Auf dem Weg zur Impfung gegen das gefährliche Chikungunya-Virus
Das Chikungunya-Virus ist vor allem in Afrika, auf dem indischen Subkontinent und in Südostasien verbreitet. Der gefährliche Erreger sorgte in den vergangenen Jahren weltweit für Millionen Erkrankungen. Auch viele Touristen aus Europa haben sich damit infiziert. Bislang steht keine Impfung gegen das Virus zur Verfügung. Doch dank neuer Forschungsergebnisse könnte sich das womöglich bald ändern.
Mehrere Millionen Erkrankungen
„Das Chikungunya-Fieber ist eine tropische Infektionskrankheit, die durch Stechmücken übertragen wird“, erklärt der Berufsverband Deutscher Internisten (BDI) auf seiner Webseite „Internisten im Netz“. „Das Virus kommt vor allem in Afrika, auf dem indischen Subkontinent und in Südostasien vor“, schreiben die Experten, die darauf hinweisen, dass der Erreger schon zu mehreren Millionen Erkrankungen führte. Auch viele Touristen aus Europa erkrankten an Chikungunya-Fieber: Sie hatten die Krankheit von ihrer Reise mitgebracht. „Eine spezifische Therapie und eine Impfung gibt es derzeit noch nicht“, so die Mediziner. Doch das könnte sich womöglich bald ändern.
Lebendimpfstoff auf Basis eines gängigen Masern-Impfstoffs
Wie die Medizinische Universität (MedUni) Wien in einer Mitteilung berichtet, hat ein auf Basis eines gängigen Masern-Impfstoffs gentechnisch hergestellter Lebendimpfstoff großes Potenzial, gegen das Chikungunya-Virus zu wirken.
Das ist das zentrale Ergebnis einer nun abgeschlossenen Phase-II-Studie, die im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht wurde.
Involviert in die Studie waren auch zwei Abteilungen der MedUni Wien, das Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin unter Leitung von Ursula Wiedermann-Schmidt und die Abteilung für Klinische Abteilung mit einer Arbeitsgruppe sowie eine Forschungsgruppe der Med Uni Graz.
Den Lead bei der Studie hat die Universität Rostock gemeinsam mit der Wiener Biotechfirma Themis Bioscience GmbH inne.
Zwei Injektionen reichen
Den Angaben zufolge genügen zur Immunisierung zwei Injektionen, egal ob im Abstand von einem bzw. sechs Monaten – beide Male zeigte sich der neue Impfstoff, der auf der Basis eines modifizierte Masernvirus beruht, als wirksam und sicher.
Wie in der Mitteilung erklärt wird, wird der Impfstoff in den Muskel appliziert und löst im lymphatischen System die Antikörper-Produktion aus.
Wenn eine Infektion mit dem Chikungunya-Virus erfolgt, stehen diese Antikörper dann bereit, um das Virus zu neutralisieren, wodurch es nicht zum Ausbruch der Krankheit kommt.
„Die Ergebnisse der Phase-II-Studie mit 263 Probanden sind wirklich vielversprechend hinsichtlich Immunogenität, Sicherheit und Verträglichkeit des Impfstoffs“, sagte Wiedermann-Schmidt.
Der Impfstoff ist ein Lebendimpfstoff auf der Basis des Masern-Virus-Impfstamms, der genetisch modifiziert wurde, um die Oberflächenproteine von Chikungunya zu exprimieren.
Schon nach einmaliger Impfung kommt es zur Bildung von neutralisierenden Antikörpern.
Ein zusätzlicher Bonus dieses Impfstoffs sei, dass eine vorbestehende Masernimmunität nicht die Wirksamkeit des Impfstoffs beeinträchtigt, im Gegenteil, es kommt zur Erhöhung/Booster der Schutzstoffe/Antikörper gegen Masern.
Die Erkenntnisse der Phase-II-Studie müssen nun in einer Phase III evaluiert werden. Werden sie bestätigt, dann könnte, so Wiedermann, schon in wenigen Jahren erstmals ein wirksamer Impfstoff auf den Markt kommen.
Beschwerden können Monate anhalten
Das Chikungunya-Fieber wird häufig als eine Mischung aus Arthrose und Grippe beschrieben. Infizierte leiden nach einer kurzen Inkubationszeit unter Symptomen wie starken Kopfschmerzen, Gelenk- und Gliederschmerzen.
Auch Beschwerden wie Lymphknotenschwellung, juckender Hautausschlag, Schleimhautblutungen oder Magen-Darm-Beschwerden können auftreten.
Das anfängliche Fieber bei Chikungunya verschwindet in den meisten Fällen nach einigen Tagen wieder. Allerdings können die Beschwerden manchmal über Monate anhalten.
Auch wenn eine Infektion von selbst ausheilt, kann sie sehr langwierig verlaufen. Nach überstandener Krankheit kommt es dann aber zu lebenslanger Immunität.
Aktuell gibt es keine spezifische Behandlung, die das Chikungunya-Virus und die damit verbundene Erkrankung, die unter Umständen sogar tödlich verlaufen kann, stoppen könnte: „Zurzeit können wir nur die Symptome der Erkrankung versuchen zu lindern“, so Wiedermann-Schmidt.
Virus verbreitet sich weltweit
Laut der MedUni-Mitteilung nahm das Chikungunya-Virus seinen Anfang in Südostasien und dort insbesondere in Indonesien, Indien, Sri Lanka oder Thailand und verbreitete sich dann über Afrika und die karibischen Inseln bis nach Mittel- und Südamerika, den Süden der USA, Florida und Puerto Rico.
In Europa ist das Chikungunya-Fieber bisher hauptsächlich als importierte (Reise-) Erkrankung bei rückkehrenden Touristen diagnostiziert worden.
Einzige Ausnahme ist der regional begrenzte Ausbruch des Chikungunya-Fiebers in der italienischen Provinz Ravenna mit mehr als 300 Fällen im Jahr 2007.
Und in Südfrankeich kam es 2010 und 2014 zu einigen „autochthonen“ Fällen, d.h. regional isoliert.
Übertragen wird das Virus durch tagesaktive Stechmücken, insbesondere durch die sogenannten Tiger-Moskitos.
„Eine weitere Ausbreitung auch bei uns in Mitteleuropa ist durchaus realistisch. Diese Stechmücken werden durch Reisetätigkeit und Warentransport immer weiter verschleppt“, betonte Wiedermann-Schmidt. (ad)
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