Neues therapeutisches Ziel für Clostridioides difficile-Infektionen (CDI)
Das Bakterium Clostridioides difficile zählt in Industrieländern zu einem der gefährlichsten Krankenhauskeime. Oftmals breiteten sich die Bakterien nach der Gabe von Breitband-Antibiotika aus. Allein in den USA kam es im Jahr 2017 zu über 223.000 Infektionen, die in 12.800 Fällen tödlich endeten. Ein amerikanisches Forschungsteam entdeckte nun einen neuartigen auf Proteinen basierenden Wirkstoff, der diesen Krankenhauskeim eindämmen könnte.
Forschende der University of California – Irvine (USA) entdeckten einen neuen potenziellen Wirkstoff gegen einen der gefährlichsten Krankenhauskeime: Clostridioides difficile. Erstmals gelang es einem Forschungsteam, eine komplexe 3D-Struktur des Toxins zu erstellen, welches von den Erregern abgesondert wird und für die meisten der mit der Krankheit assoziierten Symptome verantwortlich ist. Ein spezielles Protein könnte die Bindungsstellen dieses Toxins blockieren und es so unwirksam machen. Die Studienergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournal „Nature Communications“ präsentiert.
Warum Clostridioides difficile so gefährlich ist
Infektionen mit Clostridioides difficile (CDI) sind in Industrieländern die häufigste Ursache für Antibiotika-assoziierte Diarrhö und Gastroenteritis-assoziierte Todesfälle. Laut der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC zählen die Erreger zu einer der fünf größten „dringenden Bedrohungen“ im Gesundheitswesen.
Dem Robert Koch-Institut zufolge ist der Keim für 15 bis 20 Prozent der Antibiotika-assoziierten Durchfallerkrankungen in Deutschland verantwortlich. Über 95 Prozent aller Fälle von pseudomembranöser Kolitis (Darmentzündung nach Antibiotika-Einnahme) basieren laut RKI auf diesem Erreger. Das RKI schätzt, dass jede 100. Person, die mit Antibiotika behandelt wird, eine CDI entwickelt. In Krankenhäusern tritt der Keim besonders häufig auf – vermutlich wegen dem vermehrten Einsatz vom Breitspektrum-Antibiotika.
Teufelskreis bei der Behandlung
Derzeit sind Breitspektrum-Antibiotika die einzige Möglichkeit, das Bakterium auszuschalten. Gleichzeit ist der Einsatz von Antibiotika und die damit verbundene Störung der Darmflora das größte Risiko für die unkontrollierte Ausbreitung des Erregers. Bei vielen Betroffenen kommt es deshalb zu einem Rückfall nach der Behandlung. Die neusten Forschungsergebnisse der University of California ebnet den Weg für die Entwicklung von Therapeutika der nächsten Generation zur Prävention und Behandlung von CDI.
Struktur des krankmachenden Toxins entschlüsselt
„Clostridioides difficile Toxin B (TcdB) ist eines von zwei homologen C. difficile-Exotoxinen, die als wichtige Ausbreitungsfaktoren von C. difficile-Infektionen verantwortlich sind“, erklärt Professor Rongsheng Jin aus dem Studienteam. TcdB allein sei in der Lage, das gesamte Spektrum der mit CDI verbundenen Krankheiten beim Menschen zu verursachen.
Bereits frühere Studien haben der Arbeitsgruppe zufolge einen potenziellen Rezeptor namens CSPG4 entschlüsselt, der als wichtigste Bindungsstelle des Toxins fungiert. Die pathophysiologische Bedeutung sowie die molekularen Details dieses Rezeptors waren jedoch bislang unbekannt und konnten nun über das 3D-Modell entschlüsselt werden.
Angriffspunkt entdeckt
„Diese neuen Erkenntnisse zeigen uns, dass ein rational entwickelter CSPG4-nachahmender Köder die wichtigsten TcdB-Varianten neutralisieren könnte und damit eine einzigartige therapeutische Möglichkeit zur Bekämpfung einiger hochinfektiöser C. difficile-Stämme bietet“, verdeutlicht Jin.
Erste nicht auf Antibiotika-basierende CDI-Behandlung?
Als „Köder“ könnte den Forschenden zufolge ein speziell entwickeltes Protein eingesetzt werden, welches die Bindungsstellen belegt und das Toxin somit unschädlich macht. Damit stünde eine nicht auf Antibiotika-basierende Behandlung gegen CDI zur Verfügung.
„Wir untersuchen nun die therapeutischen Eigenschaften dieser neuartigen Antitoxin-Moleküle und glauben, dass sie einen Breitbandschutz und eine Neutralisierung gegen die meisten bekannten TcdB-Varianten bieten könnten und damit die bestehenden Therapien für CDI verbessern“, resümiert Jin. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- University of California – Irvine: Study reveals new therapeutic target for C. difficile infection (veröffentlicht: 18.06.2021), som.uci.edu
- Peng Chen, Ji Zeng, Zheng Liu, Hatim Thaker, et al.: Structural basis for CSPG4 as a receptor for TcdB and a therapeutic target in Clostridioides difficile infection; in: Nature Communications, 2021, nature.com
- RKI-Ratgeber: Clostridioides (früher Clostridium) difficile (Stand: 02.02.2018), rki.de
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.