Was unsere Finger tatsächlich knacken lässt
Knackende Finger sind für viele Menschen ein wahrer Graus. Bei so manch einem verursacht der Ton sogar eine Gänsehaut. Im Volksmund heißt es, dass dadurch auch Arthrose verursacht wird. Einen Beweis dafür gibt es allerdings nicht. Doch was lässt unsere Finger überhaupt knacken? Dazu gibt es nun eine neue Theorie.
Fachleute streiten seit Jahrzehnten über die Ursachen
Lange wurde über die Ursachen des Fingerknackens in der Fachwelt gestritten. Im Jahr 2015 hat ein internationales Forscherteam um Hauptautor Professor Greg Kawchuk von der Fakultät für Rehabilitationsmedizin an der University of Alberta (Kanada) im Fachmagazin „PLOS ONE“ die Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, in der laut den Wissenschaftlern festgestellt wurde, wodurch das Knacken ausgelöst wird. Nun verwerfen andere Fachleute die These von damals.
Die Gelenke knacken
Schon seit Jahrzehnten beschäftigen sich Forscher mit der Frage, was unsere Finger knacken lässt. Einigkeit besteht darüber, dass es die Gelenke sind, die knacken – und dass man sie dafür auseinanderziehen muss.
Zwei britische Wissenschaftler von der St Thomas’s Hospital Medical School in London stellten im Jahr 1947 auf Röntgenbildern fest, dass sich eine Gasblase im Spalt zwischen den Gelenken gebildet hatte.
In einem damals veröffentlichten Artikel berichteten sie, dass dies ihrer Meinung nach zu dem Geräusch führe.
Anfang der 1970er Jahre behaupteten jedoch Forscher der Universität Leeds (Großbritannien) in einem Fachaufsatz, dass nicht die Bildung der Blase, sondern ihr Zerplatzen für den Ton sorge.
Hohlraum im Gelenk
2015 gab es jedoch einen Rückschlag für die Zerplatz-Theorie, als Wissenschaftler um Professor Kawchuk von der University of Alberta mit Hilfe von MRT-Aufnahmen erstmals beobachten, wie sich bei einwirkenden Zugkräften in dem Gelenk rasch ein Hohlraum bildet, der das Fingerknacken verursacht.
Die von der Gelenkkapsel umgebenden Gelenkflächen (Enden der Knochen), werden demnach durch einen Spalt voneinander getrennt, der mit zähflüssiger Gelenkflüssigkeit gefüllt ist.
Wird an dem Finger gezogen, weitet sich dieser Spalt deutlich auf und es entsteht plötzlich ein Hohlraum in der Gelenkflüssigkeit, was mit dem Knackgeräusch verbunden ist.
Fingerknacken im MRT beobachtet
Die Forscher benötigten für ihre Untersuchungen nach eigenen Angaben zunächst jemanden, der seine zehn Finger nach Belieben knacken lassen konnte.
In ihren Reihen fand sich glücklicherweise ein Kollege, der über diese Fähigkeit verfügte und so schoben sie diesen, auf dem Bauch liegend und mit dem Finger voran in die MRT-Röhre.
An seiner Fingerspitze befestigten sie eine Zugapparatur, die bei den folgenden Aufnahmen freie Sicht auf das Gelenk ermöglichte. Anschließend zogen sie so lange an dem Finger des Forschers, bis das Knackgeräusch zu hören war.
Das MRT hielt das Geschehen in 3,2 Bildern pro Sekunde fest, so dass ein Film entstand, auf dem der Vorgang exakt zu verfolgen war.
Bei geringen Zugkräften ließen sich laut Aussage der Forscher zunächst keine Veränderungen in dem Gelenk feststellen, doch wurde ausreichend stark an dem Finger gezogen, weitete sich der Gelenkspalt und es entstand sehr plötzlich ein gasgefüllter Hohlraum in der Synovialflüssigkeit (Gelenkflüssigkeit).
Bildung eines Vakuums im Gelenk
„Es ist ein bisschen, als würde sich ein Vakuum bilden“, erläuterte Professor Kawchuk in der Pressemitteilung der University of Alberta.
Da sich die Verbindungsflächen auf einmal trennen, ist nicht ausreichend Flüssigkeit verfügbar, um das zunehmende Volumen zu füllen, so dass ein Hohlraum entsteht.
Diesem Ereignis sei anhand der MRT-Aufnahmen eindeutig die Entstehung des Knackens zuzuordnen, während die Rückbildung der Blase nach Loslassen des Finger geräuschlos verlief.
Damit haben die Forscher die ursprüngliche These der britischen Wissenschaftler aus dem Jahr 1947 bestätigt und nachfolgende, anderslautende Studienergebnisse widerlegt.
Neue Theorie
Doch nun kommen erneut Zweifel auf. Denn die beiden Theoretiker V. Chandran Suja, der an der Universität Stanford (USA) forscht, und sein französischer Kollegen A.I Barakat (CNRS Palaiseau), überprüften die Hypothese der kanadischen Forscher mittels mathematischer Modellrechnungen.
Sie veröffentlichten ihre Ergebnisse vor kurzem im Fachblatt „Scientific Reports“.
Laut den Wissenschaftlern kann doch das vollständige oder auch nur das partielle Implodieren und nicht das Entstehen der Blase für das Knacken sorgen. Es kann also durchaus sein, dass in Zukunft weitere Thesen zu den wahren Ursachen des Fingerknackens aufgestellt werden. (fp, ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.