Zur Therapie von Brustkrebs werden seit einigen Jahren Antikörper erforscht, die gezielt an bestimmte Krebszellen binden und eine chemische Substanz einbringen, durch welche die Zellen absterben. Wissenschaftlern der Universität und der Universitätsklinik Basel ist es nun erstmals mit Erfolg gelungen, ein solches „Antikörper-Wirkstoff-Konjugat“ mit einer Immuntherapie zu kombinieren. Dieser Ansatz eröffne neue Möglichkeiten bei der Behandlung von Brustkrebs, berichten die Forscher um Prof. Alfred Zippelius in der Fachzeitschrift „Science Translational Medicine.“
Mehr als 75.000 betroffene Frauen im Jahr
Derzeit erkranken in Deutschland nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) jährlich 75.200 Frauen neu an Brustkrebs (Mammakarzinom), mehr als 17.000 sterben daran. Dabei steigt das Erkrankungsrisiko ab dem 50. Lebensjahr deutlich an, das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 64 Jahren. Auch Männer können von der Krankheit betroffen sein, doch das kommt mit jährlich etwa 600 diagnostizierten Fällen vergleichsweise selten vor. Die Heilungschancen bei einem Brustkrebs lassen sich nicht verallgemeinern, sondern hängen von verschiedenen Faktoren wie z.B. der Art des Tumors, dem Krebsstadium sowie dem Alter und dem allgemeinen Gesundheitszustand der Patientin ab. Generell gilt hier jedoch wie bei allen anderen Krebsarten auch: Je früher der Krebs entdeckt wird, desto höher sind die Heilungschancen.
Kombination zweier bewährter Behandlungsmethoden
Nun könnte eine Kombination aus Immun- und Chemotherapie eine neue, vielversprechende Option zur Behandlung von Brustkrebs darstellen. Denn Forscher der Universität und des Universitätsspitals Basel verknüpften die beiden gängigen Therapien erstmals erfolgreich miteinander und konnten dadurch offenbar einen noch positiveren Effekt erkennen, so die Mitteilung der Universität.
Es zeigte sich, dass Mäuse, die mit der Kombitherapie behandelt worden waren, deutlich länger überlebten als diejenigen, die nur eine der beiden Behandlungen erhalten hatten. „Die meisten der Mäuse konnten komplett geheilt werden. Sie blieben dauerhaft tumorfrei“, so der Hauptautor Philipp Müller im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“. Darüber hinaus hätten die Tiere dem Forscher nach selbst nach der Transplantation weiterer Tumorzellen keinen neuen Krebs entwickelt.
Wissenschaftler konzentrieren sich auf HER2-positiven Brustkrebs
Die Forscher um Prof. Alfred Zippelius konzentrierten sich bei ihrer Untersuchung auf den sogenannten „HER2-positiven Brustkrebs“, von dem etwa 15 bis 20 Prozent der Brustkrebs-Patientinnen betroffen sind. Dieser gilt als besonders aggressiv, da er vergleichsweise schneller wächst und es häufiger zu Rückfällen (Rezidiven) kommt. Sie verwendeten für die neue Behandlungsmethode zum einen so genannte „Antikörper-Wirkstoff-Konjugate“ (Antibody-drug-conjugates, kurz: ADCs), welche schon seit einigen Jahren in der Krebstherapie zum Einsatz kommen. Diese haben eine doppelte Wirkung: Einerseits bestehen sie aus einem Antikörper, welcher gezielt an der Oberfläche von Tumorzellen binden und dadurch wichtige Signalwege für das Zellwachstum unterbrechen kann. Andererseits transportieren die ADCs eine chemische Substanz in den Tumor, die den Tod der Zelle auslöst, so die Mitteilung der Universität.
Immuntherapie war bislang bei schwarzem Haut- und Lungenkrebs erfolgreich
Die Wissenschaftler setzten dabei das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat „Trastuzumab-Emtansin“ (T-DM1) ein, welches in der EU als Medikament zur Behandlung bei fortgeschrittenem HER2-positivem Brustkrebs zugelassen ist. Das T-DM1 kombinierten sie in einer präklinischen Studie an Mausmodellen mit einer zusätzlichen Immuntherapie, welche die Aktivierung des Immunsystem für die Bekämpfung der Tumore zum Ziel hat. Immuntherapeutische Ansätze seien bislang vor allem bei schwarzem Haut- sowie Lungenkrebs erfolgreich eingesetzt worden, berichten die Forscher im Gespräch mit der Nachrichtenagentur „dpa“. Doch ein Problem waren bei der bisherigen Form die so genannten molekularen Bremsen („Checkpoints“), so die Experten weiter. Denn durch diese werde zwar eine zu extreme Immunreaktion verhindert, gleichzeitig würden aber auch die Abwehrzellen bei der Bekämpfung des Tumors blockiert.
Übertragbarkeit auf den Menschen sei gegeben
Die aktuelle Untersuchung an Mäusen deute jedoch darauf hin, dass die Wirkung der Immuntherapie durch Antikörper-Wirkstoff-Konjugate möglicherweise deutlich verstärkt werden könnte. „Die Übertragbarkeit auf den Menschen halten wir für gegeben”, erklärte Philipp Müller. Auch wenn für diesen Versuch Brustkrebs als Modell gewählt wurde, sei davon auszugehen, dass die Methode auch bei anderen Tumorarten erfolgreich eingesetzt werden könne. Eine erste klinische Studie werde demnach derzeit bereits vorbereitet: „Unsere Resultate deuten darauf hin, dass sich Antikörper-Wirkstoff-Konjugate für eine Verwendung in einer Kombinationstherapie eignen, was neue Perspektiven für die Behandlung von Brustkrebs eröffnet“, so Dr. Philipp Müller. (nr)
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