Deutsche nehmen immer mehr Antidepressiva: Verordnungen seit 2007 verdoppelt
Eine aktuelle Untersuchung hat ergeben, dass der Stress in der Arbeit für viele Beschäftigte schon so ungesund wurde, dass die üblichen Ausgleichsstrategien nicht mehr reichten, um runterzukommen. Auch das trägt laut Experten dazu bei, dass immer mehr Antidepressiva geschluckt werden. Die verschriebene Menge solcher Medikamente hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als verdoppelt.
Stressbedingte Krankschreibungen nehmen zu
Stress und Arbeitsbelastung haben für viele Menschen zugenommen. Wer aber immer unter Strom steht, dem geht auf Dauer die Energie aus. Einer Stressstudie der Techniker Krankenkasse (TK) zufolge fühlen sich 43 Prozent der Beschäftigten in Deutschland abgearbeitet und verbraucht. Jeder Vierte gibt an, dass der Stress schon so ungesund wurde, dass die üblichen Ausgleichsstrategien nicht mehr reichten, um runterzukommen. Auch das trägt laut TK dazu bei, dass stressbedingte Krankschreibungen zunehmen und bei den Medikamentenverordnungen das Antidepressiva-Volumen steigt.
Weltweit werden immer mehr Antidepressiva geschluckt
Schon in der Vergangenheit hat sich in Untersuchungen gezeigt, dass weltweit immer mehr Patienten Antidepressiva schlucken. Auch der Verbrauch von Antidepressiva bei Kindern ist in manchen Ländern stark gestiegen.
Problematisch ist zudem, dass solche Medikamente häufig ohne vorliegende Depressionen verabreicht werden.
So zeigte eine Studie von Forschern aus Kanada, dass Antidepressiva unter anderem bei Angststörungen, Schlaflosigkeit sowie Panikstörungen und in seltene Fällen selbst bei Migräne, Aufmerksamkeitsdefizit / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Störungen des Verdauungssystems eingesetzt wurden.
Frauen bekommen weniger Medikamente verordnet
Wie die TK in einer Mitteilung berichtet, bekam jeder Beschäftigte hierzulande im letzten Jahr statistisch gesehen für durchschnittlich zwei Wochen Antidepressiva verschrieben. Die verschriebene Menge hat sich damit laut der Krankenkasse seit 2007 mehr als verdoppelt.
„Frauen bekommen insgesamt weniger Medikamente, aber mehr Antidepressiva verordnet als Männer“, erklärte Albrecht Wehner, verantwortlich für die Gesundheitsberichterstattung der TK.
„Bei männlichen Beschäftigten steigt das Volumen jedoch schneller: Sie erhielten 2016 im Schnitt für 10,5 Tage Medikamente gegen Depressionen, das sind 114 Prozent mehr als 2007. Bei Frauen stieg die verordnete Dosis im selben Zeitraum ‘nur’ um 93 Prozent von 8,7 auf 16,8 Tageseinheiten“, so der Experte.
Stressbedingten Krankheiten vorbeugen
Um stressbedingten Krankheiten vorzubeugen, müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dafür sorgen, dass der Energielevel der Beschäftigten im grünen Bereich bleibt, schreibt die TK.
Ausgleichsstrategien, Achtsamkeit, Resilienz und Burnout-Prophylaxe sind deshalb wichtige Themen für das Betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM).
Nur auf die Stressresistenz der Beschäftigten einzuwirken, damit sie mit ungesunden Arbeitsabläufen besser zurechtkommen, reiche aber nicht aus, so Wehner: „Die bessere Strategie ist natürlich, bei den Ursachen anzusetzen und Arbeitsläufe besser zu gestalten und in der Freizeit für Ausgleich zu sorgen.“
Gerade in der Urlaubszeit sollte man die Gelegenheit nutzen, den Kopf frei zu bekommen und abzuschalten, empfiehlt der Gesundheitsexperte der TK.
Auszeiten bieten sich an, um den eigenen Lebensstil zu hinterfragen, neue Dinge auszuprobieren, zum Beispiel eine neue Sportart oder ein Entspannungstraining.
Laut Experten ist es für die Balance von Job und Freizeit grundsätzlich wichtig, Zeiten der Muße gezielt einzuplanen und Erholung in den Alltag zu integrieren.
Freizeitaktivitäten sollten Freude und Genuss bereiten und eine Art Gegenpol zur Beanspruchung durch die Arbeit darstellen. (ad)
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.