Eine Nierenerkrankung kommt selten allein
Bis zu sechs Millionen Menschen in Deutschland leiden unter einer Nierenschwäche. Diese wird oftmals erst viel zu spät erkannt, weil die nachlassende Nierenfunktion zunächst keinerlei Beschwerden verursacht. Im fortgeschrittenen Stadium wendet sich jedoch das Blatt. Die Nierenschwäche kann verantwortlich für zahlreiche schwere Begleiterkrankungen wie Herzschwäche, Herzinfarkt oder einen Schlaganfall sein. Expertinnen und Experten warnen: Die Zahl der möglichen Folgeerkrankungen ist bei Nierenpatienten so hoch wie in keinem anderen medizinischen Fachbereich.
Fachleute der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) klären darüber auf, wie wichtig es ist, dass eine Nierenschwäche möglichst früh entdeckt und behandelt wird. Denn die Niere reguliert den Salzhaushalt, trägt zur Blutbildung bei und ist eng mit dem Protein-, Energie- und Knochenstoffwechsel verbunden. „Störungen der Nierenfunktion wirken sich daher prinzipiell auf den ganzen Körper aus“, betont Professor Dr. med. Jürgen Floege, Vorsitzender der DGIM.
Zahlreiche Folgeerkrankungen möglich
Die Therapie von Nierenerkrankungen zählt zu den komplexesten Aufgaben der Medizin. Kaum eine andere Erkrankung kann so schwerwiegende und unterschiedliche Begleiterkrankungen hervorrufen. Laut dem DGIM-Team ist die Niereninsuffizienz der stärkste Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzschwäche, Herzinfarkt oder Schlaganfall. Zudem seien Ödeme wie Wasser in den Beinen oder in der Lunge eine häufige Begleiterscheinung bei Nierenschwäche. Hinzu kommen mögliche Störungen des Nervensystems und ein gestörter Knochenstoffwechsel, der das Risiko für Knochenbrüche ansteigen lässt. „Man kann etwas pauschaliert sagen, dass Patienten mit Niereninsuffizienz in vielerlei Hinsicht schneller altern als Nierengesunde“, fasst Floege zusammen.
Nierenerkrankungen haben folgenschwere Auswirkungen
Aus einer aktuellen Analyse von 2,6 Millionen Krankenversicherten ging hervor, dass Patientinnen und Patienten mit Nierenproblemen bei der Gesamtkomplexität des Krankheitsbildes an erster Stelle liegen. Der Analyse zufolge hatten Nierenerkrankte im Durchschnitt 4,2 zusätzliche Krankheiten, mussten 14,2 unterschiedliche Medikamente einnehmen, hatten ein Sterberisiko von 6,6 Prozent pro Jahr sowie die höchste Wahrscheinlichkeit, innerhalb eines Jahres pflegebedürftig zu werden. „Damit weisen nephrologische Patienten bei vier von neun Komplexitäts-Parametern die höchsten Werte auf und liegen auch bei der Ermittlung der Gesamtkomplexität an erster Stelle“, betont Floege in einer Pressemitteilung der DGIM.
Nierenerkrankungen müssen im Ganzen betrachtet werden
Aufgrund der vielfältigen Auswirkungen, die eine Nierenschädigung auf andere Organsysteme hat, sollte stets der ganze Patienten im Blick behaltenn werden, so der Experte. Dabei müsse auch stets die Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Medikamenten berücksichtigt werden, denn 90 Prozent der Inhaltsstoffe werden über die Niere ausgeschieden. Aufgrund der erheblichen Komplexität unterstreicht der Vorsitzende die Wichtigkeit der Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Fachbereichen. „Die Innere Medizin sollte eine Einheit bilden, deren Teildisziplinen stets im Austausch bleiben – und jeder Einzelne sollte sich trotz der notwendigen Spezialisierung doch immer den breiten Blick des ganzheitlich ausgebildeten Internisten bewahren“, rät der Professor. (vb)
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