Sorge vor Schadstoffen führt zur Renaissance der Glasflasche
31.07.2014
Nachdem der Anteil an Glasflaschen auf dem deutschen Getränkemarkt über Jahre zurückgegangen ist, erlebten sie laut Mitteilung der Deutschen Umwelthilfe (DUH) im vergangenen Jahr eine Renaissance. „Deutsche Verbraucher kaufen zunehmend Mineralwasser in wiederverwendbaren und umweltfreundlichen Glasflaschen“, so die Mitteilung der DUH. Vielfach dürfte hinter dem Trend zur Glasflasche die Angst vor Schadstoffen stecken, die aus Plastikflaschen herausgelöst und mit den Getränken aufgenommen werden könnten.
„Mehrwegflaschen aus Glas gehen keine Wechselwirkungen mit dem Füllgut ein“, was einen klaren Vorteil gegenüber Getränken in Einwegplastikflaschen bildet, „in denen chemische Verbindungen das Getränk verunreinigen können“, berichtet die DUH. Bereits im Jahr 2009 hatten Ökotoxikologen der Goethe-Universität in Frankfurt am Main nachgewiesen, dass zahlreiche Mineralwasser hormonähnlich wirkende Substanzen enthalten. Die Forscher stellten des Weiteren fest, dass zumindest ein Teil der Umwelthormone aus den Kunststoffverpackungen stammte. „Wir haben Mineralwasser aus Glas- und Plastikflaschen verglichen und konnten zeigen, dass die östrogene Belastung in Wasser aus PET-Flaschen etwa doppelt so hoch ist wie in Wasser aus Glasflaschen“, erläutertet der Frankfurter Toxikologe Martin Wagner. „Zu Beginn unserer Arbeiten hatten wir nicht erwartet, eine so massive östrogene Kontamination in einem Lebensmittel vorzufinden, das strengen Kontrollen unterliegt“, betonte Wagner.
Steigende Nachfrage nach Glas-Mehrwegflasche
Als Ursache für die hormonähnlichen Substanzen im Mineralwasser nennen die Wissenschaftler unter anderem „das Auslaugen von Plastikadditiven, wie zum Beispiel Weichmachern, aus den PET-Flaschen.“ Auch die Verbraucherinnen und Verbraucher sehen sich hier offenbar vermehrt einem Risiko ausgesetzt und kehren daher zur Glas-Mehrwegflasche zurück. „Im ersten Jahresquartal 2014 stieg ihr Verkauf um drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr“, berichtet die DUH. Gleichzeitig sei der Verkauf von Einweggetränkeverpackungen bei großen Discountern, wie zum Beispiel Aldi und Lidl, erstmals seit vielen Jahren zurückgegangen. „Die Mehrwegquoten für Getränkeverpackungen sind dabei sich zu stabilisieren und sogar zu wachsen, weil Qualität und Umweltschutz bei Verbrauchern eine immer größere Rolle spielen“, betonte der DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch und ergänzte: „Vielen Kunden ist die Lust auf Wasser aus billigen Einwegplastikflaschen vergangen.“
Mehrwegflaschen mit relativ geringem Marktanteil
Obwohl die Glas-Mehrwegflasche sich einer neuen Beliebtheit erfreuen, ist ihr Marktanteil insgesamt jedoch äußerst gering. Weit verbreiteter sind Plastik-Mehrwegflaschen. Und insgesamt beläuft sich der Anteil der Mehrwegflaschen laut Angaben der DUH lediglich auf rund vierzig Prozent. Ein Großteil der Getränke wird demnach in Einweggetränkeverpackungen abgegeben. „Um den in der Verpackungsverordnung gesetzlich festgeschriebenen Zielwert von 80 Prozent ökologisch vorteilhaften Getränkeverpackungen zu erreichen, ist noch immer politische Unterstützung notwendig“, berichtet die DUH. Die zunehmende Sorge der Bevölkerung vor möglichen Schadstoffen in Plastikflaschen könnte hier allerdings einen positiven Effekt entfalten, da Glasflaschen als Alternative bleiben und diese bei Mineralwasser und Co meist als Mehrwegflaschen ausgelegt sind.
Leitungswasser als Alternative
Neben Mineralwasser aus Glasflaschen bildet schlichtes Leitungswasser eine gute Möglichkeit, drohende Belastungen durch hormonähnliche Substanzen aus den Plastikflaschen zu vermeiden. Auch kann dem Leitungswasser bei Bedarf mittels entsprechender Haushaltsgeräte Kohlensäure zugeführt werden, wenn dies dem individuellen Geschmack mehr entgegen kommt. Der Frankfurter Toxikologe Martin Wagner erläuterte, dass im Leitungswasser keine entsprechenden Umwelthormonen nachgewiesen wurden. Zudem sei Leitungswasser „1000- bis 5000-mal günstiger, muss nicht verpackt, mit hohem Energieaufwand abgefüllt und transportiert werden und verursacht keinen Müll“, betonte Martin Wagner im Interview mit Frederik Jötten für die „Kölnische Rundschau“.
Bewusster Verzicht auf Plastikflaschen
Der Toxikologe machte darüber hinaus deutlich, dass das Auslaugen von Chemikalien zeitabhängig ist beziehungsweise mit der Zeit aus den Kunststoffverpackungen immer mehr Stoffe auf den Inhalt übergehen können. Darüber hinaus steige die Menge des Übergangs von Substanzen mit der Temperatur. Bei Hitze würden zum Beispiel vermehrt Acetaldehyde aus dem Kunststoff der Plastikflaschen freigesetzt. Letztendlich scheint unter gesundheitlichen Aspekten alles gegen die Verwendung von Plastikflaschen und für den Einsatz von Glasflaschen zu sprechen. Allerdings bleibt der Gewichtsvorteil der PET-Produkte, was für die Produktion, Auslieferung und den Einkauf deutliche Erleichterungen mit sich bringt und ursprünglich wesentlichen Anteil an dem Erfolg der Plastikflaschen hatte. Auch wenn die Glasflaschen nun eine leichte Renaissance erfahren, ist dies nicht mit einer generellen Abkehr von den Plastikflaschen gleichzusetzen. Allerdings wird deutlich, dass sich offenbar immer mehr Konsumenten Sorgen über mögliche Stoffeinträge aus den PET-Flaschen machen und sich daher bewusst für den Kauf von Glasflaschen entscheiden. (fp)
Bild: Thomas Meinert / pixelio.de
Autoren- und Quelleninformationen
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.