Warum den Blutdruck auch nachts messen?
Eine Messung des Blutdrucks kann abhängig von der Tageszeit zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen. Wird nur tagsüber gemessen, bleibt Bluthochdruck bei vielen Betroffenen unerkannt.
In einer retrospektiven Kohortenstudie von Fachleuten der University of Oxford wurde untersucht, wie wichtig die Messung des nächtlichen Blutdrucks bei der Diagnose von Bluthochdruck ist. Die Ergebnisse sind in dem „British Journal of General Practice“ veröffentlicht.
Phänotypen des systolischen Blutdrucks untersucht
Die Forschenden werteten die Blutdruckdaten aus zwei Kohortenstudien aus, wobei die eine Personen umfasste, die im Krankenhaus behandelt wurden, und die andere Gruppe aus Teilnehmende der sogenannten BP-Eth-Studie bestand, deren Daten in Hausarztpaxen erhoben wurden.
Das Team analysierte die Blutdruckdaten der Teilnehmenden aus beiden Kohorten, wobei besonders drei Phänotypen des systolischen Blutdrucks im Fokus standen. Diese untersuchten Phänotypen tragen die Bezeichnung Dipper, Non-Dipper und Reverse-Dipper, erläutern die Fachleute.
Fallen Menschen in die Kategorie Dipper, ist bei ihnen der nächtliche Blutdruck niedriger als am Tag. Non-Dipper sind Personen, bei denen es keine großen Unterschiede zwischen den Blutdruckwerten in der Nacht und am Tag gibt. Und Reverse-Dipper sind Personen, bei denen der Blutdruck in der Nacht höher ausfällt als am Tag, so das Team.
Rund die Hälfte Reverse-Dipper
Die Forschenden berichten, dass etwa die Hälfte von den Teilnehmenden der Krankenhausgruppe einen Blutdruck aufwies, der in der Nacht anstieg, was sie zu Reverse-Dippern macht. Unter den Teilnehmenden der anderen Gruppe habe der Anteil von Reverse-Dippern bei etwa 11 Prozent gelegen.
Der deutliche Unterschied zwischen den Gruppen könnte dabei auch dadurch beeinflusst sein, dass in der zweiten Gruppe ein viel höherer Anteil von Menschen war, bei denen bereits Bluthochdruck diagnostiziert wurde. Denn diese Personen gehören häufiger zu den sogenannten Dippern als zu den Reverse-Dippern, erläutert das Team.
Nächtlicher Blutdruckanstieg keine Seltenheit
Den Ergebnissen der Studie zufolge, sind mindestens zehn Prozent der Erwachsenen – vermutlich eher deutlich mehr – von einem nächtlichen Blutdruckanstieg betroffen, wobei die Schwankungen der Werte im Durchschnitt bei 8,5 mmHg lagen.
Wird bei den Betroffenen in einer ärztlichen Untersuchung tagsüber der Blutdruck kontrolliert, kann dieser demnach deutlich niedriger liegen als in der Nacht, und vorhandener Bluthochdruck wird ggf. nicht diagnostiziert.
Schlaganfall und Herzversagen durch nächtlichen hohen Blutdruck
Laut dem Team lagen bereits fundierte Forschungsergebnisse vor, die ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Schlaganfälle, Herzversagen und für einen vorzeitigen Tod bei Reverse-Dippern aufgezeigt haben.
In der neuen Datenauswertung sei deutlich geworden, dass wenigstens eine von drei Personen aus der Kategorie der Reverse-Dipper unter mindestens einer Herz-Kreislauf-Erkrankung litt.
Ambulante 24-Stunden-Blutdrucküberwachung notwendig
Insgesamt zeige die Studie, dass Blutdruckmessungen während des Tages nicht ausreichen. Daher sollte im Rahmen der ärztlichen Untersuchung auf Bluthochdruck eine ambulante 24-Stunden-Blutdrucküberwachung durchgeführt werden, um Menschen zu identifizieren, welche als Reverse-Dipper eingestuft werden, so das Forschungsteam. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Laura Catherine Armitage, Shaun Davidson, Adam Mahdi, Mirae Harford, Richard McManus, et al.: Diagnosing hypertension in primary care: the importance of night-time blood pressure assessment; in: British Journal of General Practice (veröffentlicht 13.09.2022), British Journal of General Practice
- University of Oxford: Night-time blood pressure assessment is found to be important in diagnosing hypertension (23.09.2022), University of Oxford
Wichtiger Hinweis:
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