Schlechte Noten auf Bewertungsportalen wie Jameda oder Sanego könnnen für Ärzte ein böses Nachspiel haben. Dies musste auch ein Zahnarzt erleben, der von einem anonymen Nutzer unter anderem im Bereich „Behandlung“ die Note „Sechs“ bekam und dadurch um seinen Ruf bangen musste. Der Arzt zweifelte den tatsächlichen Besuch des Patienten an und zog vor Gericht. Nun entschied der Bundesgerichtshof (BGH), dass die Portale im Streitfall belegen müssen,dass es die benotete Behandlung auch wirklich gab.
Jeder Zweite informiert sich durch medizinische Bewertungsportale
Bei der Suche nach einem Arzt, ist für viele das Internet die erste Adresse. Bereits jeder zweite Internetnutzer informierte sich im Jahr 2013 auf medizinischen Bewertungsportalen, so das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Auftrag des Digitalverbands Bitcom. Dies entsprecht umgerechnet 28 Millionen Menschen, wobei Frauen (56 Prozent) die Angebote deutlich stärker nutzen als Männer (44 Prozent). „Das Bedürfnis nach verlässlichen Informationen über Ärzte, Krankenhäuser oder Behandlungsmethoden ist riesig“, sagte Bitkom-Experte Dr. Pablo Mentzinis in einer Mitteilung. Während sich Patienten früher Tipps von Bekannten geholt hätten, könnten sie diese heute umfassend und einfach im Internet erhalten, so Mentzinis weiter.
Doch helfen die Bewertungen anderer Patienten tatsächlich, wenn man im Krankheitsfall schnell einen guten Arzt finden möchte? Das lässt sich nicht einfach beantworten. Fest steht, dass die Portale umstritten sind, denn da sie sich immer wieder für negative Kommentare rechtlich verantworten müssen, werden diese hin und wieder vorsichtshalber gelöscht. Das sorgt wiederum für Unmut seitens der Nutzer und lässt bei vielen kritischen Usern den Eindruck entstehen, Ärzte könnten das Ergebnis ihrer Bewertungen durch gefälschte Lobesworte beeinflussen. „Es gibt fragwürdige Angebote, die Ärzten eine sogenannte Reputationspflege verkaufen”, erklärt Corinna Schaefer vom Ärztlichen Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ) in Berlin gegenüber „Zeit Online“.
Patient bewertet Zahnarzt mehrfach mit „ungenügend“
Ebenso besteht im Schutze der Anonymität natürlich die Möglichkeit, einem Arzt durch frei erfundene Kritik massiv zu schaden. Auch ein Zahnarzt zeigte sich empört über den Beitrag, die ein anonymer Nutzer im Ärztebewertungsportal Jameda hinterließ. „Ich kann [Name des Klägers] nicht empfehlen“ schrieb der Patient laut einer Mitteilung des Bundesgerichtshofs und war sich den mögliche Konsequenzen eines negativen Kommentars offenbar bewusst: „Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist – auch rechtlich – schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe“, wird der Nutzer weiter zitiert. In der Folge verteilte der Patient in den Bereichen „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ jeweils die Schulnote „6“, was zu einer Gesamtzensur von 4,8 für den Mediziner führte.
Der Zahnarzt bezweifelte jedoch, dass der Verfasser tatsächlich als Patient in seiner Praxis gewesen war und forderte jameda.de zur Löschung der schlechten Bewertung auf. Dem kam das Portal zunächst nach, stellte den Beitrag jedoch unter dem Hinweis auf eine „zwischenzeitlich erfolgte Prüfung“ wieder ein. Daraufhin zog der Mediziner vor Gericht und klagte auf Unterlassung. Anfang März urteilte schließlich der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe, dass die Betreiber eines Online-Bewertungsportals einer Beschwerde genau nachgehen müssten. Demnach sollte der Bewerter im Streitfall zu einer genauen Stellungnahme und zur Zusendung eventueller Belege aufgefordert werden (Az.: VI ZR 34/15), so eine weitere Mitteilung des Bundesgerichtshofs. (nr)
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