DKFZ: Kombination aus niedrig dosierter Chemotherapie und Antikörpern reduziert Entstehung von Metastasen
09.01.2015
Mäuse mit bösartigen Tumoren, die eine niedrig dosierte Chemotherapie in Kombination mit einem Antikörper gegen ein zentrales Steuerprotein der Blutgefäßzellen herhielten, entwickeln weniger Metastasen und überleben länger. So das Ergebnis einer Studie des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und der Medizinischen Fakultät der Universität Heidelberg. Den Wissenschaftlern zufolge wirkt die Kombinationstherapie sogar mehrfach gegen die Ansiedlung von Metastasen. So verhindere sie, dass Blutgefäße die neu gebildeten Metastasen versorgen. Gleichzeitig reduziere die Behandlung die Anzahl bestimmter Immunzellen, durch die wiederum die Ansiedlung von Krebszellen gefördert werde, heißt es in einer Mitteilung des DKFZ.
Neue Therapie bekämpft Metastasen und ist schonender für den Patienten
Wird ein Tumor operativ entfernt, gilt der Patient als krebsfrei. Jedoch hat die bösartige Geschwulst häufig bereits gestreut. Um diese Krebszellen zu bekämpfen, raten Ärzte meist zur Chemotherapie. Diese Behandlung ist jedoch äußerst belastend für den Patienten. Hinzu kommt, dass die Zellen nicht nachweisbar sind und somit nicht klar ist, welcher Patient tatsächlich von der Chemotherapie profitiert. „Das ist ein großes Dilemma für viele Krebspatienten: Sollen sie sich für eine hochdosierte Chemotherapie mit allen schweren Nebenwirkungen entscheiden oder stattdessen ein höheres Risiko für Metastasen in Kauf nehmen?“, so Professor Hellmut Augustin vom DKFZ. Seine Arbeitsgruppe suchte deshalb nach schonenderen Verfahren, die die Entstehung von Metastasen verhindern.
Dabei berücksichtigten die Wissenschaftler neue Forschungserkenntnisse, die den Wandzellen der Blutgefäße (Endothelzellen) eine große Bedeutung für das Tumorwachstum zusprechen. Hintergrund ist der Prozess der Angiogenese, bei dem Tumorzellen Blutgefäße dazu veranlassen, neue Kapillaren zu bilden, die den Tumor versorgen und sein Wachstum fördern.
Zudem bilden die Endothelzellen selbst auch Faktoren, die das Wachstum von Tumoren begünstigen. Die Forscher um Augustin wollten deshalb nicht nur die Gefäßbildung in den Tumoren verhindern, sondern auch die Produktion dieser Wachstumsfaktoren unterdrücken. Sie wählten das Molekül Angiopoietin-2 als Ansatzpunkt für ihre Studie, das von Endothelzellen gebildet wird und eine wichtige Funktionen bei der Angiogenese übernimmt.
Mäuse lebten durch die neue Therapie gegen Metastasen länger
Ihre Untersuchung führten die Forscher an Mäusen durch, auf die Brust- oder Lungenkrebszellen übertragen wurden. Nachdem die Tumore ein frühes Wachstumsstadium erreicht hatten, wurden sie operativ entfernt. Dann erhielten die Versuchstiere verschiedene Arten der Chemotherapie. Einige Mäuse wurden zudem mit einem blockierenden Antikörper gegen Angiopoietin-2 behandelt.
Wie sich zeigte, war die Chemotherapie allein nicht wirksam. In Kombination mit dem Antikörper entwickelten die Mäuse jedoch deutlich weniger Metastasen als die unbehandelten Tiere. Am effektivsten war eine Kombinationstherapie mit dem Antikörper und einer sogenannten metronomen Chemotherapie, bei der die zytostatischen Substanzen in geringer Dosierung dauerhaft verabreicht werden. Im Gegensatz zur herkömmlichen Hochdosis-Chemotherapie wirkt die metronome Chemotherapie nicht in erster Linie gegen die Tumorzellen selbst, sondern verhindert die Ansiedelung bestimmter Zellen aus dem Knochenmark im Tumor, die ebenfalls das Tumorwachstum begünstigen. Die Tiere, die mit dieser Kombinationstherapie behandelt wurden, lebten länger als die Mäuse, die lediglich den Antikörper erhielten.
Hemmung von Angiopoietin-2 verhindert Einwanderung von krebsfördernden Immunzellen in die Umgebung des Tumors
Gewebeanalysen zeigten, dass Angiopoietin-2 einerseits das Gefäßwachstum fördert, anderseits aber auch die Endothelzellen anregt, tumorfördernde Makrophagen (Leukozyten, Zellen des Immunsystems) in die Nähe der Krebszellen zu locken. Die Blockierung von Angiopoietin-2 bewirkte dagegen, dass wesentlich weniger krebsfördernde Immunzellen in die Tumorumgebung wanderten.
„Mit unserer Kombinationstherapie gehen wir also von mehreren Seiten gleichzeitig gegen die Ansiedlung von Metastasen vor: Zum einen drosseln wir ihre Gefäßversorgung. Zum anderen verhindern wir, dass sich tumorfördernde Makrophagen ansiedeln, die eine entzündliche Umgebung schaffen und damit gewissermaßen den Boden für eine dauerhafte Ansiedlung der Krebszellen bereiten“, erläutert Augustin. „Wir können natürlich nicht voraussagen, ob sich die Ergebnisse dieser präklinischen Untersuchungen eins zu eins auf den Menschen übertragen lassen, aber wir haben bei unseren Experimenten viel darüber gelernt, wie Metastasen entstehen. Das Wissen wollen wir nun gezielt in eine klinische Anwendung übersetzen.“ (ag)
Bild: Martin Gapa / pixelio.de
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