Gesundheitlicher Mehrwert von „probiotischen“ Joghurts kaum zu erkennen
24.09.2013
Immer mehr Verbraucher greifen zu so genannten „probiotischen“ Joghurts, die eine Stärkung der Abwehrkräfte und eine bessere Darmaktivität versprechen. Was auf den Verpackungen so vielversprechend klingt, entspricht jedoch in vielen Fällen nicht der Realität. Stattdessen ist ein gesundheitlicher Mehrwert kaum zu erkennen.
Vorteile für Immunsystem und Darmaktivität bleiben unklar
Probiotischer Joghurt wird immer populärer. Viele Verbraucher vertrauen den Versprechungen auf den Verpackungen und erhoffen sich gesundheitliche Vorteile durch den Verzehr. Inwiefern Joghurts mit Mikroorganismen sich jedoch tatsächlich positiv auf das Immunsystem und die Darmaktivität auswirken, bleibt unklar und wird laut dem Rostocker Medizinprofessor Andreas Podbielski häufig schlichtweg überschätzt: „Wir wissen leider nicht, welche Menschen von was und warum profitieren", so Podbielski im Vorfeld der 65. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie in Rostock, zu der rund 600 internationale Fachleute erwartet werden.
Joghurts mit Mikroorganismen können vernünftige Therapien nicht ersetzen
Obwohl der medizinische Nutzen von Joghurts mit Mikroorganismen nach Podbielski nur schwer nachvollziehbar sei, würde auch er Patienten mit einer gestörten Darmflora zum Teil zum Verzehr solcher Produkte raten. Dies sei nahezu für jeden ungefährlich: „Mit ganz geringen Ausnahmen, etwa bei schweren Schleimhautfunktionsstörungen, kann man auch nichts falsch machen“, so Podbielski weiter. Eine ernst zu nehmende Therapie könne dem Experten nach jedoch durch probiotische Milchprodukte nicht ersetzt werden, denn "wenn man eines Tages vernünftig probiotisch therapieren will, dann wird das keine Sache mehr der Supermärkte sein." Stattdessen müssten hier Ärzte und Apotheker die Kontrolle übernehmen, um Nebenwirkungen und Überdosierungen in Folge einer Selbstbehandlung zu vermeiden.
Öko-Test bescheinigt: Nicht alle Produkte „ohne Fehl und Tadel“
Die Skepsis gegenüber probiotischer Joghurts ist dabei nicht neu. Schon 2009 kam das Verbrauchermagazin „Öko-Test“ zu dem Ergebnis, dass nicht alle Produkte „ohne Fehl und Tadel“ seien:„Selbst wenn man davon ausgeht, dass die Einnahme bestimmter probiotischer Joghurts rein statistisch die Dauer von Erkältungen verkürzt oder für eine Linderung von Durchfall sorgt, heißt dies noch lange nicht, dass jeder gleichermaßen darauf anspricht.“ Eine Bewertung des Zusatznutzens für die Gesundheit sei dementsprechend laut Professor Knut J. Heller vom Max Rubner-Institut in Kiel schwierig, denn "die Studien sagen nur etwas über die Gruppe der getesteten Probanden aus, niemals über den einzelnen Konsumenten.“
Niederländischer Forscher widerlegt gesundheitlichen Mehrwert von „Activia“ Unmissverständliche Skepsis gegenüber den probiotischen Joghurts zeigte im letzten Jahr auch der Gesundheitsausschuss im Europaparlament, indem sämtlichen Herstellern untersagt wurde, ihre Produkte im Zusammenhang mit gesundheitsförderndem Nutzen zu bewerben.
Bestätigung erhalten die Kritiker durch immer mehr Studien, die die Wirkung der Produkte wie „Danone Activia“, „Danone Actimel“ oder „Nestlé LC1 Pur“ in Frage stellen. Der Ernährungswissenschaftler Martijn Katan aus den Niederlanden hatte bereits im Jahr 2008 in einem Forschungsprojekt das Produkt „Activia“ näher untersucht, „ein Joghurt-Produkt mit dem probiotischen Bakterium Bifidobacterium animalis DN-173 010.“ Der Hintergrund: Das produzierende Unternehmen „Danone“ hatte in den Niederlanden damit geworben, „dass Activia den Stuhlgang fördert“. Doch wie der Forscher in einem Fachartikel auf „PubMed“ schreibt, habe es für diese Behauptung „nicht genügend wissenschaftliche Beweise“ gegeben: „Außer in einer Untergruppe mit 19 von insgesamt 267 Patienten wurde keine signifikante Wirkung von Activia auf die Häufigkeit, Menge oder Konsistenz der Stühle gemeldet.“ (nr)
Bild: Medienleiter / markus leiter
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