Coronavirus: Omikron-Variante gegen mehrere therapeutische Antikörper resistent
Die Omikron-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 breitet sich weltweit rasend schnell aus. Es gibt zwar Hinweise, dass sie in vielen Fällen zu milderen COVID-19-Verläufen führt, doch sie ist deutlich ansteckender als vorherige Varianten. Zudem zeigt eine neue Studie nun, dass sie weitgehend resistent gegen antivirale Medikamente ist und dass die Wirksamkeit von Impfungen geringer ausfällt.
Laut einer aktuellen Mitteilung des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) zeigen Zellkulturstudien, dass die Omikron-Variante von SARS-CoV-2 Antikörpern ausweicht, die nach Infektion und Impfung gebildet wurden und gegen mehrere therapeutische Antikörper resistent ist. Antikörper, die nach dreifacher Immunisierung mit dem Impfstoff von BioNTech-Pfizer (= Booster) sowie nach Kreuzimpfung mit Oxford-AstraZeneca/BioNTech-Pfizer gebildet wurden, waren dagegen besser in der Lage, das Omikron-Spikeprotein zu hemmen. Daher könnten Booster- und Kreuzimpfung einen stärkeren Schutz vor Omikron bieten.
Mittel scheinen Wirksamkeit einzubüßen
Während sich die Omikron-Variante des Coronavirus SARS-CoV-2 weiter ausbreitet, scheinen einige der Mittel, mit denen die Medizin Infizierte behandeln kann, ihre Wirksamkeit einzubüßen. Gegen viele der schon zugelassenen Medikamente auf Antikörper-Basis, die sich gegen frühere Varianten des Virus als hochwirksam erwiesen haben, ist die Omikron-Variante resistent.
Das hat die neue Studie eines Forschungsteams, an dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Universitätsklinikums Erlangen sowie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) beteiligt sind, ergeben, heißt es in einer Mitteilung.
Außerdem konnten die Forschenden bestätigen, dass Impfungen gegen die neue Virusvariante schwächer wirken und auch die Antikörper Genesener weniger stark auf Omikron reagieren. Dennoch zeigt die Studie ganz klar, dass Impfen hilft und der Booster den Schutz auch gegen Omikron deutlich erhöht. Die Ergebnisse wurden vor kurzem in dem renommierten Fachmagazin „Cell“ veröffentlicht.
Ungefährliche virusähnliche Partikel genutzt
Das Forschungsteam aus Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vom Deutschen Primatenzentrum in Göttingen, der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), der Universitätsmedizin Göttingen, des Universitätsklinikums Erlangen, der FAU sowie des DZIF in Braunschweig hat in Zellkulturstudien in der Petrischale untersucht, wie effizient die Omikron-Variante durch Antikörper neutralisiert wird.
Dazu nutzten die Forscherinnen und Forscher ungefährliche virusähnliche Partikel, die das Omikron-Spike tragen – den berühmten Stachel, mit dessen Hilfe das Virus an unsere Zellen andockt – und die für die Analyse des Virus-Eintritts in die Zellen und seine Hemmung gut geeignet sind.
Antikörper bildet der Körper nach einer Impfung, jedoch auch wenn er mit einem Virus infiziert wird. Zudem können Antikörper biotechnologisch hergestellt und einer infizierten Person verabreicht werden. Die Antikörper binden und neutralisieren das Virus und unterstützen dadurch das Immunsystem bei der Bekämpfung der Infektion.
Nur ein Medikament effektiv
Die wichtigste Erkenntnis der Studie ist, dass die meisten der sogenannten therapeutischen Antikörper, die zur Behandlung von an COVID-19 Erkrankten zugelassen sind, nicht gegen die Omikron-Variante wirken.
Derzeit werden oft Kombinationen aus den Antikörpern Casirivimab und Imdevimab sowie aus Etesevimab und Bamlanivimab für die Behandlung von COVID-19 eingesetzt. Die Tests des Teams zeigen aber, dass diese Antikörper gegen Omikron weitgehend wirkungslos sind.
Nur einer der getesteten Antikörper, Sotrovimab, hemmt das Omikron-Spike. Dieses Medikament könnte laut den Fachleuten nun ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von mit Omikron Infizierten werden.
Kreuzimmunisierung bietet mehr Schutz
Auch für Geimpfte und Genesene gilt, dass Antikörper, die gegen frühere Varianten von COVID-19 äußerst effektiv waren, das Omikron-Virus schwächer hemmen. Das Ergebnis der aktuellen Studie bestätigt die Resultate früherer internationaler Untersuchungen zur Omikron-Mutation.
Sowohl die Zweifach- als auch die Dreifach-Impfung wirken schwächer gegen die Omikron-Variante als gegen die früheren Virusmutationen. Doch mit der dritten, also der Booster-Impfung, lässt sich allgemein ein recht guter Schutz erzielen. Noch stärkere Wirksamkeit bietet die Kreuzimmunisierung, also das Impfen mit verschiedenen Impfstoffen.
In der Studie wurden Proben von rein mit BioNTech-Pfizer- sowie mit BioNTech-Pfizer/AstraZeneca-Geimpften untersucht. „Wir gehen jedoch davon aus, dass sich unsere Ergebnisse auch auf diejenigen übertragen lassen, die mit Moderna bzw. Moderna-Kombinationen immunisiert wurden“, erläutert Prof. Dr. Hans-Martin Jäck, Leiter der Molekular-Immunologischen Abteilung des Uni-Klinikums Erlangen.
Impfung dringend zu empfehlen
Außerdem haben die Forschenden untersucht, ob Erkrankte, die sich während der ersten Corona-Welle in Deutschland infiziert und entsprechende Antikörper gebildet haben, vor der Omikron-Variante geschützt sind. Das Ergebnis ist enttäuschend. Die Antikörper aus Infektionen mit früheren Virusvarianten haben demnach kaum Wirkung gegen das Omikron-Spike.
Allerdings stehen hier noch Untersuchungen aus: Unbekannt ist nämlich, wie die zweite Reihe der Immunabwehr, die sogenannten T-Zellen oder Fresszellen, die ebenfalls bei einer Infektion gebildet werden, auf Omikron reagieren.
Abschließend betonen die Forschenden, dass die Antikörpertherapien für COVID-19 sowie Impfstoffe dringend an die Omikron-Variante angepasst werden müssen. Aber auch wenn die Impfung gegen Omikron schwächer wirke, sei sie dringend zu empfehlen – zusammen mit den bekannten Corona-Schutzmaßnahmen. „Also heißt die Devise: Lassen Sie sich impfen und holen Sie sich die Booster-Impfung“, so Prof. Jäck. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Universitätsklinikum Erlangen: Omikron-Variante weitgehend resistent gegen antivirale Medikamente, (Abruf: 12.01.2022), Universitätsklinikum Erlangen
- Deutsches Zentrum für Infektionsforschung: Wie resistent ist die Omikron-Variante gegen aktuelle Antikörper?, (Abruf: 12.01.2022), Deutsches Zentrum für Infektionsforschung
- Hoffmann, M., Krüger, N., Schulz, S., Cossmann, A., Rocha, C., Kempf, A., Nehlmeier, I., Graichen, L., Moldenhauer, A.-S., Winkler, M.S., Lier, M., Dopfer-Jablonka, A., Jäck, H.-M., Behrens, G.M.N., Pöhlmann, S.: The Omicron variant is highly resistant against antibody-mediated neutralization – implications for control of the COVID-19 pandemic; in: Cell, (veröffentlicht: 23.12.2021), Cell
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.