Thrombektomie: Neue Therapie für Schlaganfall-Patienten
Rund 260.000 Menschen in Deutschland erleiden pro Jahr einen Schlaganfall. Etwa die Hälfte von ihnen ist danach dauerhaft behindert. Eine neue Therapiemethode, die Thrombektomie, soll vor allem Menschen helfen, die einen schweren Schlaganfall erlitten haben.
Neue Methode funktioniert spektakulär gut
Eine neue Schlaganfall-Notfalltherapie soll Patienten mit einem großen Blutgerinnsel im Gehirn vor einer dauerhaften Behinderung bewahren. Wie die „Deutsche Welle“ (DW) online berichtet, erklärte Jens Fiehler vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, dass die Behandlung eines Schlaganfalls mit der Katheter-Methode spektakulär gut funktioniere. Er hat sie eigenen Aussagen zufolge schon bei vielen Patienten angewendet. Auch nach Angaben der Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) haben Studien gezeigt, dass die Thrombektomie erfolgversprechend sei.
Blutpfropf wird aus dem Gefäß entfernt
Bei einem Schlaganfall verschließt ein Gerinnsel ein Gefäß. Bei der neuen Behandlungsmethode ziehen die behandelnden Ärzte den Blutpfropf per Katheter aus dem Gefäß. Danach wird in die Halsschlagader ein Katheter eingeführt, in dem ein Mikrokatheter steckt. Dieser Mikrokatheter ist extrem dünn – etwa einen halben Millimeter. Aus diesem Katheter wird ein zusammengefalteter Stent, ein winziges Metallgeflecht, vorgeschoben. „Dieser Stent entfaltet sich in das Blutgerinnsel hinein, dehnt sich aus und schneidet sich gewissermaßen selbst in dieses Blutgerinnsel hinein. Dann zieht man das entfaltete Metallgeflecht zusammen mit dem Blutgerinnsel heraus“, erklärte Fiehler den Eingriff, der 30 bis 45 Minuten dauert und über einen Monitor kontrolliert wird.
Behandlungsmethode nicht für alle Patienten geeignet
Allerdings sei die Methode nicht für alle Schlaganfall-Patienten geeignet. Infrage kommen dafür laut den Medizinern nur schwere und schwerste Fälle. „Diese Katheter-Methode kann nur bei Patienten eingesetzt werden, die einen sehr großen Thrombus in den Gefäßen haben“, sagte Joachim Röther, Sprecher der DSG. „Wenn ein kleines Blutgerinnsel tief im Inneren des Gehirns ein Gefäß verstopft, dann ist der Weg dorthin zu weit. Hier aber geht es um große Thromben, die im Endabschnitt der Halsarterie sitzen oder in der mittleren Hirnarterie. Da kommt man mit diesem Katheter sehr gut hin und kann den Thrombus mechanisch entfernen.“
Schwere Symptome bei großen Gerinnseln
Bei großen Gerinnseln sind auch die Gefäße entsprechend groß und versorgen ein großes Hirnareal. Bei Betroffenen treten schwere Symptome auf. „Diese schlimm betroffenen Patienten haben dann oftmals einen Komplettausfall der Sprache oder eine so starke Lähmung von Arm und Bein, dass sie sie überhaupt nicht mehr bewegen können. Bei einem leichten Schlaganfall aufgrund eines kleinen Gefäßverschlusses ist das nicht so“, erklärte Fiehler. Röther zufolge habe sich die Methode über viele Jahre immer weiterentwickelt: „Zunächst war es einfach nur ein kleiner Katheter, über den man ein Medikament zum Auflösen des Blutgerinnsels direkt in den Thrombus hineingespritzt hat. Dann kamen nach und nach weitere technische Entwicklungen, wie die des Stents, mit dem man den Thrombus eben quasi einfangen und aus dem Gefäß rausziehen kann.“
Methode ist „ohne jeden Zweifel“ sehr wirksam
Als schließlich der Durchbruch kam, seien zunächst nicht alle Kollegen von der Methode überzeugt gewesen, doch heute gibt es diese Skeptiker nicht mehr, sagte Fiehler. Im renommierten medizinischen Fachmagazin „New England Journal of Medicine“ wurden mittlerweile fünf Studien veröffentlicht, die die neue Therapie für Schlaganfall-Patienten vorgestellt haben. „All diese Studien zeigen eindeutig und ohne jeden Zweifel, dass diese Methode sehr wirksam ist“, so Fiehler. „Das ist kein Gebiet, auf dem man verschiedene Meinungen haben kann. Es ist einfach eine Tatsache.“
Patienten müssen schnell behandelt werden
Patienten mit Schlaganfall müssen so schnell wie möglich behandelt werden, um mögliche Risiken für schwerwiegende Folgen, wie Sprachverlust oder Lähmungserscheinungen so gering wie möglich zu halten. Wichtig ist es daher auch, die verschiedenen Hinweise zu kennen. So können etwa Schwindel und Sprechstörungen wichtige Anzeichen für einen Schlaganfall sein. In Deutschland gibt es derzeit 264 von der DSG zertifizierte Stroke Units – spezielle Einheiten in Kliniken, die auf die Versorgung von Patienten mit Schlaganfällen spezialisiert sind. „Schlaganfall-Patienten, die in Deutschland rechtzeitig eine Stroke Unit erreichen, erhalten heute eine Behandlung auf sehr hohem Niveau“, erläuterte Professor Dr. med. Darius Nabavi, Chefarzt der Neurologischen Klinik am Vivantes Klinikum in Berlin-Neukölln kürzlich in einer Mitteilung: „Bei etwa zehn bis fünfzehn Prozent der Patienten versuchen wir, das Blutgerinnsel durch die Infusion eines Medikaments in die Armvene aufzulösen.“ da dies bei sehr großen Gerinnseln nicht gelinge, sei die neue Methode, die auch „mechanische Rekanalisation“ genannt wird, eine „dringend benötigte Ergänzung für Schwerbetroffene“.
(sb, ad)
: Martin Jäger / pixelio.de
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