Neues Projekt zur Migränetherapie: Smartphone-gestützte Behandlung
Weltweit leiden rund 15 bis 25 Prozent aller Frauen und rund sechs bis acht Prozent der Männer unter Migräne. Betroffene können durch die Erkrankung regelrecht außer Gefecht gesetzt werden. In Berlin startet nun ein Projekt, das die Behandlung von Migränepatienten verbessern soll.
Jeder zehnte Deutsche betroffen
Experten zufolge leidet fast jeder zehnte Deutsche an Migräne. Typisch sind pochende, hämmernde und einseitige Kopfschmerzen. Häufig kommen weitere Beschwerden wie Übelkeit und Erbrechen, Schwindel sowie Appetitlosigkeit hinzu. Zudem sind viele Betroffene geräusch- und lichtempfindlich. Die Beschwerden werden häufig mit Medikamenten behandelt. Doch manchmal können auch natürliche Methoden helfen. In Berlin wird jetzt ein Projekt gestartet, das die Behandlung von Migränepatienten verbessern soll.
Patienten eine effektive und ortsunabhängige Behandlungsform anbieten
Die Charité – Universitätsmedizin Berlin startet gemeinsam mit ihren Partnern ein Projekt zur Smartphone-gestützten Migränetherapie (SMARTGEM).
Wie es in einer Mitteilung heißt, ist das Ziel, Patienten mit häufigen Migräneattacken eine effektive und ortsunabhängige Behandlungsform anzubieten.
Den Angaben zufolge ist die App eine Kombination aus Dokumentation, Therapiemodul und Schulung zur Selbsthilfe. Darüber hinaus werden telemedizinische Beratung sowie ärztlich moderierte Foren und Expertenchats angeboten.
Das Vorhaben unter Konsortialführung der Charité wird in Kooperation mit der Klinik für Neurologie der Universitätsmedizin Rostock, der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Halle (Saale), dem Institut für Public Health der Charité, dem App-Entwickler Newsenselab sowie den Krankenkassen AOK Nordost, BKK VBU, IKK gesund plus und der BIG direkt gesund durchgeführt.
Medikamentöse und nicht-medikamentöse Behandlungen
Wie es in der Mitteilung heißt, leiden weltweit rund 15 bis 25 Prozent aller Frauen und rund sechs bis acht Prozent der Männer unter Migräne.
Die Schmerzerkrankung führt oft zu einer starken Einschränkung der Lebensqualität und auch der Arbeitsfähigkeit.
Es gibt verschiedene Faktoren (Trigger), die Migräne auslösen können. So ist bekannt, dass plötzlicher Stress, hormonelle Veränderungen, ausgeprägte Emotionen oder Überanstrengung und Erschöpfung zu den Beschwerden führen können. Auch das Wetter kann Einfluss haben.
Zur Senkung der Attacken-Häufigkeit werden derzeit medikamentöse und nicht-medikamentöse Verfahren eingesetzt.
Betroffenen wird von Fachleuten oft geraten, nicht vorschnell zu Medikamenten zu greifen. Denn dauerhaft eingenommen führen Migräne-Schmerzmittel zu mehr Anfällen.
Viele Patienten können ihre Beschwerden ohnehin auch gut durch Hausmittel gegen Migräne in den Griff bekommen.
Empfohlen wird unter anderem, sich bei Schmerzattacken in einen ruhigen, abgedunkelten Raum zurückzuziehen, um sich vor äußeren Reizen abzuschirmen.
Helfen können zudem sanfte Massagen mit Pfefferminzöl an Schläfen und Stirn. Auch ein kühlendes Tuch auf der Stirn kann für Linderung sorgen.
Lebensqualität der Patienten verbessern
Wie es in der Mitteilung der Charité heißt, ist der Zugang zu medizinischen Kopfschmerzexperten und spezialisierten Schmerztherapeuten für Patienten im städtischen und vor allem im ländlichen Bereich begrenzt.
„Mit SMARTGEM wollen wir die Wirksamkeit einer ortsunabhängigen, effektiven und auch zeitsparenden Therapieform bei Migräne untersuchen“, erklärt Projektleiter Dr. Lars Neeb von der Klinik für Neurologie am Campus Charité Mitte.
„Für die Patienten erhoffen wir uns eine deutliche Reduktion der Attacken und des Schmerzmittelverbrauchs. Unser Ziel ist es, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und die Chronifizierung der Erkrankung zu verhindern“, so der Experte.
Mithilfe der Smartphone-App M-sense können die Betroffen ihre Kopfschmerzen dokumentieren, sodass die Therapie überwacht und gleichzeitig mögliche Auslöser für die Migräneattacken identifiziert werden können.
Die Patienten werden durch das integrierte Therapiemodul bei der Durchführung von Entspannungsverfahren und Ausdauersport unterstützt und in individuellen verhaltenstherapeutischen Ansätzen geschult.
Darüber hinaus können sich die behandelnden niedergelassenen Ärzte mit den Neurologen der universitären Kopfschmerzzentren telemedizinisch vernetzen und sich zur Behandlung ihrer Patienten beraten.
Für die Betroffenen selbst werden ärztlich moderierte Foren und Expertenchats angeboten, um so die Kommunikation mit dem Arzt zu verkürzen.
Studie mit 1.200 Patienten
Den Angaben zufolge wird die Effektivität der neuen Versorgungsform in einer kontrollierten Studie mit 1.200 Patienten aus Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt untersucht.
Die Probanden müssen an mehr als fünf Tagen im Monat an Migräne leiden und sich erstmalig in der Kopfschmerzambulanz der Charité, der Universitätsmedizin Rostock oder des Universitätsklinikums Halle (Saale) vorstellen.
600 Studienteilnehmer werden mit der neuen App versorgt, die Vergleichsgruppe erhält die App zur reinen Kopfschmerzdokumentation ohne Zugang zu den erweiterten Funktionen.
„Im Erfolgsfall hat SMARTGEM Modellcharakter für die bundesweite Versorgung von Migräne-Patienten. Das gilt insbesondere in strukturschwachen Regionen“, so Dr. Neeb zur Zukunft des Projekts. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.