Einfluss der Darmmikrobiota auf Schwere von COVID-19
Eine Erkrankung an COVID-19 greift nicht nur das Gewebe der Atemwege an, auch die Zusammensetzung der Darmmikrobiota (Darmflora) wird gestört, was Auswirkungen auf die Schwere des Verlaufs der Krankheit hat. Die Folgen bleiben bestehen, wenn die Virusinfektion schon längst überwunden ist.
In einer neuen Studie unter Beteiligung von Fachleuten der State University of Campinas wurde die funktionelle Rolle der Darmmikrobiota bei langfristigen Folgen von COVID-19 untersucht. Die Ergebnisse wurden auf dem englischsprachigen Preprint-Server „Research Square“ veröffentlicht.
Auswirkungen von COVID-19 auf die Darmgesundheit
Nach einer Erkrankung an COVID-19 treten häufig Langzeitfolgen auf, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Hier habe sich die Frage gestellt, ob möglicherweise ein Zusammenhang mit Veränderungen der Darmmikrobiota besteht, erläutern die Forschenden.
In ihren Untersuchungen stellten die Fachleute nun fest, dass die Darmmikrobiota nach einer Erkrankung an COVID-19 (bis zu vier Monate nach dem ersten positiven Test) eine bemerkenswerte Dominanz von sogenannten Enterobacteriaceae-Stämmen mit einem multiresistenten Phänotyp zeigt, verglichen mit gesunden Menschen aus einer Kontrollgruppe.
Stärkere Lungenentzündung durch Darmmikrobiota
Nachdem das Team Fäkalien von Teilnehmenden auf keimfreie Mäuse übertrug, zeigten Tiere, die Proben von COVID-19-Erkrankten erhalten hatten, eine stärkere Lungenentzündung und zusätzlich eine erhöhte Anfälligkeit für Lungeninfektionen, welche durch einen resistenten Klebsiella pneumoniae-Stamm verursacht wurden.
Kognitive Leistung nahm ab
Diese Mäuse zeigten auch eine schlechtere kognitive Leistung, die mit einer erhöhten Expression von TNF-α, verringerten Spiegeln des sogenannten neurotrophen Faktors BDNF und des postsynaptischen Dichteproteins PSD-95 im Gehirn verbunden war, so die Fachleute. Außerdem traten auch Veränderungen verschiedener biochemischer Signalwege auf.
Diese Veränderungen wurden in Abwesenheit von SARS-CoV-2 beobachtet, so dass sie laut den Forschenden auf Veränderungen in der Darmmikrobiota zurückzuführen sind. In der Studie sei zudem deutlich geworden, dass die Auswirkungen einer SARS-CoV-2-Infektion auf die Darmmikrobiota auch dann noch anhalten, wenn die Betroffenen die akute Virusinfektion längst überwunden haben.
Gesunde Bakterien verhindern Funktionsstörungen des Gehirns
Funktionsstörungen des Gehirns, welche in einem Coronavirus-Infektionsmodell bei Mäusen festzustellen waren, konnten allerdings teilweise durch eine Modulation der Mikrobiota mittels einer Behandlung mit dem probiotischen Bakterium Bifidobacterium longum 51A verhindert werden, berichtet das Team.
Insgesamt unterstreichen die Ergebnisse der neuen Forschungsarbeit die Bedeutung der Mikrobiota als Ziel für Therapien zur Behandlung von sogenannten Post-COVID-Folgestörungen, resümieren die Fachleute. (as)
Autoren- und Quelleninformationen
Dieser Text entspricht den Vorgaben der ärztlichen Fachliteratur, medizinischen Leitlinien sowie aktuellen Studien und wurde von Medizinern und Medizinerinnen geprüft.
- Viviani Mendes de Almeida, Daiane F. Engel, Mayra Fernanda Ricci, Clênio Silva Cruz, Icaro Santos Lopes, et al.: Gut microbiota from patients with mild COVID-19 cause alterations in mice that resemble post-COVID syndrome; in: Research Square (veröffentlicht 22.06.2022), Research Square
Wichtiger Hinweis:
Dieser Artikel enthält nur allgemeine Hinweise und darf nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung verwendet werden. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen.