Wiener Forscher haben eine einfache und schonendere Therapie gegen die Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses entwickelt. Um die durch humane Papillomaviren (HPV) hervor gerufene Erkrankung zu behandeln, wendeten die Experten eine Säure an, die normalerweise für medizinische und kosmetische Peelings („Schälkuren“) eingesetzt wird. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler nun im Fachblatt „Obstetrics & Gynecology“.
85-prozentige Trichloressigsäure wird sonst für Peeling eingesetzt
Wissenschaftler des Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien und des AKH Wien haben einen neuen Behandlungsansatz gegen die Vorstufen des Gebärmutterhalskrebses entwickelt. Wie das CCC in einer aktuellen Mitteilung informiert, kommt dabei eine 85-prozentige Trichloressigsäure zum Einsatz, welche traditionell für medizinische und kosmetische Schälkuren bzw. Peelings angewendet wird. Die Forscher konnten demnach zeigen, dass bei mehr als 80 Prozent der Patientinnen schon eine Anwendung reichte, um einen kompletten Rückgang der Symptome (med: „Remission“) zu erreichen. Zudem sei der neue Ansatz einfacher durchzuführen und im Vergleich zu anderen Methoden sehr kostengünstig, so die Mitteilung.
Klassische Therapie bestand bislang in der Konisatio
Wird bei einer Frau eine schwerwiegende Vorstufe von Gebärmutterhalskrebs diagnostiziert, erfolgt normalerweise ein operativer Eingriff, bei dem das veränderte Gewebe kegelförmig aus dem Gebärmutterhals herausgeschnitten wird (Konisation). Als gravierendste Nebenwirkung gilt dabei ein deutlich erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt. Mit dem neuen Ansatz könne dies jedoch verhindert werden, zudem sei der Eingriff weniger belastend und im Vergleich einfacher durchzuführen, so der Bericht des CCC.
Die 85-prozentige Trichloressigsäure müsse demnach nur auf das betroffenen Gewebe am Gebärmutterhals aufgetupft werden. Dies reiche schon aus, um die erkrankten Areale mithilfe der starken Säure zu verschorfen. Als mögliche Nebenwirkungen könnten lediglich geringe Schmerzen während Eingriffs sowie ein Ausfluss aus der Scheide durch die abgestoßene Schleimhaut auftreten. Dieser gehe den Experten zufolge nach etwa zwei Wochen wieder zurück. Das Ergebnis der Anwendung sei dem Bericht nach „eindrucksvoll“, denn acht Wochen später zeigte sich bei 82 Prozent der behandelter Frauen ein kompletter Rückgang der Symptome.
Alternative Behandlungsmöglichkeit auch für ärmere Länder
„Das Ergebnis ist äußerst positiv, denn der Eingriff ist für Experten auf dem Gebiet der HPV-bedingten Veränderungen am Gebärmutterhals sehr einfach durchzuführen“, sagte der Leiter der Studie, Paul Speiser von der Abteilung für allgemeine Gynäkologie und gynäkologische Onkologie der Universitätsfrauenklinik der MedUni Wien und des AKH Wien sowie Mitglied des CCC. Zudem seien nur eine geringe Einschulungszeit und keine speziellen Geräte oder Veränderungen in der OP-Infrastruktur nötig und auch die Säure an sich sei nicht teuer. „Damit steht uns eine echte Alternative bei der Therapie dieser Erkrankung zur Verfügung, die auch für ärmere Länder sehr interessant ist“, so Speiser weiter.
Die 85-prozentige Trichloressigsäure wird schon länger für medizinische und kosmetische Peelings eingesetzt. Ebenso kommt sie bereits zur Behandlung von Gewebeveränderungen infolge einer HPV-Infektion im Analbereich zum Einsatz. Daher entwickelte Speiser den Gedanken, den Stoff auch am Gebärmutterhals zu verwenden. Auch wenn die Studie der Wiener Wissenschaftler die Wirksamkeit der Säure aufzeigen konnte, sei dies jedoch noch nicht ausreichend für eine breite Anwendung. „Dafür fehlen uns noch weitere Daten. In einer neuen Studie werden wir außerdem prüfen, ob man den Therapieerfolg durch eine zweite Behandlung erhöhen kann“, erläutert Speiser. Erste Daten würden darauf hindeuten, dass ein erneuter Einsatz der Säure die Erfolgsrate auf über 90 Prozent steigern könne, so der Experte weiter.
6 Millionen Frauen mit HPV infiziert
Die Hauptursache für Gebärmutterhalskrebs und seine Vorstufen ist eine Infektion mit Humanen Papillomviren (HPV). Laut dem Berufsverband der Frauenärzte e.V. sind über 100 verschiedene HPV-Typen bekannt, von denen mehr als 30 den Gebärmutterhals, die Scheide und den äußeren Genitalbereich befallen können. Unterschieden wird dabei zwischen den meist harmlosen „Niedrig-Risiko-Typen“ und den „Hoch-Risiko-Typen“, die zu Veränderungen der Zellen am Gebärmutterhals bzw. einer Krebsvorstufe führen können. Wird diese nicht rechtzeitig entdeckt, kann sich daraus im weiteren Verlauf ein Gebärmutterhalskrebs entwickeln. Deutschlandweit sind schätzungsweise etwa 6 Millionen Frauen mit Humanen Papillomviren infiziert, bei mehreren hunderttausend Frauen entsteht dadurch jedes Jahr eine Vorstufe des Gebärmutterhalskrebses, so der Verband weiter. 5.000 bis 6.000 Frauen entwickeln jährlich Gebärmutterhalskrebs, fast 2.000 sterben an den Folgen. (nr)
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