Forschende haben neue Ursache für nichtalkoholische Fettleber entdeckt
Rund jeder dritte Mensch in Deutschland hat eine Fettleber. Die alkoholbedingte Fettleber entsteht durch starken übermäßigen Alkoholkonsum. Die nicht-alkoholische Fettleberkrankheit (NAFL) tritt meist bei Menschen auf, die sich zu wenig bewegen, an starkem Übergewicht und/oder Diabetes leiden oder sich falsch ernähren. Forschende haben nun eine neue Ursache für die NAFL entdeckt.
Laut der Deutschen Leberstiftung hat rund ein Drittel der Erwachsenen eine durch Fetteinlagerung vergrößerte Leber – und die Zahl nimmt stetig zu. Auch schon jedes dritte übergewichtige Kind hat eine Fettleber. Unterschieden wird zwischen einer nicht-alkoholischen Fettleber (NAFL) und einer alkoholischen Fettleber (AFL). Zu den Ursachen, die meistens in Kombinationen zu einer Fettleber führen, zählen neben falscher Ernährung, Bewegungsmangel und Übergewicht, hoher Alkoholkonsum oder auch eine Diabeteserkrankung. Forschende aus Tübingen haben nun eine weitere Ursache entdeckt.
Auch schlanke Menschen haben eine Fettleber
Einer Mitteilung des Universitätsklinikums Tübingen zufolge wird davon ausgegangen, dass die weltweite Epidemie von nichtalkoholischer Fettleberkrankheit (NAFLD) hauptsächlich durch einen ungesunden Lebensstil mit wenig körperlicher Aktivität und einer Ernährung mit einem hohen Anteil an gesättigten Fetten, Zucker und Fruktose verursacht wird.
Bei diesen übergewichtigen und fettleibigen Patientinnen und Patienten gilt die Gewichtsabnahme, die durch eine Veränderung des Lebensstils herbeigeführt wird, als die wirksamste und sicherste Methode zur Behandlung der NAFLD und zur Verringerung des Risikos für fortgeschrittene Formen von Lebererkrankungen wie Zirrhose oder Leberkrebs, Typ-2-Diabetes sowie Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Eine NAFLD findet sich aber auch bei schlanken Menschen. Diese Betroffenen haben entweder eine genetisch bedingte Veränderung des Unterhautfettgewebes (Lipodystrophie), erworbene Lipodystrophie-Syndrome oder eine HIV-Lipodystrophie, die alle durch eine dramatische Verringerung der Unterhaut-Fettmasse und eine Zunahme des Fettgewebes im Bauch und in der Leber gekennzeichnet sind.
Neue Ursache für erworbene Lipodystrophie entdeckt
Thomas Eigentler und Diana Lomberg von der Universitäts-Hautklinik Tübingen sowie Jürgen Machann und Norbert Stefan von der Abteilung Innere Medizin IV des Universitätsklinikums Tübingen, des Helmholtz Zentrums München und des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD) haben nun eine neue Ursache für die erworbene Lipodystrophie entdeckt.
Die Forschenden berichten über den Fall einer 45-jährigen Patientin mit der Diagnose Malignes Melanom, ein Hautkrebs, der mit dem programmierten Zelltodprotein-1 (PD-1)-Inhibitor (Immuncheckpoint-Inhibitor) Nivolumab wirksam behandelt wurde.
Laut den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben dieser und andere Immuncheckpoint-Inhibitoren die Behandlung von Krebs, insbesondere des Malignen Melanoms, revolutioniert.
Krebstherapie ist mit unerwünschten Ereignissen verbunden
Die Therapie mit diesen Immuncheckpoint-Inhibitoren ist aber auch mit unerwünschten Ereignissen verbunden, die oft die Haut, den Magen-Darm-Trakt, die Lunge und das endokrine System betreffen. Gegen Ende der Behandlung mit Nivolumab fanden Stefan und Kolleginnen und Kollegen bei ihrer Patientin sehr hohe Lipidwerte, einen neu entwickelten Diabetes sowie eine schwere Form einer NAFLD.
Dies kam völlig unerwartet, vor allem weil die Patientin 31 Kilogramm Körpergewicht verloren hat. Wie es in der Mitteilung heißt, ergaben die Gewebebiopsie ihres Unterhaut-Fettgewebes und die Magnetresonanztomographie die Diagnose einer erworbenen Lipodystrophie mit einer schweren Form der Entzündung ihres Fettgewebes.
Das könnte bei der Frau durch die immunmodulatorische Funktion von Immuncheckpoint-Inhibitoren ausgelöst worden sein, zumal bei der Patientin zuvor eine asymptomatische Mastozytose, eine immunzellbezogene Störung, diagnostiziert wurde.
Eine intensive pharmakologische Behandlung, insbesondere mit Pioglitazon, das eine Zunahme des Unterhaut-Fettgewebes herbeiführt, resultierte darin, dass ihr Leberfett, ihre Leberenzyme sowie ihre Lipidwerte wieder fast im Normalbereich lagen.
Die Ergebnisse der Tübinger Forschenden wurden in der Fachzeitschrift „Annals of Internal Medicine“ veröffentlicht.
Es kann zu einer Entzündung des Fettgewebes kommen
Norbert Stefan, Professor für Diabetologie an der Universität Tübingen und Gastprofessor an der Harvard Medical School in Boston, kommt zu dem Schluss, dass „es wichtig ist, dass Kliniker, die Patienten mit Checkpoint-Inhibitoren behandeln, sich eines neu identifizierten unerwünschten Ereignisses im Zusammenhang mit einer solchen Therapie bewusst sind.“
Dem Mediziner zufolge kann eine Entzündung des Fettgewebes auftreten, die zu einer schweren Fettleber führt. Bei diesen Patientinnen und Patienten könnte eine spezifische Pharmakotherapie hilfreich sein, die Mechanismen zur Erhöhung der Unterhaut-Fettmasse und damit zur Aufbewahrung der Lipide in einem sicheren Stauraum beinhaltet. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Tübingen: Fettleber bei schlanken Menschen – Tübinger Forscher entdecken eine neue Ursache, (Abruf: 04.03.2020), Universitätsklinikum Tübingen
- Thomas Eigentler, MD; Diana Lomberg, MD; Jürgen Machann, PhD; Norbert Stefan, MD: Lipodystrophic Nonalcoholic Fatty Liver Disease Induced by Immune Checkpoint Blockade; in: Annals of Internal Medicine, (veröffentlicht: 03.03.2020), Annals of Internal Medicine
- Deutsche Leberstiftung: Fettleberentzündung (Steatohepatitis) – häufigste Lebererkrankung in Deutschland, (Abruf: 04.03.2020), Deutsche Leberstiftung
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.