Rasante Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest ein Risiko für die Wirbelsäule
29.09.2012
Rückenschmerzen vom Oktoberfest? Die Experten der Wirbelsäulenliga warnen vor den Risiken der beliebten, besonders rasanten Fahrgeschäfte auf der Wiesn. Dr. Reinhard Schneiderhan, Präsident der Wirbelsäulenliga, hat zwanzig unterschiedliche Fahrgeschäfte auf dem Oktoberfest in München getestet und ein Ranking gebildet, dass die Risiken für Rückenpatienten widerspiegeln soll.
Laut Aussage des Orthopäden zählen die Oktoberfest-Attraktion mit Namen wie Skater, High Energy, Parkour, Break Dancer oder Olympia Looping zu den besonders riskanten Fahrgeschäften für Rücken- und Bandscheibenpatienten. Bedingt durch das Oktoberfest ist laut Aussage von Dr. Schneiderhan jährlich zu dieser Zeit ein Anstieg der „Patienten mit akuten Rückenschmerzen in den orthopädischen Praxen und Notfall-Ambulanzen der Münchner Kliniken zwischen zehn und 20 Prozent“ zu beobachten. Dabei reichen die Diagnosen laut Aussage des Experten „von einfachen Muskelverspannungen oder Prellungen über massive Stauchungen bis hin zu Schleudertraumen und sogar schweren Bandscheibenvorfällen.“
Fahrgeschäfte brutal für Hals- und Lendenwirbelsäule
Die nach dem Ranking des Präsidenten der Wirbelsäulenliga für Rückenpatienten gefährlichste Attraktion auf dem Münchener Oktoberfest ist der Skater. Dieser sei „brutal für Hals- und Lendenwirbelsäule“, berichtet Schneiderhan. Mit hoher Geschwindigkeit werde der Körper herumgewirbelt, wobei viele Bewegungen nicht vorhersehbar seien und vor allem die Seitwärtsbewegungen für die Halswirbelsäule kritisch werden können. Auch seien ruckartige Stöße sowie abrupte Vor- und Zurück-Bewegungen keine Seltenheit. Hierdurch bestehe die „Gefahr eines Schleudertraumas wie bei einem Auffahrunfall“, berichtet der Experte. Da die Füße frei aus der Gondel hängen und während der Bewegung hin und her schwingen, könne außerdem die Lendenwirbelsäule im Beckenbereich kippen. Massive Belastungen der Bandscheiben seien zu befürchten. Auch bei zahlreichen weiteren Fahrgeschäften stellte Dr. Schneiderhan vergleichbare Risiken fest, wenn auch häufig in deutlich geringerer Ausprägung. Zu den harmloseren Attraktionen zählte das Auto-Skooter, auch wenn hier das Risiko stark von der persönlichen Fahrweise abhängt.
Leichtsinnige und fehlerhafte Nutzung der Fahrgeschäfte
Insgesamt betrachtet birgt die Machart der Fahrgeschäft auf dem Oktoberfest zwar einige Risiken für Rückenpatienten, doch der Grund für die vielfach registrierten Rückenschmerzen, Bandscheibenprobleme und Nackenbeschwerden ist laut Aussage des Experten in erster Linie die leichtsinnige und fehlerhafte Benutzung durch die Besucher. Zum Beispiel sei eine solche „fehlerhafte Benutzung oft durch zu viel Alkohol bedingt, wenn die Reaktionsfähigkeit vermindert ist und die Muskulatur nicht mehr ausreichend angespannt und richtig koordiniert werden kann“, warnte der Präsidenten der Wirbelsäulenliga. Die anschließend zu verzeichnenden Beschwerden konzentrieren sich laut Aussage des Experten vor allem auf die Halswirbelsäule (80 Prozent der durch Fahrgeschäfte des Oktoberfests bedingten Beschwerden), während das Kreuz beziehungsweise die Lendenwirbelsäule offenbar weniger gefährdet sei. Nicht selten treten die Rückenschmerzen mit „zeitlicher Verzögerung oft auch erst am nächsten Tag“ auf, berichtet Dr. Schneiderhan.
Rückenschmerzen durch Training vorbeugen
Die Fahrgeschäfte sind laut Angaben des Präsidenten der Wirbelsäulenliga jedoch keineswegs für jedermann ein Risiko. Prinzipiell gelte, dass jüngere Menschen mit gesundem Rücken alle Fahrgeschäfte ohne Bedenken benutzen können, wenn sie während der Fahrt darauf achten, ihre Wirbelsäule aktiv zu stabilisieren, erläuterte Dr. Schneiderhan. Hingegen sollten „Patienten, die bereits unter Rückenschmerzen oder Bandscheibenbeschwerden leiden oder deswegen in ärztlicher Behandlung sind oder waren“, lieber auf die rasanten Fahrgeschäfte des Oktoberfestes verzichten, so der Experte weiter. Die belastenderen Attraktionen sollten laut Aussage des Wirbelsäulenliga-Präsidenten außerdem möglichst vor dem Bierzeltbesuch aufgesucht werden, da Alkohol das Risiko für die Wirbelsäule in den Fahrgeschäften deutlich erhöhe. Um den Rückenschmerzen vorzubeugen, sei „eine aktive Kräftigungstherapie, zum Beispiel in einem Fitnessstudio“ die beste Methode, allerdings können mehrere Monate vergehen, bis die Muskulatur ausreichend gestärkt ist. Ein jetzt begonnenes Training schütze erst in circa vier Monaten, dafür sei man dann spätestens zum Oktoberfest 2013 rückenfit, so Schneiderhan.
Schausteller verärgert über die Warnung der Wirbelsäulenliga
Die Fahrgeschäftsbetreiber zeigten sich angesichts der Warnung des Wirbelsäulenliga-Präsidenten wenig begeistert, zumal bei den möglicherweise "riskanten Geräten Wirbelsäulen- und Bandscheibenpatienten ausdrücklich auf Schildern vor einer Benutzung gewarnt werden". Das möglicherweise der Ein oder Andere auf dem Oktoberfest die Schilder nicht wahrnimmt, scheint jedoch äußerst wahrscheinlich. Die Warnung der Wirbelsäulenliga hat demnach durchaus ihre Berechtigung. (fp)
Bild: Wolfgang Dirscherl / pixelio.de
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