Optimismus: Gesundheitliche Selbsteinschätzung hat einen Einfluss auf die Lebenserwartung
10.02.2012
Eine optimistische Einschätzung der eigenen Gesundheit verlängert das Leben, so dass Ergebnis einer aktuellen Studie von Schweizer Forschern der Universität Zürich. Die Wissenschaftler fanden heraus, dass das Sterberisiko über den Untersuchungszeitraum von 30 Jahren bei einer „sehr schlechten“ Einschätzung der eigenen Gesundheit rund dreimal höher lag, als bei einer „sehr guten“. Auch bei den Frauen war die Sterblichkeit fast doppelt so hoch, wenn die Probandinnen ihre Gesundheit als „sehr schlecht“ einstuften.
Mehr als 8.000 Schweizer zur Einschätzung ihrer Gesundheit befragt
Die Forscher vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Zürich hatten zu Beginn ihrer Langzeitstudie Ende der 1970er Jahre rund 8.250 Schweizer zur Einschätzung der eigenen Gesundheit befragt und die Studienteilnehmer anschließend einem intensiven Gesundheitscheck unterzogen. Nach über 30 Jahren haben Studienleiter Matthias Bopp und Kollegen vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin nun den Zusammenhang der damaligen Selbsteinschätzung des Gesundheitszustands mit der Sterblichkeit der Probanden analysiert. Dass überraschende Ergebnis: Die Selbstbewertung hatte einen hohen Voraussagewert in Bezug auf die „Wahrscheinlichkeit zu überleben beziehungsweise zu sterben“, so die Mitteilung der Universität Zürich.
Sterberisiko bei Optimisten am geringsten
Laut Aussage der Schweizer Forscher nahm das Sterberisiko „von der optimistischsten zur pessimistischsten Einschätzung kontinuierlich zu“. Die Überlebenschancen lagen bei einer Einschätzung der eigenen Gesundheit als „sehr gut“ sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen mit Abstand am höchsten. So war das Sterberisiko bei den gleichaltrigen Männern mit „sehr schlechter“ Selbstbewertung 3,3 Mal höher und bei den Frauen mit „sehr schlechter“ Gesundheit 1,9 Mal. Die erhöhte Überlebenschance bei optimistischer Selbsteinschätzung hat sich laut Aussage der Schweizer Wissenschaftler unabhängig von anderen maßgeblichen Einflussgrößen wie zum Beispiel der Bildungsstufe, dem Zivilstand, möglichen Belastungen durch Rauchen, Medikamenteneinnahme, chronische Krankheiten, Bluthochdruck und zu hoher Blutzucker bestätigt. Der Zusammenhang zwischen der eigenen Gesundheitsbewertung und dem Sterberisiko wurde durch die anderen Risikofaktoren lediglich geringfügig abgeschwächt, schreiben Bopp und Kollegen. Auch „Raucher leben länger, wenn sie Optimisten sind“, erläuterte der Studienleiter.
Gesundheitliche Selbsteinschätzung zur Vorhersage der Lebenserwartung
„Die Art und Weise, wie Menschen ihre Gesundheit einschätzen, bestimmt ihre Überlebenswahrscheinlichkeit in den folgenden Jahrzehnten“, so die Universität Zürich in der aktuellen Pressemitteilung. Die optimistische beziehungsweise pessimistische Einschätzung der eigenen Gesundheit sei demnach ein guter Prädiktor für die Lebenserwartung. Wobei „Optimismus heißt, dass man Ressourcen zur Verfügung hat, die einem dabei helfen, alt zu werden“, erklärte der Studienleiter Matthias Bopp. Der Präventivmediziner am Institut für Sozial- und Präventivmedizin, David Fäh, ergänzte: Die „Resultate deuten darauf hin, dass Menschen, die ihre Gesundheit als sehr gut einschätzen, Eigenschaften haben, die ihre Gesundheit fördern und erhalten.“ Hier könnten nach Einschätzung des Experten auch Faktoren wie „eine positive Lebenseinstellung, eine optimistische Sichtweise der Dinge und eine grundsätzliche Zufriedenheit mit dem eigenen Leben“ eine wesentliche Rolle spielen.
Zwar hatten bereits frühere Studien gezeigt, dass pessimistisch Menschen früher sterben. Doch bislang blieb unklar, ob sie möglicherweise weniger auf ihre Gesundheit Rücksicht nehmen oder bereits erkrankt waren und daher eine negative Lebenseinstellung entwickelten. Die Forscher der Universität Zürich haben mit ihrer Langzeitstudie auch an dieser Stelle für Klarheit gesorgt. So mache die „stetige Risikozunahme und die lange Dauer von über 30 Jahren zwischen der Selbsteinschätzung und dem Ende der Beobachtungszeit es praktisch unmöglich, dass vorhandene Krankheiten oder eine dunkle Vorahnung Hauptursachen für den beobachteten Zusammenhang sind“, betonte der Studienleiter Matthias Bopp.
Ärzte sollten die Selbsteinschätzung der Patienten berücksichtigen
Der nun bestätigte Zusammenhang zwischen der gesundheitlichen Selbsteinschätzung und den Überlebenschancen, stützt nach Ansicht der Forscher auch das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vertretene weite Verständnis des Gesundheitsbegriffs. Dabei werde die Gesundheit nicht nur als Abwesenheit von Krankheit, sondern als vollständiges körperliches, geistiges und soziales Wohlbefinden eingestuft. Außerdem sollte die Selbsteinschätzung der Patienten zu ihrer eigenen Gesundheit auch im Rahmen ärztlicher Behandlungen Berücksichtigung finden, so die Schweizer Forscher weiter. „Gute Ärztinnen und Ärzte sollten nicht nur nach dem Vorhandensein von Risikofaktoren oder Krankheiten suchen, sondern auch prüfen, welche Gesundheitsressourcen ihre Patienten haben und diese gegebenenfalls fördern und festigen“, erklärte David Fäh. Hier könne die Selbstbewertung eindeutige Hinweise auf die vorhandenen Ressourcen der Patienten liefern. Bei Männern, die auf die Frage zu ihrem gesundheitlichen Befinden mit „ich weiß nicht“ antworten, sei jedoch ebenfalls erhöhte Vorsicht geboten. Denn diese hatten im Rahmen der Studie ein fast genauso hohes Sterberisiko wie die Männer, die mit „sehr schlecht“ antworteten, erklärte Studienleiter Matthias Bopp. Dies Ergebnis sei darauf zurückzuführen, dass die betroffenen Männern ihre Gesundheit eigentlich eher als „schlecht“ einstufen würden, sich dies jedoch nicht eingestehen wollen und daher „ich weiß nicht“ antworten. (fp)
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Bild: Bernd Boscolo / pixelio.de
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