Millionenfach eingesetztes Schmerzmittel wirkt nicht besser als Placebo
24.07.2014
Bei Rückenschmerzen oder einem Hexenschuss verschreiben Ärzte auf der ganzen Welt normalerweise Paracetamol. Doch nun haben australische Forscher der Universität Sydney herausgefunden, dass das Schmerzmittel in diesen Fällen offenbar wirkungslos ist – und Beschwerden im unteren Rücken nicht besser lindert als Placebo-Tabletten.
Paracetamol seit 1977 auf der „Model List of Essential Medicines“ der WHO
Wer mit Kreuzschmerzen oder einem Hexenschuss zum Arzt geht, kann damit rechnen, dass dieser das schmerzstillende und fiebersenkende Arzneimittel „Paracetamol“ verschreibt. Dieses zählt neben Arzneien, die Acetylsalicylsäure (Kurz: ASS) oder Ibuprofen enthalten, seit seiner Einführung in den 1950er Jahren zu den weltweit gebräuchlichsten Schmerzmitteln (Analgetika) und steht seit 1977 sogar auf der „Model List of Essential Medicines“ („Liste der unentbehrlichen Arzneimittel") der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Doch hilft Paracetamol auch bei Rückenleiden? Wie Christopher Williams vom George Institute for Global Health der Universität von Sydney und seine Kollegen nun herausgefunden haben, offenbar nicht. Im Rahmen einer groß angelegten australischen Studie sind die Forscher stattdessen zu dem Ergebnis gekommen, dass Kreuzschmerzen durchschnittlich nach 17 Tagen zurück gehen – unabhängig davon, ob Paracetamol eingesetzt wurde oder nicht.
Einnahme von Schmerzmitteln hat keinen positiven Einfluss auf die Genesungs-Zeit
Die Wissenschaftler hatten für ihr Projekt 1.652 Patienten im Alter von durchschnittlich 45 Jahren untersucht, die an Kreuzschmerzen litten. Dabei erhielt ein Drittel der Probanden mit starken Symptomen bis zu vier Wochen lang dreimal täglich (insgesamt 3990 mg am Tag) Paracetamol, wohingegen ein weiteres Drittel das Schmerzmittel nur im akutem Fall einsetzen durfte (maximal 4000 mg pro Tag). Die dritte Gruppe erhielt lediglich ein Scheinarzneimittel (Placebo), welches keinen Arzneistoff enthielt und somit auch keine pharmakologische Wirkung haben konnte. Das Ergebnis: "Die Einnahme des Medikaments hatte auf die Linderung der Beschwerden keinen Einfluss". Stattdessen ließen bei den beiden Gruppen, die Paracetamol eingenommen hatten, die Schmerzen nach durchschnittlich 17 Tagen nach, bei der Placebo-Gruppe sogar bereits nach 16 Tagen. „Unsere Ergebnisse legen nahe, dass die regelmäßige oder nach Bedarf stattfindende Dosierung von Paracetamol im Vergleich zu Placebo keinen Einfluss auf die Genesungs-Zeit bei Schmerzen im unteren Rücken hat“, so die Forscher im Fachmagazin „The Lancet“.
Bisherige Therapie sollte in Frage gestellt werden
Doch nicht nur in Hinblick auf das Ende der Schmerzsymptome zeigten sich zwischen den Gruppen keine Unterschiede, auch hatte das Analgetikum den Forschern nach keinen positiven Effekt auf die Schlaf- und Lebensqualität. Dementsprechend sei es sinnvoll, die bisherige Therapie in Frage zu stellen: „Unsere Ergebnisse zweifeln die allgemeine Empfehlung für Paracetamol bei Patienten mit Schmerzen im unteren Rücken an“, so Hauptautor Dr. Christopher Williams weiter. „Da Rückenschmerzen weltweit die führende Ursache für eine Arbeitsunfähigkeit ist, zeigt diese Studie, dass ein verbesserter Fokus auf die Entwicklung von neuen, wirksamen Therapien gerechtfertigt ist“, so Professor Christine Lin von der University of Sydney. Zunächst müsse jedoch in weiteren Studien erforscht werden, warum Paracetamol im Falle von Kreuzleiden wirkungslos bleibe – denn bei anderen Schmerzzuständen, wie zum Beispiel Kopfschmerzen, sei die Wirksamkeit hinreichend hinreichend belegt. (nr)
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