Schlafen Babys mit im Elternbett, erhöht sich das Risiko des plötzlichen Kindstodes
23.05.2013
Für viele Eltern ist es selbstverständlich, dass ihr Kind während der ersten Lebensmonate mit in ihrem Bett schläft, doch steigert dies das Risiko eines plötzlichen Kindstodes deutlich, so die Warnung in einem aktuellen Artikel des „British Medical Journal“. Das Forscherteam um Robert Carpenter von der London School of Hygiene and Tropical Medicine hatte in einer aktuellen Untersuchung fünf frühere Studien zu den Ursachen des plötzlichen Kindstodes ausgewertet und kam dabei zu dem Ergebnis „dass 88 Prozent der plötzlichen Kindstode, die während der gemeinsamen Bettruhe aufgetreten sind, nicht eingetreten wären, wenn das Teilen des Bettes vermieden worden wäre“, berichtet das britische Fachmagazin.
Den Autoren zufolge müssen angesichts der neuen Erkenntnisse auch die bisherigen Empfehlungen in Großbritannien geändert werden, da bislang davon ausgegangen wurde, dass kein Risiko für die Babys beim Schlafen im Elternbett bestehe, solange „kein Elternteil raucht, Alkohol oder Drogen konsumiert.“ Doch selbst unter diesen Bedingungen sei des Risiko eines plötzlichen Kindstodes für Kinder im Alter unter drei Monaten rund fünfmal höher, berichten Carpenter und Kollegen. Als mögliche Ursachen für das deutlich erhöhte Risiko vermuten die Mediziner dabei insbesondere eine Überwärmung und Atemprobleme des Kindes.
Schlafen im Elternbett als Risikofaktor?
Der Wunsch, das Neugeborene möglichst ständig in der Nähe zu haben, ist nur verständlich. Auch erleichtert das Teilen des Elternbettes mit dem Baby zum Beispiel das nächtliche Stillen. In Großbritannien haben sich Hilfsorganisationen wie die „National Childbirth Trust“ in den vergangenen zehn Jahren sogar für das gemeinsame Schlafen im Elternbett eingesetzt, da das Risiko des plötzlichen Kindstodes als „vernachlässigbar" eingestuft wurde, solange beide Eltern nicht rauchen, Alkohol oder Drogen konsumierten, berichten Carpenter und Kollegen. Die aktuelle Studie zeigt nun jedoch, dass es sich keineswegs um eine vernachlässigbares Risiko handelt. Tatsächlich ist selbst bei Vermeidung sämtlicher bekannten Risikofaktoren eine erhöhte Wahrscheinlichkeit des plötzlichen Kindstodes zu beobachten, erläutern die Mediziner.
Dreimal höhere Risiko des plötzlichen Kindstodes
Die Wissenschaftler nutzen für ihre Analyse die Rohdaten von fünf früheren Fall-Kontroll-Studien, um aus diesen einen kombinierten Datensatz von 1.472 Fällen des plötzlichen Kindstodes und 4.679 Kontrollpersonen zu schaffen. Bei den ursprünglichen Studien handelte es sich um eine transeuropäische Untersuchung und vier nationale Studien aus Schottland, Neuseeland, Irland und Deutschland. Berücksichtigt wurden Kinder bis zum Alter von einem Jahr. Selbst „unter den besten Umständen (d.h. bei gestillten Säuglingen ohne elterliche Risikofaktoren), war das Risiko für den plötzlichen Kindstod 2,7 mal höher wenn Kleinkinder in einem Bett mit den Eltern schliefen“, schreiben die Forscher. Im schlimmsten Fall, also bei Kindern, die mit der Flasche gefüttert wurden und bei denen beide Eltern Raucher und Alkoholkonsumenten waren, lag das Risiko des plötzlichen Kindstodes sogar 15,6 Mal höher, schreiben die Carpenter und Kollegen. Dem höchsten Risiko des hätten dabei Kinder im Alter unter drei Monaten unterlegen. Für sie sollte das Schlafen bei den Eltern im Bett generell tabu sein, so die Schlussfolgerung der Forscher.
Plötzlicher Kindestod häufigste Todesursache bei Kindern unter einem Jahr
Obwohl die Ursachen des erhöhten Risikos eines plötzlichen Kindstodes beim Schlafen im Elternbett bislang nicht vollständig geklärt sind, konnten in der Vergangenheit unterschiedliche Faktoren bestimmt werden, die hier offenbar eine wesentliche Rolle spielen. Meist wird ein Zusammenhang mit der noch nicht voll funktionsfähigen Temperaturregulation der Babys vermutet, doch ein erhöhtes Erstickungsrisiko wird vielfach ebenfalls als Ursache für das Risiko des plötzlichen Kindstodes beim Schlafen im Elternbett angebracht. Insgesamt halten sich die Fallzahlen glücklicherweise jedoch in Grenzen. In Deutschland waren in den vergangen Jahren zwischen 125 und 350 Fälle des plötzlichen Kindstodes zu verzeichnen. Auch mit diesen scheinbar geringen Fallzahlen ist der plötzliche Kindstod allerdings häufigste Todesursache bei Babys in den modernen Industrienationen. Eltern sollten daher besonderen Wert auf die Vermeidung sämtlicher bekannten Risikofaktoren legen.
Risiko des plötzlichen Kindstodes minimieren
Um das Risiko des plötzlichen Kindstodes zu minimieren, der in den meisten Fällen während des Schlafs auftritt, empfiehlt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) das Kind möglichst in Rückenlage, nicht mit einer Decke, sondern in einem Schlafsack im eigenen Bett schlafen zu legen. Kissen, Kuscheltiere und andere Gegenstände im Kinderbett sollten vermieden werden. Die Zimmertemperatur ist laut BZgA idealerweise auf 16 bis 18 Grad Celsius einzustellen. Die Kleidung sollte maximal aus einem Body und darüber einem Schlafanzug bestehen, um eine Überwärmung der Kinder zu vermeiden. Mützen beziehungsweise Kopfbedeckungen seien gänzlich zu vermeiden. Auch wird laut BZgA dem Schnullern eine präventive Wirkung gegenüber dem plötzlichen Kindstod zugeschrieben.
Eltern, die während der Nachtruhe gerne die Nähe ihres Kindes spüren, die Babys aufgrund des Risikos des plötzlichen Kindstodes jedoch nicht mit ins Bett nehmen möchten, können sich mit einem sogenannten Babybalkon behelfen, der seitlich an das Elternbett angebaut werden kann und den Kindern dennoch einen separaten Bereich sichert. (fp)
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Bild: Manuel Bendig / pixelio.de
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