Prostata-Entfernung bei Krebs sollte nur in erfahrenen Kliniken stattfinden
Die operative Entfernung der Prostata sollte laut der deutschen Prostatakrebsleitlinie nur in erfahrenen Kliniken durchgeführt werden. Eine aktuelle Studie zeigt nun jedoch, dass diese Empfehlung weitgehend ignoriert wird. Experten fordern Maßnahmen, um die Patientenversorgung zu verbessern.
Häufigste Krebserkrankung bei deutschen Männern
Prostatakrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei deutschen Männern und die dritthäufigste Krebstodesursache. Bei Betroffenen, die sich einem chirurgischen Eingriff unterziehen, kommt es oft zu erheblichen Beeinträchtigungen der Lebensqualität. In vielen Fällen sind die behandelten Männer nach einer Prostata-OP inkontinent und impotent. Wissenschaftlern zufolge können dann manchmal in den Penis injizierte Stammzellen Erektionsstörungen beheben.
Problematisch ist es auch, dass die Entfernung der Prostata bei einem Krebsleiden häufig in Kliniken mit wenig Erfahrung durchgeführt wird. Experten wollen dies nun ändern.
Empfehlung wird weitgehend ignoriert
Die deutsche Prostatakrebsleitlinie empfiehlt als Orientierungswert für Zentren, die eine komplette operative Entfernung der Prostata anbieten, mindestens 50 Operationen pro Jahr. Doch diese Empfehlung wird in Deutschland zunehmend ignoriert. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Klinik und Poliklinik für Urologie des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden.
Die wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel „Robots drive the German radical prostatectomy market” wurde nun im Fachjournal „Prostate Cancer and Prostatic Diseases“ veröffentlicht.
Mindestens 50 Eingriffe pro Jahr
Laut einer Meldung des Dresdner Universitätsklinikums zeigt die Studie, dass immer häufiger Krankenhäuser diese Radikaloperationen vornehmen, obwohl sie die dafür empfohlene Mindestfallzahl unterschreiten.
Der Studienleiter Dr. Johannes Huber fasste die Analyse aller 221.000 Eingriffe in Deutschland von 2006 bis 2013 so zusammen: „Statt der gebotenen Zentralisierung der Versorgung werden immer mehr Patienten in Kliniken operiert, die weniger als die empfohlenen 50 Eingriffe pro Jahr vornehmen. Zwischen 2006 und 2013 hat sich der Anteil dieser Patienten von 16 auf 28 Prozent fast verdoppelt.“
Verbindliche Mindestmengenkataloge im Ausland
Huber zufolge belege die Studie erstmals, dass sich das deutsche Gesundheitswesen immer weiter von der Leitempfehlung für Prostata-Radikaloperationen der Deutschen Gesellschaft für Urologie entfernt. Das habe enorme Auswirkungen auf Patientensicherheit und Versorgungsqualität.
Die Dresdner Urologen fordern deshalb Maßnahmen, um die Patientenversorgung zu zentralisieren. Denn eine Operation in Häusern mit hohen Fallzahlen steigert die Patientensicherheit und führt seltener zu schweren Nebenwirkungen wie Impotenz oder Inkontinenz.
„Viele Gesundheitssysteme im Ausland nutzen bereits verbindliche Mindestmengenkataloge, um eine Zentralisierung von komplizierten Operationen zu erreichen. In Deutschland gibt es eine solche Regelung bisher aber erst für sechs Verfahren wie Leber- und Nierentransplantationen, operativen Eingriffen an den Herzkranzgefäßen oder bei Operationen von Bauchspeicheldrüse und Speiseröhre. – Die Radikaloperation der Prostata gehört nicht dazu“, so Huber.
Strahlentherapien ähnlich effektiv wie Operationen
Interessant in diesem Zusammenhang sind auch neue Erkenntnisse, die britische Wissenschaftler kürzlich veröffentlichten. Laut den Forschern der Oxford University und der University of Bristol sind Strahlentherapien bei Prostatakrebs ähnlich effektiv wie OP´s. Und sie haben den Vorteil, dass es danach allgemein weniger sexuelle Probleme oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen gebe. Allerdings wird diese Art der Behandlung nur von wenigen Erkrankten genutzt. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.