Intelligentes Pflaster mit Lichtschalter soll Medikation revolutionieren
Längst nicht jeder Wirkstoff ist dazu geeignet oral oder über eine Spritze aufgenommen zu werden. Dabei bleibt unsere größtes Organ vielfach ungenutzt. Die Haut bietet die größte durchlässig Fläche, um Wirkstoffe aus Arzneien aufzunehmen. Forschende aus der Schweiz entwickeln zur Zeit ein neuartiges Pflaster, dass über integrierte Behälter Wirkstoffe an die Haut abgibt. Gesteuert wird diese Abgabe über das Licht.
Kleinste Nanobehälter sind in dem intelligenten Pflaster integriert, die mit den verschiedensten Wirkstoffen befüllt werden können. Die Wirkstoffe können durch Lichtsignale gezielt abgegeben werden. Dies eröffnet völlig neue Methoden in der medikamentösen Therapie. Das lichtgesteuerte Pflaster wird derzeit von Forschenden der Empa und der Universität Fribourg entwickelt. Eine Studienarbeit zu diesem Thema wurde kürzlich in dem „Journal of the American Chemical Society“ veröffentlicht.
Medizin, die durch die Haut geht
Einige Wirkstoffe lassen sich heute schon als Pflaster gut über die Haut applizieren, wie zum Beispiel Nikotinersatz, bestimmte Schmerzmittel oder Empfängnisverhütungsmittel. Dieses Repertoire könnte sich mit dem neuen Pflaster stark erweitern, wie Forschende der Empa in St. Gallen und des Adolphe Merkle Instituts der Universität Fribourg berichten. Mit der neuen Technik könnte die Dosierung von Wirkstoffen exakt über Lichtsignale kontrolliert werden.
Wie funktioniert das neue Pflaster-System
Um die Wirkstoffe im Pflaster präzise steuern zu können, hat das Forschungsteam einen molekularen Lichtschalter entwickelt, der von der Natur inspiriert ist. „Unser Lichtschalter arbeitet nach dem Prinzip der Netzhaut im menschlichen Auge“, erläutert Luciano Boesel vom Empa-Labor für Biomimetische Membranen und Textilien in einer Pressemitteilung zu den Studienergebnissen. Wie die natürlichen Farbstoffe im Auge könnten auch diese synthetischen Photochrome durch Licht aktiviert werden. Diese Schalter wurden in mikroskopisch kleine Polymer-Nanokugeln eingebaut, die über ein Lichtsignal dann den Inhalt mit dem Wirkstoff freigeben.
Hightech Pflaster
Eine bestimmte Wellenlänge des Lichts veranlasst bei den integrierten Nanoreaktoren eine Strukturänderung. Die Hülle wird infolge durchlässig und die enthaltenen Wirkstoffe können entweichen. Bei einer anderen Wellenlänge kommt diese Reaktion innerhalb von Sekunden zum Erliegen und der Wirkstoff wird nicht weiter freigegeben.
Ein tragbares Medikamenten-Reservoire
Das neue Pflaster kann als tragbares Medikamenten-Reservoire dienen, dass punktgenau Wirkstoffe abgibt, wann immer sie gebraucht werden. „Es lassen sich Lichtschalter für das gesamte Spektrum zwischen 450 und 700 Nanometern Wellenlänge nutzen, also für farbiges Licht von Blau bis Rot“, berichtet Boesel. Dadurch ergebe sich ein Spielraum für die gesteuerte Abgabe mehrerer Medikamente bis hin zu komplexen Reaktionskaskaden in nur einem einzigen Pflaster.
Weitere Optimierung erforderlich
Derzeit arbeitet das Team mit Unterstützung des Nationalfonds und des National Center of Competence in Research for Bio-Inspired Materials daran, das lichtsensitive Pflaster weiter zu optimieren. „Zunächst werden wir die exakt kontrollierbare Abgabe von Substanzen untersuchen, die bereits für die Anwendung durch die Haut zugelassen sind wie etwa bestimmte Schmerzmittel“, resümiert Boesel. In Zukunft seien jedoch viele weitere Behandlungen mit dem Pflaster denkbar. (vb)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.