Verfügbare Parkinson-Medikamente alle mit vergleichbaren Nutzen
12.06.2014
Parkinson ist bis heute nicht heilbar, doch stehen verschiedene Arzneien zur Verfügung, die insbesondere bei einer frühzeitigen Diagnose den Krankheitsverlauf deutlich verzögern beziehungsweise die Symptome lindern können. Hier bleibt jedoch die Frage offen, welches Parkinson-Medikament am besten für die Behandlung geeignet ist, zumal unterschiedliche Nebenwirkungen auftreten können.
Britische Forscher der „PD MED Collaborative Group“ haben nun im Fachmagazin „The Lancet“ eine Vergleichsstudie zu den verschiedenen gängigen Parkinson-Medikamenten veröffentlicht. Die Unterschiede zwischen den Arzneien bezüglich des Nebenwirkungsrisikos und den Behandlungserfolgen waren demnach deutlich weniger ausgeprägt, als in der Vergangenheit vermutet.
1.600 Parkinson-Patienten untersucht
„Ob die anfängliche Behandlung der Parkinson-Krankheit mit Levodopa, Dopaminagonisten oder dem Monoaminoxidase-Hemmer Typ B (MAOBI) erfolgen sollte, blieb bislang ungewiss“, begründen die Forscher ihre aktuelle Untersuchung. Ihr Ziel sei es gewesen, zu ermitteln, „welche dieser drei Klassen von Medikamenten als Anfangsbehandlung die langfristig wirksamste Kontrolle der Symptome und die beste Lebensqualität für Menschen mit frühen Parkinson-Erkrankungen ermöglicht.“ Zwischen dem November 2000 und dem Dezember 2009 haben sich 1.620 Parkinson-Patienten als freiwillige Studienteilnehmer eingeschrieben. 528 Teilnehmer erhielten Levodopa, 632 Dopaminagonisten und 460 MAOBI. Über einen Zeitraum von bis zu sieben Jahren begleiteten die Wissenschaftler die Therapie der Probanden.
Levodopa mit leichten Vorteilen bei der Behandlung
Levodopa (L-Dopa) ist ein seit Jahrzehnten bekanntes Präparat, dass jedoch zwischenzeitig aufgrund drohender Dyskinesien (unwillkürliche Muskelbewegungen, Muskelzucken) als Nebenwirkungen in Verruf geraten war. Allerdings sind auch bei den Dopaminagonisten durchaus Nebenwirkungen (zum Beispiel chronische Müdigkeit oder Wasser in den Beinen) zu erwarten. Das Risiko von Nebenwirkungen ist zwar bei den Monoaminooxidase-Hemmern eher gering, allerdings sind sie in der Regel lediglich im Anfangsstadium der Erkrankung als alleiniges Medikament ausreichend. Den Erfolg der Therapie ermittelten die Forscher unter anderem anhand eines speziellen Fragebogens, der eine Einteilung der Lebensqualität anhand einer Skala von Null bis Hundert ermöglicht. Hier schnitten die Patienten, welche gleich zu Beginn der Therapie Levodopa erhielten, um 1,8 Punkte besser ab, als Patienten mit einer vermeintlich schonenderen Behandlung. Unter den Alternativen hätten die MAOBI zu einem um 1,4 Punkte besseren Ergebnis geführt, als die Dopamin-Agonisten. In Bezug auf die begleitende Entwicklung einer Demenz, die erforderlichen Überweisungen in eine Pflegeeinrichtung und die Todesfälle seien keine signifikanten Unterschiede zwischen den Wirkstoffklassen aufgetreten.
Nebenwirkungen der unterschiedlichen Arzneien
In Bezug auf die Nebenwirkungen der Parkinson-Medikamente stellten die Forscher fest, dass 179 (28%) der 632 Patienten mit Dopamin-Agonisten und 104 (23%) der 460 Patienten mit MAOBI-Behandlung wegen der Nebenwirkungen ihre Arzneien wechseln mussten, verglichen mit 11 (2%) von 528 Patienten bei den Levodopa-Patienten. Damit ist das vermeintlich erhöhte Nebenwirkungsrisiko von Levodopa eindeutig widerlegt. Die zwischenzeitig praktizierte zurückhaltende Verschreibung bei jüngeren Parkinson-Patienten ist nicht gerechtfertigt, kommentierte Wolfgang Oertel von der Universität Marburg, einer der Autoren der deutschen Parkinson-Leitlinie, die aktuellen Studienergebnisse gegenüber „Spiegel Online“. Allerdings sei dies bereits aus einer größeren Untersuchung aus dem Jahr 2009 hervorgegangen.
