte nun, dass sich diese zirkulären RNAs zur Behandlung von Krebs eignen könnten.
Was weiß man über zirkuläre RNAs?
Wie das Forschungsteam berichtet, codieren zirkuläre RNAs in der Regel keine Proteine. Sie sind durch ihre Ringform besonders stabil. Im Körper binden diese Biomoleküle bestimmte microRNAs und regulieren hierdurch deren Funktion. MicroRNAs sind eine weitere RNA-Variante, die an der Regulation der zellulären Proteinsynthese und damit an der Genexpression beteiligt sind.
MicroRNA sind an der Krebsentstehung beteiligt
Die Forschenden untersuchten die Wirkung von zirkulären RNAs auf MicroRNAs in Krebszellen, die maßgeblich am Tumorwachstum beteiligt sind. Hier spielt insbesondere die MicroRNA namens miRNA-21 eine Rolle, da dies die am weitesten verbreite MicroRNA bei Krebserkrankungen des Menschen ist.
Zirkuläre RNAs verlangsamten das Tumorwachstum
Im Rahmen der Studie zeigte das Team, dass sich mit künstlich hergestellten zirkulären RNAs gezielt MicroRNAs vom Typ miRNA-21 binden lassen. Bei Test an krebskranken Mäusen verlangsamte sich das Tumorwachstum durch die Behandlung signifikant. Die zirkulären RNAs wurden mithilfe von Nanopartikel auf Polyethylenimin-Basis zum Wirkort transportiert und könnten laut der Studie so als Medikament eingesetzt werden.
Eine leistungsstarke Therapiestrategie gegen Krebs
„Für die Anwendung im Organismus haben wir erstmals die Verwendung spezialisierter Formulierungen von Nanopartikeln auf Polyethylenimin (PEI)-Basis evaluiert“, beschreibt Dr. Oliver Roßbach aus dem Forschungsteam den Studienablauf. In Nanopartikel verpackte zirkuläre RNAs, die gegen krankheitsrelevante miRNAs gerichtet sind, seien eine neue und leistungsstarke potenzielle Therapiestrategie bei der Krebsbehandlung, unterstreicht der Wissenschaftler.
Behandlung muss noch weiter erforscht werden
„Bei unserer Publikation handelt es sich um eine ‚Proof-of-Principle‘-Studie, um zu evaluieren, ob sich ein solcher Ansatz für die klinische Anwendung eignen könnte“, erläutert Roßbach. Ebenfalls müsse der Einsatz von Polyethylenimin-Nanopartikeln noch besser untersucht werden, bevor der Ansatz am Menschen getestet werden kann. Diese Nanopartikel seien zur Zeit von hohem Interesse, da sie auch als potenzielle Impfstoffträger dienen könnten, resümiert der Forscher. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Justus-Liebig-Universität Gießen: Mit zirkulären Ribonukleinsäuren gegen Krebs (veröffentlicht: 19.08.2020), uni-giessen.de
- Simon Müller, Alice Wedler, Janina Breuer, u.a.: Synthetic circular miR-21 RNA decoys enhance tumor suppressor expression and impair tumor growth in mice; in: NAR Cancer, 2020, academic.oup.com
Wichtiger Hinweis:
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