Plastikmüll findet sich auch in der Tiefsee
01.05.2014
Die Vermüllung der Meere nimmt zunehmend kritische Ausmaße an. Heute finden sich in allen Meeren Europas erhebliche Mengen Müll, so das Ergebnis einer aktuellen Studie unter Beteiligung des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) Bremerhaven. Alle untersuchten Meeresregionen Europas waren erheblich verschmutzt. Die Forscher warnen vor möglichen Folgen für die Meeresbewohner und schließlich auch für uns Menschen.
Das Forscherteam um Christopher Pham von der Universität der Azoren hat umfassendes Datenmaterial darüber zusammengetragen, wie viel Müll sich in den europäischen Meeren befindet. Mit Hilfe von Grundschleppnetzen, Videoaufzeichnungen und Fotos überprüften die Wissenschaftler aus 15 verschiedenen europäischen Forschungseinrichtungen das Müllvorkommen in 32 verschiedenen Meeresgebieten im Nordost-Atlantik, im Arktischen Ozean und im Mittelmeer. In jeder untersuchten Region wurden die Forscher nach eigenen Angaben fündig – „von küstennahen Gebieten bis hinab in die Tiefsee.“ Ihre Ergebnisse haben sie in dem Fachmagazin „PLOS ONE“ veröffentlicht.
Müll bis in 4500 Meter Tiefe
Die Meeresbiologin Dr. Melanie Bergmann vom Alfred-Wegener-Institut betonte, dass sie „sehr überrascht“ war, „zu sehen, wie weit sich unser Müll in den Meeren schon verbreitet hat.“ Die Forscher konnten anhand der 588 Videoaufnahmen und Schleppnetzproben Müll in allen untersuchten Meeresregionen nachweisen – „in Küstennähe, am Kontinentalsockel, an Unterwassergebirgen bis hinab in die Tiefsee“ (Tiefe von 4500 Metern). Am meisten Müll sei „in der Nähe dicht besiedelter Ballungsräume – und in Tiefseegräben“ gefunden worden, berichtet das AWI weiter. Die Tiefsee-Schluchten bilden oftmals die Verbindung zwischen flachen Küstengewässern und der Tiefsee. So treibt der Müll durch sie von den Küsten in die weit entfernten tieferen Wasserschichten. „Selbst in entlegenen Gebieten wie der Arktis oder des mittelatlantischen Rückens, haben wir Müll gefunden“, erläuterte Dr. Melanie Bergmann und ergänzt, „dass inzwischen bei fast jedem Kamera- oder Schleppnetz-Einsatz in der Tiefsee Müll zu sehen ist.“
Drohende ökologische Probleme durch Mikroplastikpartikel
Die Wissenschaftler entdeckten unter anderem vermehrt herrenlose Fischereigeräte und -netze, Glasflaschen und Metall, aber mit Abstand „die häufigste Müllsorte war Plastik“, so die Aussage des Erstautors Christopher Pham. Den Angaben des AWI zufolge wurde auf knapp der Hälfte aller Videoaufnahmen und in nahezu allen Schleppnetzproben Kunststoff entdeckt. Die gefundenen größeren Plastikstücke lassen laut Aussage der Forscher auch die Präsenz von Mikroplastikpartikeln vermuten, da der Kunststoff mit den Jahren in immer kleinere Teile zerfällt. „Mit diesen millimeterkleinen Teilchen fangen die ökologischen Probleme wahrscheinlich erst richtig an“, betonte die Meeresbiologin Dr. Melanie Bergmannn. Denn das Mikroplastik biete „nicht nur eine willkommene Oberfläche für verschiedene fettliebende Giftstoffe, es kann sich auch innerhalb der Nahrungskette anreichern“, so Bergmann weiter. Beispielsweise sei in einigen Nordsee-Fischen und Langusten bereits Mikroplastik nachgewiesen worden. Hierbei handele es sich vermutlich nur um die Spitze des Eisberges.
Plastikmüll besonders langlebig
Bislang ist laut Aussage der Forscher nicht abschließend geklärt, wie sich der Müll über die Meere verteilt. Eine wesentliche Rolle spielen ihrer Ansicht nach die „Meeresströmungen, topographische Gegebenheiten aber auch der zunehmende Schiffsverkehr.“ Aufgrund seiner Langlebigkeit und seines geringen Gewichtes könne vor allem Plastik von den Meeresströmungen über weite Strecken transportiert werden. Den Angaben des AWI zufolge, führt „in der Arktis wahrscheinlich der Rückgang des Meereises dazu, dass mehr Müll in den Hohen Norden gelangt.“Welche Wirkung der Müll im Meer auf das ganze Ökosystem und schließlich auf uns Menschen haben wird, lasse sich bisher nur erahnen. Weitere umfassende Studien seien erforderlich, auch um eine wissenschaftliche Basis für die geplante Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie der Europäische Union zu liefern. Denn diese soll unter anderem „bewerten wie es aktuell um die europäischen Meere steht und definieren, was überhaupt ein ‚guter Zustand‘ der Meere ist“, erläuterte Dr. Melanie Bergmann. (fp)
Bild: Peter von Bechen / pixelio.de
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