Deutsche Therapieleitlinien lassen Patienten die Wahl
Ein Limitierung des Einsatzes von Levodopa ist in den Therapieleitlinie in Deutschland ohnehin nicht vorgesehen. Hier werde vom Arzt gemeinsam mit den Patienten entschieden, welcher Wirkstoff zum Einsatz kommen soll, erläuterte der Marburger Neurologe. Laut Oertel brauchen Patienten, die zuerst einen Dopaminagonisten oder MAO-B-Hemmer nehmen, allerdings in der Regel nach wenigen Jahre zusätzlich L-Dopa. Die Dyskinesien würden im Verlauf der Erkrankung unter der Behandlung so oder so auftreten. Heftige unkontrollierte Muskelzuckungen, die Betroffene maßgeblich im Alltag einschränken, seien dabei heute jedoch nur noch selten,da grundsätzlich hierzulande mit eher niedrigen Levodopa-Dosierungen therapiert werde. Anpassungen der Therapieempfehlungen aufgrund der neuen Studienergebnisse seien in Deutschland nicht erforderlich.
Deutliche Zunahme der Parkinson-Patienten erwartet
Laut Angaben der Deutschen Parkinson Gesellschaft (DPG) ist „Morbus Parkinson nach der Alzheimer-Krankheit die zweithäufigste neurodegenerative Erkrankung.“ Knapp zwei Prozent der Bevölkerung im Alter über 60 Jahren seien betroffen. In Deutschland leben der DPG zufolge etwa 250.000 bis 280.000 Parkinson-Patienten, weltweit sind es geschätzte 4,1 Millionen. Bis zum Jahr 2030 erwarten die Experten nicht zuletzt aufgrund des demographischen Wandels eine Verdopplung der Patientenzahlen. Das durchschnittlich Alter bei Erstdiagnose beträgt 60 Jahre, allerdings macht sich die Krankheit bei fünf bis zehn Prozent der Patienten schon im Alter zwischen 20 und 40 Jahren bemerkbar, berichtet die DPG weiter. Männer seien dabei rund 1,5 Mal häufiger betroffen als Frauen.
Symptome bei Morbus Parkinson
Die anfänglichen Symptome der 1817 von dem englischen Chirurgen James Parkinson erstmals beschriebene Erkrankung befällt als neurologische Erkrankung in erster Linie die sogenannten Basalganglien, welche im Gehirn und Nervensystem für die Koordination der Bewegungsabläufe zuständig sind. Der Krankheitsverlauf ist schleichend und die Beschwerden bleiben oftmals zunächst für längere Zeit unauffällig. Bewegungsarmut, welche das gesamte Muskelspiel betrifft, gilt als Leitsymptom der Erkrankung. Der Gesichtsausdruck und die Sprache verändern sich, Schluckprobleme setzen ein und die Feinmotorik der Hände lässt nach. Auch der Gang zeigt auffällige Veränderungen. Er wirkt häufig instabil und schlurfend. Gangunsicherheit und Gleichgewichtsstörungen kommen hinzu. Weitere Leitsymptome sind der sogenannte Tremor (unkontrolliertes Zittern) und Rigor (Muskelsteifheit). Darüber hinaus sind oftmals Beeinträchtigungen des Geruchssinns und Missempfindungen, wie ein Kribbeln in den Gliedern, zu beobachten.
Alternative Therapiemöglichkeiten zunehmend gefragt
Neben der medikamentösen Parkinson-Behandlung, welche in den vergangenen Jahren eine zunehmend bessere Linderung der Symptome erreichen konnte, haben sich auch verschiedene alternative Behandlungsansätze in der Parkinson-Therapie etabliert. Insbesondere die Bewegungs- beziehungsweise Physiotherapie zeigt hier deutliche positive Effekte auf die Mobilität der Patienten. Die Logopädie (Sprachtraining) kann den Beeinträchtigungen der Sprache und den Schluckstörungen entgegenwirken. Die Ergotherapie hilft den Patienten allgemein bei der Bewältigung des Alltags. Zudem setzen viele Parkinson-Patienten auf Methoden wie Yoga oder Tai-Chi, welche Bewegungs- und Meditationselemente vereinen. Auch Massagen und Akupunktur kommen vermehrt bei der Parkinson-Therapie zum Einsatz. (fp)
Bildnachweis: Andrea Damm / pixelio.de
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