Stichprobe bei Apotheken ergab, dass viele unnötige Medikamente verkaufen
Gerade in der Herbst- und Winterzeit fürchten viele Menschen eine Erkältung zu bekommen. Sie versuchen häufig einer solche Erkrankung vorzubeugen, indem sie ihre Abwehrkräfte stärken. Dafür gehen sie nicht selten in die Apotheke. Dort werden sie allerdings häufig schlecht beraten und nicht selten verlassen sie die Apotheke mit eigentlich überflüssigen Medikamenten. Zu diesem Schluss kommen Experten des Wirtschafts- und Verbrauchermagazins Markt nach einer durchgeführten Stichprobe.
Eigentlich sollte eine Beratung in der Apotheke dazu führen, dass Menschen danach ohne Fragen oder Unklarheiten, aber dafür mit den richtigen Medikamenten wieder nach Hause gehen können. Eine Stichprobe des Wirtschafts- und Verbrauchermagazins Markt im NDR Fernsehen ergab jetzt aber, dass viele Menschen in Apotheken schlecht beraten werden und zusätzlich häufig überflüssige Medikamente erhalten. Beinahe alle bei der Stichprobe überprüften Apotheken machten ein gutes Geschäft durch den Verkauf von solchen Medikamenten. Die Rücksicht auf Patienten scheint dabei leider häufig auf der Strecke zu bleiben.
Herbst und Winter ist Virenzeit
Gerade im Herbst und Winter kommt es zu vielen Erkrankungen durch Viren. Scheinbar nutzen Apotheken oft eine fehlerhafte Beratung zur Erkältungsabwehr, um so eigentlich überflüssige Medikamente zu verkaufen. Bei der Stichprobe vom NDR empfahlen ganze neun von zehn Apotheken solche Präparate zum Erkältungsschutz.
In neun von zehn Fällen verkauften Apotheken überflüssige Produkte
Das Wirtschafts- und Verbrauchermagazin Markt testete die Apotheken immer mit der gleichen Fragestellung: „Ich bin gesund, möchte mich aber in der Erkältungszeit vor einer Ansteckung schützen“, so die Pressemitteilung des NDR. Die Beratung sei in neun von zehn Fällen zu dem Ergebnis gekommen, dass Betroffene Präparate zum Schutz vor einer Erkältung und zur Stärkung des Immunsystems einnehmen sollten.
Wenn es Ihnen gut geht, brauchen Sie keine Mittel zur Prophylaxe
In der Pressemeldung des NDR rät der Allgemeinmediziner Dr. Martin Scherer von der Uni-Klinik Hamburg-Eppendorf ausdrücklich von solchen Mitteln zur Prophylaxe ab. Bei einer Erkältung gebe es eine Vielzahl von Bakterien. Hier das Immunsystem unspezifisch stimulieren zu wollen, ist nicht sinnvoll, erläutert Dr. Scherer. Wenn es einem Menschen gut geht, bestehe kaum Notwendigkeit zu einer weiteren Optimierung. Angebotene Produkte aus Apotheken führen zu einer sogenannten unspezifischen Aktivierung des Immunsystems. so der Mediziner. Mit anderen Worten ausgedrückt: Für diese Produkte gibt es keinerlei belastbare Wirksamkeitsbelege.
Testkäufer zahlten bis zu 50 Euro für unnötige Produkte
Bei den durchgeführten Testkäufen zahlten die Käufer pro Apotheke zwischen 6,75 Euro und knapp 50 Euro. Dieses Geld kann aus der Sicht von Pharmakologen gespart werden. „Es ist ein Verkaufen von Produkten, die mit dem Immunsystem wenig zu tun haben, und insofern ist es in den meisten Fällen Geschäftemacherei“, erläutert der Pharmakologe Gerd Glaeske in der Pressemeldung des NDR. Solche Mittel taugen nicht viel zum Schutz vor Erkältungen. „Die Präparate sind teuer, aber in der Wirksamkeit ausgesprochen zweifelhaft“, fügt Glaeske hinzu.
Vorsicht bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln
Gerade sogenannte Nahrungsergänzungsmittel sind nur für Menschen vorgesehen, welche krankheitsbedingt oder durch eine lang andauernde Fehlernährung an bestimmten Mangelerscheinungen leiden. Eine Einnahme sollte mit einen Arzt besprochen werden.
Kinder sollten besonders vorsichtig bei der Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel sein
In Apotheken wurden bei Testkäufen auch häufig Nahrungsergänzungsmittel für Kinder (meist Zink) verkauft. In sieben von zehn Apotheken verkauften die Betreiber solche Nahrungsergänzungsmittel. Bei Kindern sind diese Mittel nicht nur überflüssig, sondern sie können auch gefährliche Auswirkungen haben, sagen die Experten. „Gerade in der Wachstumsphase ist von einer unspezifischen Stimulierung des Immunsystems abzuraten, gerade auch, weil Überreaktionen induziert werden können, und deshalb würde ich dazu raten, generell damit vorsichtig zu sein”, erläutert Dr. Martin Scherer vom UKE.
Apotheken haben eine Beratungspflicht
Apotheker sind gesetzlich verpflichtet ihre Kunden zu beraten. Eine sogenannte ausführliche Kundenberatung ist laut der Apothekenbetriebsordnung seit dem 1. Juni 2012 Pflicht. „Die Berufsorganisationen der Apotheker haben ein hohes Interesse daran, dass in den Apotheken vor Ort gut beraten und die Beratungsqualität kontinuierlich gesteigert wird. Aber bei rund 20.000 Apotheken mit 150.000 Mitarbeitern und etwa 3,6 Millionen Patientenkontakten täglich können wir natürlich nicht garantieren, dass jeder einzelne Beratungsfall zur vollsten Zufriedenheit verläuft“, schrieb die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) auf Anfrage von Markt.
Nur eine Apotheke verkaufte während der Stichprobe keine unnötigen Produkte
Bei der durchgeführten Stichprobe gab es nur eine Apotheke, welche überhaupt keine Produkte verkaufte. Stattdessen wurden verschiedene Regeln zur gesunden Lebensweise empfohlen. Sie sollten demnach auf eine ausgewogene Ernährung, frische Luft und Bewegung achten. Außerdem sollten Sie sich öfter die Hände waschen, weil Erkältungsviren vor allem über die Hände übertragen werden. In der sogenannten Erkältungszeit könne bei der Begrüßungen und der Verabschiedung auf einen Händedruck verzichtet werden. Generell sollten größere Menschenansammlungen gemieden und kranken Menschen sollte aus dem Weg gegangen werden, so die Ratschläge der Experten. Auch die Vermeidung von Stress wurde als weiterer wichtiger Punkt in der Erkältungsprophylaxe genannt. (as)
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