Novartis muss Bewertung etablierter Arzneien akzeptieren
16.05.2013
Auch bei bereits etablierten Arzneimitteln darf der Nutzen überprüft werden. Die Nutzenbewertung auf dem Markt befindlicher Medikamente durch den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) ist in der bestehenden Form rechtmäßig, so das aktuelle Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg. Hier hatte das Pharmaunternehmen Novartis Pharma GmbH gegen die vom G-BA angeordnete Überprüfung der Arzneimittelwirkstoffgruppe der Gliptine (bestimmte Diabetes-Medikamente) Klage eingereicht.
Das Landessozialgericht bestätigte mit seiner Entscheidung die vom G-BA durchgeführte Nutzenbewertung bereits etablierter Arzneien und wies die Klage von Novartis ab (Az.: L 7 KA 112/12 KL). So müssen sich die beiden Diabetes-Medikamente des Pharmaunternehmens nun der geplanten Nutzenbewertung stellen, ohne dass die Novartis Pharma GmbH gegen diese isoliert Rechtsmittel in Form eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage einlegen könnten. Allerdings bleibt dem Pharmakonzern „nach wie vor die Möglichkeit, nach einer Schiedsamtsentscheidung nach Abschluss des Verfahrens Klage einzureichen“, erläuterte der unparteiische Vorsitzende des G-BA und Vorsitzende des zuständigen Unterausschusses Arzneimittel, Josef Hecken, in einer Pressemitteilung nach dem Urteilsspruch. Das Landessozialgericht habe „damit eine Entscheidung getroffen, die gewährleistet, dass Nutzenbewertungsverfahren sachgerecht durchgeführt werden können“, so Hecken weiter.
Nutzenbewertung bei Neuzulassungen von Arzneimitteln seit 2011 Standard
Die Bewertung des zusätzlichen Nutzens ist seit dem Jahr 2011 für alle Neuzulassungen von Arzneimitteln auf dem Deutschen Markt vorgesehen. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass lediglich Medikamente, welche tatsächlich die Situation der Patienten verbessern, von den Krankenkassen entsprechend vergütet werden. Während die Pharmaunternehmen bis zum Jahr 2010 die Preise ihrer Arzneien noch selbst bestimmen konnten, wird seit Einführung der Nutzenbewertung die Kostenübernahme durch die Krankenkassen von dem Zusatznutzen neuer Präparate abhängig gemacht. Bereits etablierte Arzneien genossen dabei zunächst eine Art Bestandsschutz, doch hat der G-BA für sechs Wirkstoffgruppen eine nachträgliche Überprüfung angeordnet. Ein Vorgehen, dass in der Pharmaindustrie für massive Beunruhigung gesorgt hat und so versuchte die Novartis Pharma GmbH mittels Klage vor dem Landessozialgericht, die nachträgliche Nutzenbewertung ihrer Diabetes-Medikamente Galvus und Eucreas zu verhindern.
Ausweitung der Nutzenbewertung auf etablierte Arzneien rechtmäßig
Nachdem die Rechtmäßigkeit des Verfahrens nun vom Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigt wurde, soll die Nutzenbewertung für die Diabetes-Präparate wie geplant zu Ende gebracht werden. Spätestens zum Jahresende wird mit einer Entscheidung gerechnet, auf deren Basis schließlich die Preisverhandlungen erfolgen können. Insgesamt ist die Nutzenbewertung der Arzneimittel ein durchaus erfolgreiches Modell, mit dessen Hilfe im Gesundheitswesen erhebliche Summen eingespart werden können, ohne die Behandlungsqualität zu beeinträchtigen. Zudem können die Pharmaunternehmen für neue Arzneien mit tatsächlichem Zusatznutzen auch weiterhin einen höheren Preis verlangen, nicht zuletzt, um die Kosten für Forschung und Entwicklung zu decken. Eine Ausweitung der Nutzenbewertung auf bestimmte Arzneien, die bereits vor dem Jahr 2011 zugelassen wurden, scheint nur folgerichtig. Allerdings äußerte der Verband forschender Pharmahersteller (vfa) weiterhin erhebliche Zweifel an der Sinnhaftigkeit einer solchen Ausweitung auf den Bestandsmarkt. Hier dürften auch die monetären Interessen der Pharmaindustrie eine Rolle spielen, da ihnen ein Milliardengeschäft entgehen könnte, wenn die etablierten Arzneien ihren Nutzen nicht bestätigen. (fp)
Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt, Pixelio
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