PKV kritisiert Vorschlag der gesetzlichen Krankenkassen zur Pflegeversicherung
01.09.2011
Der Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hatte sich im vergangenen Monat angesichts des drohenden Defizits in der Pflegeversicherung zum Aufbau eines Kapitalstocks für eine individuelle Pflegeversicherung ausgesprochen. Auch der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen plädierte für eine ergänzende Pflegeversicherung, um das Leistungsniveau trotz des demografischen Wandels und den damit verbundenen steigenden Kosten langfristig zu sichern.
Die Vorschläge des GKV-Spitzenverbandes stoßen jedoch bei dem Direktor des Verbandes der Privaten Krankenversicherung, Volker Leienbach, auf heftige Ablehnung. Zwar begrüßen die privaten Krankenversicherungen, „dass nun auch der Spitzenverband Bund der Gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund des demografischen Wandels die Notwendigkeit anerkennt, zusätzliche Vorsorgemaßnahmen zur Sicherung des Leistungsniveaus in der Pflegeversicherung zu treffen.“ Doch nach Ansicht von Volker Leienbach ist „der Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes, eine sogenannte Rücklage im Rahmen der Gesetzlichen Pflegeversicherung zu bilden, dafür völlig ungeeignet.“ Denn in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung unterliege jede Finanzreserve dem politischen Einfluss, wodurch stets die Gefahr bestehe, dass die Politik für andere Zwecke auf die Gelder zurückgreift und die Mittel am Ende nicht den Pflegebedürftigen zu Gute kommen, erklärte Leienbach. Nach Ansicht des Direktors vom Verband der privaten Krankenversicherungen brächte das vorgeschlagene Modell des GKV-Spitzenverbandes lediglich eine Pflege nach Kassenlage.
Konjunkturabhängige Pflegeleistungen?
Schon häufiger seien in der Vergangenheit bestehende Kapitalreserven zweckentfremdet worden, so dass die Gefahr auch bei einer Rücklage für die Pflegeversicherung bestehen würde, erklärte Volker Leienbach. Nach Ansicht des Direktors vom Verband der privaten Krankenversicherungen wären die Mittel der Pflegeversicherung nur unter dem Eigentumsschutz privatwirtschaftlicher Verträge sicher vor Zugriffen durch die Politik. Der Kapitalstock sollte unbedingt staatsfern angelegt werden, so Leienbach weiter. Im Namen der PKV kritisierte Leienbach außerdem den Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes, die jährliche Aufstockung der Finanzreserve an die jeweilige Konjunkturentwicklung zu binden. Dieser Vorschlag gehe an der Realität vorbei, da die demografische Entwicklung und die damit verbundenen steigenden Kosten im Pflegebereich nicht abhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung seien. Nach Ansicht von Volker Leienbach würde ein solches Modell keine Basis für eine nachhaltigen Vorsorge bieten. Denn in schlechteren konjunkturellen Phasen und Zeiten der Wirtschaftskrisen würde nach dem GKV-Modell letztlich weniger vorgesorgt und die Pflege wäre abhängig von der jeweiligen nach Kassenlage, erklärte der Direktor des PKV-Verbandes.
Daher plädiert Volker Leienbach dafür, beim Aufbau einer verlässlichen Pflegeversicherung auf die Expertise der privaten Versicherungen zurückzugreifen. Diese hätten seit Jahrzehnten Erfahrung bei der Kalkulation des Pflegerisikos und ihr Kapitalstock weise ein stabiles Wachstum auf Basis von Zins- und Zinseszins auf. Der Einwand der gesetzlichen Krankenversicherungen, dass Finanzkrisen bei der privaten Vorsorge ein erhebliches Risiko mit sich bringen könnten, greift nach Ansicht von Volker Leienbach nicht. Denn der unter besonders strengen Sicherheitsvorschriften gemanagte Kapitalstock der privaten Pflegeversicherung habe bisher alle Banken- und Finanzkrisen unbeschadet überstanden. So könne die Private Kranken- und Pflegesicherung unabhängig von der wirtschaftlichen Entwicklung seit Jahren einen kontinuierlichen Anstieg des Kapitalstocks aufweisen.
Geschäftsbereich der Pflegeversicherung verspricht massives Wachstum
Im Hintergrund der Kritik des Direktors vom Verband der privaten Krankenversicherungen an dem Vorschlag des GKV-Spitzenverbandes dürften auch geschäftliche Interessen stehen. Denn der Markt der Pflegeversicherungen verspricht im Zuge des demografischen Wandels ein massives Wachstum und die privaten Versicherungen erhoffen sich hier eine erhebliche Rendite. Diese Rendite muss jedoch aus den Beiträgen der Versicherten erwirtschaftet werden, was im Zweifelsfall einen höheren Pflegeversicherungsbeitrag bedingen könnte. Auch kann die bisherige positive Entwicklung des Kapitalstocks in der privaten Pflegeversicherung nicht als Argument für eine dauerhafte Krisensicherheit herangezogen werden. So sind Branchenkenner durchaus der Ansicht, dass eine staatliche Absicherung der Pflegeversicherung diese deutlich krisenfester machen würde. Die Zweckentfremdung von staatlichen Reserven durch die Politik, scheint an dieser Stelle ebenfalls eher abwegig, da bei einem deutlich zu erkennenden wachsenden Bedarf im Bereich der Pflegeversicherung, höchstwahrscheinlich kein Politiker auf die Idee kommen würde, die Mittel an anderer Stelle einzusetzen. So weckt die Stellungnahme des Verbandes der privaten Krankenversicherungen ein wenig den Eindruck, als würden geschäftliche Interessen deutlich überwiegen. (fp)
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