Forscher identifizieren bisher unbekanntes Anti-Krebs-Protein
Die Behandlungsmöglichkeiten bei Krebserkrankungen sind je nach Art des Tumors und dem Krankheitsstadium äußerst unterschiedlich. Bei Leberzellkrebs stehen die Heilungschancen für die Betroffenen bislang oftmals eher schlecht, was zum einem mit der vielfach verspäteten Diagnose zusammenhängt und anderseits auf die eingeschränkten therapeutischen Optionen zurückgeht. Jetzt haben Wissenschaftler allerdings ein Protein entdeckt, dass sowohl bei der frühzeitigen Diagnose als auch bei der Behandlung von Leberzellkrebs hilfreich sein könnte.
Das internationale Forscherteam um Professor Michael N. Hall vom Biozentrum der Universität Basel hat nach eigenen Angaben „ein neues Anti-Krebs-Protein“ identifiziert. Das Protein LHPP verhindere die ungebremste Vermehrung von Krebszellen in der Leber. Zudem eigne sich das Protein als Biomarker für die Diagnose und Prognose von Leberzellkrebs, so die Mitteilung der Universität Basel. Ihre Forschungsergebnisse haben die Wissenschaftler in dem Fachmagazin „Nature“ veröffentlicht.
Häufigkeit von Leberkrebs steigt
Die Häufigkeit von Leberkrebs ist laut Angaben der Forscher in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. So habe sich beispielsweise in der Schweiz die Zahl der Erkrankungen in den letzten zwanzig Jahren nahezu verdoppelt. Oftmals stehen die Heilungschancen für die Betroffenen dabei eher schlecht, weil die Krebserkrankung – angesichts fehlender Symptome im Frühstadium – erst spät entdeckt wird und die Leber schon stark geschädigt ist, berichten die Wissenschaftler.
Entscheidende Bedeutung der Tumorsuppressoren
„Lebertumore entwickeln sich aus vorgeschädigten Zellen, die unkontrolliert wachsen und sich unbegrenzt vermehren“, erläutern die Experten. Durch sogenannte Tumorsuppressoren (spezielle Proteine) werde ein übermäßiges Zellwachstum jedoch unterbunden. Diese Anti-Krebs-Proteine seien in den Krebszellen jedoch häufig defekt. Das jetzt identifiziert LHPP bildet einen dieser Tumorsuppressoren. In der aktuellen Studie konnten die Forscher nachweisen, „dass der Verlust von LHPP das Tumorwachstum vorantreibt und die Überlebenschance von Krebspatienten verringert.“
Mehr als 4.000 Proteine untersucht
Laut Angaben der Universität Basel entwickelte das Forschungsteam ein Mausmodell für das Leberzellkarzinom, in dem sie das Wachstumsprotein mTOR in der Leber aktivierten. Anschließend analysierten sie insgesamt mehr als 4.000 Proteine und verglichen diese im gesunden und im Krebsgewebe. Im Rahmen der Untersuchungen habe sich eine Enzym als besonders vielversprechend herauskristallisiert – die Histidin-Phosphatase LHPP, so die Mitteilung der Universität Basel.
LHPP fehlte in Tumorproben
„Es war sehr auffällig, dass LHPP nur im gesunden Gewebe vorkommt und in den Tumorproben gänzlich fehlt“, betont Erstautor Sravanth Hindupur in der Pressemitteilung der Universität zu den Studienergebnissen. Bei den Tieren, denen die genetische Information für LHPP wieder eingebaut wurde, seien keine Tumore entstanden und auch ihre Leberfunktion sei erhalten geblieben. „Ähnlich wie beim Mausmodell konnten wir auch in Tumoren von Patienten mit Leberkrebs markant verringerte LHPP-Spiegel sehen“, berichtet Hindupur weiter.
Bessere Diagnose und Prognose des Krankheitsverlaufs möglich?
Die Forscher stellten außerdem fest, dass sowohl der Schweregrad der Erkrankung als auch die Lebenserwartung direkt mit der Menge an LHPP zusammenhängt. „Bei einem vollständigen Verlust des Anti-Krebs-Proteins sterben die Krebspatienten im Durchschnitt zwei Jahre früher“, berichtet die Universität Basel. Somit wäre das Protein auch als Biomarker zur Diagnose und Prognose des Krankheitsverlaufs geeignet. LHPP bildet eine Phosphatase, welche von Proteinen all jene Phosphatgruppen entferne, die an einem Histidin hängen, erläutern die Wissenschaftler die Funktion von LHPP. Histidin gehöre wie alle Aminosäuren zu den Grundbausteinen der Proteine.
Neue Ebene der Tumorentstehung sichtbar gemacht
Bislang war die sogenannte Histidin-Phosphorylierung von Proteinen „kaum erforscht, da es keine geeigneten Werkzeuge gab“, berichten die Experten. Für die aktuellen Untersuchungen habe allerdings „Tony Hunter vom Salk Institute in den USA neue Tools zur Verfügung gestellt“, mit denen „wir nun eine ganz neue Ebene der Tumorentstehung sichtbar machen konnten“, betont Hindupur. Es sei deutlich geworden, dass der Mangel am Anti-Krebs-Protein LHPP dazu führt, dass die Proteine über das normale Maß hinaus am Histidin phosphoryliert sind. Dies fördere das unkontrollierte Zellwachstum und damit auch die Entstehung von Tumoren. Vermutlich spiele LHPP auch bei anderen Krebserkrankungen eine Rolle, so das Fazit der Wissenschaftler. (fp)
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