Neuer Riechtest kann Parkinson im Frühstadium erkennen
17.06.2012
Die Parkinson-Erkrankung kann mittels eines einfachen Riech-Test bereits im Frühstadium ermittelt werden. Das berichtet der Forscher und Neurologe Heinz Reichmann, Professor für Neurologie an der Universitätsklinik TU Dresden auf dem diesjährigen Neurologen-Kongress in Prag.
Parkinson gehört zu den sehr langsam fortschreitenden neurologischen Erkrankungen. Die nicht heilbare Krankheit beginnt meist zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr. Selten tritt das Syndrom schon vor dem 40. Lebensjahr auf. Nach letzten Erhebungen leiden in Deutschland rund 400.000 Menschen an Morbus Parkinson. Um so früher die Krankheit entdeckt wird, umso besser sind die Möglichkeiten, Begleitsymptome frühzeitig zu lindern. Eine Heilung ist aber bis heute nicht in greifbarer Nähe.
Erster Frühtest entwickelt
Einen ersten Frühtest hat möglicherweise Professor Heinz Reichmann aus Dresden entdeckt. In einer Studie hat der Neurologe Patienten untersucht, die zwischen 50 und 60 Jahren ihren Geruchssinn verloren. Jeder zehnte Proband zeigte nach einer Ultraschalluntersuchung und weiteren biochemischen Analysen erste Frühzeichen von Parkinson. Im zweiten Versuchsaufbau mit Labormäusen konnte der Forscher nachweisen, dass die degenerative Erkrankung seinen Anfang im Sinnesorgan Nase nimmt. Er stellte fest, dass sich dort zuerst eine Sammlung von sogenannten „Lewy-Körperchen“ bildet. Diese gelten seit längerer Zeit als erste Parkinson-Warnhinweise.
Parkinson weitet sich von Zelle zu Zelle aus
Reichmann stellte seine sensationellen Erkenntnisse auf dem stattgefundenen „European Neurological Society“ Kongress in Prag vor. Dieser wird jedes Jahr durch den gleichnamigen Verband veranstaltet, dessen Vorsitz der Parkinson-Experte inne hat. Auf der Veranstaltung erklärte der Mediziner, dass die Erkrankung nicht wie angenommen in den Gehirnarealen für motorische Fähigkeiten beginnt, sondern im Bereich der Nervenzellen, die für den Geruchssinn zuständig sind. Dort hangelt sich sozusagen die Krankheit von Zelle zu Zelle weiter fort bis sie den Magen des Menschen erreicht hat. Erst von dort aus gelangt Morbus Parkinson über den Vagusnerv zum Gehirn. Durch diese Entdeckung kann es einmal möglich sein, „die Krankheit noch viel früher zu entdecken und ihre Ausbreitung zu unterbinden“, sagte der Neurologe. Eine Heilung ist heute jedoch noch nicht möglich.
Erste Warnsymptome von Parkinson
Den Patienten fallen meist erste Symptome auf, wenn bereits rund 70 Prozent der dopaminergen Zellen abgestorben sind. Das bedeutet, dass Parkinson dann bereits sehr fortgeschritten ist. Viele gehen zum Orthopäden, weil beispielsweise der Arm beim Laufen später mitschwingt als sonst, Schulterschmerzen auftreten oder einseitige Verspannungen der Muskeln spürbar werden. Reichmann berichtet, dass eine weitere Studienarbeit aber gezeigt habe, dass die Leitsymptome nicht nur in der Bewegungskoordination liegen, sondern auch in gut 90 Prozent der Verlust des Riechen von den Patienten beklagt wird. Weitere 45 Prozent klagen über chronische Verstopfung, 10 Prozent leiden an Doppel-Bilder beim Sehen, 30 Prozent der Männer leiden an Impotenz und ebenso viele Frauen an „Gefühlsarmut“. Weitere 50 Prozent haben mit einer Harninkontinenz zu kämpfen, an diffusen Schmerzen leiden 30 Prozent und weitere 30 Prozent an Depressionen. Auffällig seien auch Beschwerden wie Anhedonie, dem Unvermögen an der Freude, an der immerhin weitere 30 Prozent der Patienten leidet. Hinzu kommen starkes Schwitzen und fettige Haut. In den letzten Jahren der Erkrankung leiden zudem viele der Betroffenen zusätzlich an Demenz. Ebenfalls auf dem Kongress wurde berichtet, dass Schreien im Schlaf ein erster Hinweis auf Parkinson sein kann.
Depressionen und Demenz schwere Begleiterscheinungen
Nach Angaben des Wissenschaftlers zeigen „neuste Untersuchungen, dass diese Symptome wie Depressionen und Demenz den Patientinnen und Patienten mehr Lebensqualität kosten, als die Einschränkungen des Bewegungsapparates.“ Aus diesem Grund sollten sich Therapeuten auch dieser Beschwerden verstärkt annehmen, um das Leben der Patienten zu erleichtern. Zwar gebe es noch lange nicht für jedes Leiden eine Behandlung, aber es existieren „gute Arzneien gegen Depression, Verstopfung und übermäßige Schweißentwicklung“, so der Forscher.
Bis heute sind die genauen Ursachen, die zum Ausbruch von Morbus Parkinson führen, nicht gänzlich erforscht. Auch eine aufhaltende oder heilende Therapie konnte bis zum jetzigen Zeitpunkt nicht entwickelt werden. Viele Forscher und Mediziner vertreten die Ansicht, dass Parkinson durch eine bestimmte genetische Disposition begünstigt wird. Patienten seien dann stärker für Belastungen der Umwelt empfänglicher und zeigen somit ein erhöhtes Erkrankungsrisiko. (sb)
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