Ist Omega-3 das Geheimnis der Langlebigkeit?
Rauchen und viele weitere Faktoren liefern Medizinerinnen und Medizinern einen Hinweis über die ungefähre Lebensdauer, die eine Person erwarten kann. Ein amerikanisches Forschungsteam fand nun heraus, dass der Omega-3-Index eines Menschen ebenfalls ein starker Prädiktor zur Einschätzung der Lebenserwartung ist.
Die Auswertung neuster Daten aus der sogenannten Framingham-Herz-Studie haben gezeigt, dass ein niedriger Omega-3-Index ein starker Prädiktor für einen frühen Tod ist. Die Aussagekraft des Omega-3-Spiegels über die zu erwartende Lebenszeit sei ähnlich stark wie der Raucher-Status einer Person. Die Forschungsergebnisse wurden kürzlich in dem renommierten Fachjournalen „Nature Communications“ und „American Journal of Clinical Nutrition“ präsentiert.
Eine der längsten Studien der Welt
Die Framingham-Studie ist eine der am längsten laufenden Studien der Welt. Sie startete bereits im Jahr 1948 in Framingham (Massachusetts, USA) mit dem Ziel, Ursachen und Risiken der koronaren Herzkrankheit (KHK) und der Arteriosklerose in der Bevölkerung aufzudecken. Mittlerweile befindet sich die Studie in der dritten Generation von Teilnehmenden. Die Studie lieferte bereits einzigartige Einblicke in die Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen und führte zur Entwicklung der Framingham Risk Score, die auf acht Standard-Risikofaktoren basiert:
- Alter,
- Geschlecht,
- Raucherstatus,
- Behandlung von Bluthochdruck,
- Diabetesstatus,
- systolischer Blutdruck,
- Gesamtcholesterin (TC),
- HDL-Cholesterin.
Die in der Studie gewonnenen, umfangreichen und generationsübergreifenden Daten werden mittlerweile auch für andere Studien herangezogen, die vom ursprünglichen Forschungszweck abweichen. Die Arbeitsgruppe der aktuellen Studie analysierte die Daten auf bislang unbekannte Biomarker, die eine Aussage über die Lebenserwartung treffen können.
Tod durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind nach wie vor die häufigste Todesursache weltweit. Das Risiko kann durch die Änderung von Verhaltensfaktoren reduziert werden. Hier sind vor allem ungesunde Ernährung, körperliche Inaktivität sowie Tabak- und Alkoholkonsum als Risikofaktoren zu nennen.
Auf der Suche nach Biomarkern für vorzeitigen Tod
Die Forschenden suchten in den Daten der Framingham-Studie nach Biomarkern, die Risikopersonen identifizieren, für die ein vorzeitiger Tod prognostiziert wird. Die Kenntnis solcher Biomarker könnte dabei helfen, betroffene Personen schneller zu erkennen, um geeignete Interventionen vorzuschlagen.
Wie sich herausstellte, lieferte unter den ernährungsbasierten Biomarkern der Omega-3-Spiegel den deutlichsten Zusammenhang mit dem Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen sowie mit der Gesamtmortalität.
Geringstes Risiko für Tod bei hohem Omega-3-Index
Unter 2.500 Teilnehmenden, die im Durchschnitt 7,3 Jahre lang im Alter zwischen 66 und 73 Jahren beobachtet wurden, war der Omega-3-Index signifikant mit der Gesamtmortalität verbunden. Die Wahrscheinlichkeit, während der Nachbeobachtungzeit zu versterben, war bei den Personen mit dem höchsten Omega-3-Spiegeln um 33 Prozent geringer als bei denen mit dem niedrigsten Omega-3-Index.
Was sagt der Omega-3-Index aus?
Der Omega-3-Index misst die Menge an Docosahexaensäure (DHA) und Eicosapentaensäure (EPA) – die zwei wichtigsten Omega-3 Fettsäuren – in den roten Blutkörperchen. Ein optimaler Omega-3-Index liegt dem Forschungsteam zufolge bei acht Prozent oder höher, ein mittlerer Omega-3-Index liegt zwischen vier und acht Prozent und ein niedriger Omega-3-Index liegt bei unter vier Prozent. Die meisten Menschen in Amerika haben einen Omega-3-Index von unter vier Prozent, betont die Arbeitsgruppe.
Gute Omega-3-Quellen
Die Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA sind typischerweise in fettem Fisch wie Sardellen, Heringen, Makrelen, Sardinen und Lachs enthalten sowie in Omega-3-Ergänzungsmitteln wie Fisch- und Algenöl. Gute pflanzliche Quellen für Omega-3-Fettsäuren sind beispielsweise Leinöl, Walnußöl und Rapsöl.
Aufgabe von Omega-3 im Körper noch nicht verstanden?
Die Forschenden waren überrascht, dass der Omega-3-Index eine ähnlich starke Vorhersagekraft für die Lebenserwartung hat, wie gut etablierte Standard-Risikofaktoren wie beispielsweise der Raucherstatus. Dies deutet darauf hin, dass Omega-3-Fette an nicht ausreichend verstandenen Mechanismen im Körper beteiligt sind.
Hohe Lebenserwartung in Ländern mit hohem Omega-3-Index
„Es ist interessant festzustellen, dass in Japan, wo der mittlere Omega-3-Index über acht Prozent liegt, die erwartete Lebenserwartung etwa fünf Jahre länger ist als in den Vereinigten Staaten, wo der mittlere Omega-3-Index etwa fünf Prozent beträgt“, erörtert Forschungsleiter Michael McBurney. Auch in der Mittelmeerregion, wo viel Fisch und Meeresfrüchte gegessen werden, herrsche eine lange Lebenserwartung. Die mediterrane Ernährung zählt zu den gesündesten Ernährungsstilen der Welt.
Leben verlängern: Rauchen stoppen und mehr Omega-3 essen
„Im endgültigen kombinierten Modell scheinen Rauchen und der Omega-3-Index die am leichtesten zu verändernden Risikofaktoren zu sein“, betont McBurney. Ein Raucher im Alter von 65 Jahren verliere im Durchschnitt vier Lebensjahre im Vergleich zu Nichtrauchern. Die gleiche Lebensverkürzung sei bei einem niedrigen gegenüber einem hohen Omega-3-Index zu erwarten.
Wird Omega-3 als Standard-Risikofaktor etabliert?
„Die Informationen, die in den Konzentrationen der Fettsäuren in den roten Blutkörperchen enthalten sind, waren genauso nützlich wie die aus Lipidwerten, dem Blutdruck, dem Rauchen und dem Diabetes-Status, wenn es um die Vorhersage der Gesamtsterblichkeit geht“, resümiert Studienautor Dr. Bill Harris. Dies spreche für die Stärke des Omega-3-Index als Risikofaktor und sollte als genauso wichtig wie die anderen etablierten Risikofaktoren angesehen werden. (vb)
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Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Fatty Acid Research Institute (FARI): New Paper Published in Nature Communications Shows the Omega-3 Index Is a Strong Risk Predictor of Premature Death (veröffentlicht: 22.06.2021), faresinst.org
- Michael I McBurney, Nathan L Tintle, Ramachandran S Vasan, et al.: Using an erythrocyte fatty acid fingerprint to predict risk of all-cause mortality: the Framingham Offspring Cohort: in: American Journal of Clinical Nutrition, 2021, academic.oup.com
- Harris, W.S., Tintle, N.L., Imamura, F. et al. Blood n-3 fatty acid levels and total and cause-specific mortality from 17 prospective studies. Nat Commun 12, 2329 (2021), nature.com
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.