Schluckimpfung könnte Bauchspeicheldrüsenkrebs zurückdrängen: Forscher suchen Patienten für Studie
01.01.2012
Am Anfang bemerken Patienten keine oder kaum spezifische Symptome, weshalb Bauchspeicheldrüsenkrebs meist sehr spät entdeckt wird. Die Überlebenschancen und Behandlungsoptionen sind meist nur noch gering. Forscher der Universitätsklinik in Heidelberg testen derzeit eine erfolgversprechende Schluckimpfung gegen die tödliche Krebskrankheit. Das körpereigene Immunsystem soll mittels manipulierter Bakterien gegen Krebszellen aktiviert werden. Die Heidelberger Forscher rufen Patienten auf, sich an der Studienarbeit zu beteiligen.
Niedrige Überlebenschance bei Krebs an der Bauchspeicheldrüse
Bauchspeicheldrüsenkrebs (Pankreaskarzinom) gehört zu den gefürchtetsten Krebserkrankungen. Nach Diagnosestellung besteht nach fünf Jahren nur eine Überlebensrate von fünf Prozent. 95 Prozent der Patienten versterben in dem Zeitraum nach Feststellung der Krankheit. Hauptursache ist, dass nur noch 10 bis 15 Prozent der Pankreaskarzinome zum Zeitpunkt der Diagnose operativ behandelbar sind. Kann kein Eingriff mehr unternommen werden, sinkt die Überlebenschance rapide. Eine neue Überlebenschance könnten die Forschungsarbeiten des Universitätsklinikum Heidelberg bedeuten. Wissenschaftler erproben eine neue Impfung gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs. Sie soll die Krebsabwehr des Körpers aktivieren.
Abwehrsystem soll mittels Bakterien aktiviert werden
Der neue Impfstoff soll dass körpereigene Abwehrsystem aktivieren, die mit Hilfe von veränderten Bakterien Blutgefäße des Karzinoms angreifen und eliminieren. Die Gefäße sind wichtig, um die Nährstoffversorgung zu gewährleisten und den Wachstum des Geschwürs sowie das Metastasieren der Tumorzellen in den andere Organe zu fördern. Die Schluckimpfung mit der Bezeichnung VXM01 zeigte bei ersten Studien Erfolge. In Tiergestützten Experimenten „zeigten entsprechende Impfstoffe eine vielversprechende Wirkung auf verschiedenen Tumorarten", erläutert Forschungsleiter Oberarzt Dr. Hubertus Schmitz-Winnenthal. „Die Krebsgeschwüre wuchsen insgesamt langsamer und bildeten weniger Metastasen“. Die eingesetzten Tieren zeigten eine höhere Überlebensrate als andere Versuchstiere.
Patienten für Versuchsstudie gesucht
Für die Studie mit Patienten werden Probanden gesucht. An dem Test können Menschen teilnehmen, die am Bauchspeicheldrüsenkrebs erkrankt sind. Voraussetzung ist, dass noch keine Operation unternommen wurden und der Krebs nicht gestreut hat (Bildung von Metastasen). Während der Testphase halten sich die Studienteilnehmer im Pharmakologischen Zentrum der Uniklinik in Heidelberg auf und erhalten zusätzlich zu den Impfstoffen die gängige Chemotherapie. Während des Klinikaufenthalts bekommen die Testpersonen den experimentellen Impfstoff oder ein Placebo (Präparat ohne Wirkstoff) verabreicht. In einer abschließenden Untersuchung prüfen die Ärzte das Ergebnis der Therapie. Bereits nach zehn Tagen kann festgestellt werden, ob die Behandlung angeschlagen hat oder nicht, erklärt der Studienleiter Privatdozent Schmitz-Winnenthal, der gleichzeitig Leiter der Sektion für Endokrine Chirurgie an der Chirurgischen Universitätsklinik ist. In den zwei nachfolgenden Jahren werden die teilnehmenden Patienten medizinisch nachverfolgt. Interessierte wenden sich an das Klinisches Studienzentrum Chirurgie (KSC), Telefonnummer 00496221/566986. Weitere Fragen werden bei Anruf beantwortet.
Veränderte Bakterien stimulieren Immunsystem
Der neu entdeckte Impfstoff VXM01 enthält abgeschwächte Bakterien, deren Struktur zuvor genverändert wurde. Sie enthalten ein Gen, dass für die Produktion eines speziellen Eiweißes sorgt. Die Eiweißmoleküle sind in hoher Zahl in den Krebstumoren zu finden. „Kommen Zellen des Immunsystems an der Darmschleimhaut mit den von den Bakterien befallenen Zellen in Kontakt, bekämpfen sie diese als infiziert und potentiell gefährlich.“ Somit wird eine Art Programmierung des Immunsystems gefördert, dass nunmehr die Zellen mit dem spezifischen Eiweiß VEGFR-2 als gefährlich einstuft und im Ergebnis zerstört. Die Trägerbakterien sind mittlerweile medizinisch als Impfstoff zugelassen und werden beispielsweise bei Impfungen gegen das Typhus-Fieber eingesetzt. In naher Zukunft soll VXM01 auch bei anderen Krebskrankheiten Verwendung finden. Hierfür müsse der Wirkstoff jedoch weiterentwickelt werden, erklärten die Wissenschaftler.
Forschungsansatz nicht neu
Seit einigen Jahren arbeiten Wissenschaftler in aller Welt mit Hochdruck an Impfstoffen gegen Krebs. Vom Grundprinzip sind alle erforschten Krebs-Impfstoffe ähnlich. Das Immunsystem wird von außen stimuliert, um die Ausbreitung des Tumor zu verhindern. Statt mit Bakterien arbeitet das Deutsche Krebsforschungszentrum mit Viren. Diese sollen im menschlichen Körper das machen, was sie am Besten können: Menschliche Zellen zerstören. Die Viren werden jedoch dahingehend umprogrammiert, damit sie sich auf ausschließlich auf die Krebszellen konzentrieren. Erste abschließende Resultate werden erst in ein paar Jahren erwartet. (sb)
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Bild: Sigrid Rossmann / pixelio.de
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