Menschen mit Posttraumatischer Belastungsstörung brauchen Hilfe
Bei vielen Menschen, die Schreckliches erlebt haben, hinterlassen die Erlebnisse ihre Spuren. Es kommt vor, dass diese seelische Wunden Betroffene ein Leben lang beeinträchtigen. Im Fachjargon ist dann von einer Posttraumatischen Belastungsstörung die Rede. Betroffene brauchen unbedingt professionelle Hilfe.
Posttraumatische Belastungsstörungen nach traumatische Ereignissen
Haben Menschen Schreckliches erlebt, können neben Angststörung und Depression sogenannte posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) auftreten, selbst wenn das traumatische Ereignis bereits Wochen oder Monate, zum Teil auch Jahre zurückliegt. Als traumatisierend werden im Allgemeinen belastende Ereignisse wie schwere Unfälle, Erkrankungen und Naturkatastrophen, aber auch Erfahrungen erheblicher psychischer, körperlicher und sexueller Gewalt sowie schwere Verlust- und Vernachlässigungserfahrungen bezeichnet, schreibt die Deutsche Traumastiftung.
Betroffene brauchen professionelle Hilfe
„Klassische Beispiele sind hier die posttraumatischen Belastungsstörungen verletzter Soldaten, Flüchtlinge, von Opfern von Gewaltverbrechen oder Unfallopfern“, so die Experten.
Dass vor allem Flüchtlinge oft betroffen sind, zeigte auch eine Untersuchung syrischer Kinder in der Bayernkaserne in München im vergangenen Jahr. Dabei stellte sich heraus, dass über die Hälfte der Flüchtlinge Deutschland traumatisiert erreicht.
Aber auch hierzulande gibt es viele Umstände, die eine PTBS zur Folge haben können. So berichteten beispielsweise britische Wissenschaftler, dass eine Fehlgeburt bei Frauen oft zu posttraumatischen Belastungsstörungen führt.
Doch was auch immer die Ursache ist: Alle Betroffenen brauchen professionelle Hilfe. Die Nachrichtenagentur dpa berichtet in einer aktuellen Meldung über eine betroffene Frau und wie sie mit ihrer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) umgeht.
„Er hat mich geradezu verfolgt“
Vor Jahren fand Gisela Huber (Name geändert) den leblosen Körper eines Mannes in einem See. Die gelernte Rettungsschwimmerin verbrachte damals eine halbe Stunde allein mit dem Toten im Wasser, während sie auf Hilfe wartete. Letztendlich hat sie den Leichnam selbst mit Hilfe eines Seils ans Ufer gezogen.
Doch die Bilder wollten sie nicht mehr loslassen. „Er hat mich geradezu verfolgt“, sagt sie über den Ertrunkenen. Laut der Agenturmeldung dauert es über vier Jahre, bis sie erfährt, dass sie eine Posttraumatische Belastungsstörung hat.
„Ich habe mich verantwortlich gefühlt und wollte vermeiden, dass er wieder untergeht. Ich weiß, wie schwer es für die Familie sein kann, wenn sie ihren Angehörigen nicht beerdigen können“, so Huber. Die ersten Tage nach dem Fund seien katastrophal gewesen.
Glaube an das Gute wird zerstört
„Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Reaktion, die nach einem traumatischen Erlebnis auftreten kann“, erklärt Beate Klofat, Diplom-Psychologin und Psychotherapeutin aus Hamburg in der dpa-Meldung.
Dieses Erlebnis kann sowohl von kurzer Dauer sein, wie bei einem schweren Unfall, oder länger dauern wie bei einer Geiselhaft. Nach von Menschen verursachten Traumata wie Gewalterfahrungen ist das Risiko für eine PTBS demnach besonders hoch. Den Angaben zufolge sind bis zu 65 Prozent nach Kriegserlebnissen betroffen.
„Es scheint, als würde der Glauben an das Gute in diesen Menschen zerstört“, erläutert Iris Hauth, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN).
Schmerzliche Erinnerungen und Alpträume
Womöglich sind die ausgeschütteten Stresshormone während des Erlebnisses ein ursächlicher Faktor für eine PTBS, denn sie verhindern, dass das Erlebte richtig abgespeichert wird. „Die Erinnerung liegt sozusagen noch als Rohmaterial vor, welches nicht richtig verpackt und etikettiert wurde. Daher kehren Bruchstücke immer wieder als Flashbacks zurück“, so Klofat.
Hauptsymptome sind Flashbacks als sich aufdrängende, schmerzliche Erinnerungen und Alpträume. Wie es heißt, können Betroffene nicht zwischen dem Hier und Jetzt und dem Vergangenem unterscheiden. „Sie erleben Flashbacks, als wären sie wieder in der traumatischen Situation“, erklärt Klofat.
Betroffene ziehen sich oft zurück
Darüber hinaus sind Betroffene oft angespannt und können sich nicht konzentrieren. „Häufig kommt es zu sozialem Rückzug und emotionaler Gleichgültigkeit“, erklärt Hauth, die ärztliche Direktorin am Alexianer St. Joseph Krankenhaus in Berlin-Weißensee ist.
Gisela Huber, die jahrelang Hilfe suchte, fand in der Zwischenzeit eine weitere ertrunkene Person und sah den Leichnam eines vom Zug überrollten Mannes. Zwar ließ jede Erfahrung das alte Trauma wieder aufflamme, doch ihr Glaube war ihr dabei eine Stütze. „Ich hatte die innere Gewissheit, dass Gott mir irgendwann den richtigen Ort zeigt, wo ich Hilfe bekomme.“
Religiosität könne demnach als Schutz- oder Stützfaktor bei einer PTBS dienen. Denn: „Menschen mit einem starken sozialen Netz oder jene, die eine besondere Sinnhaftigkeit im Leben sehen, entwickeln weniger leicht eine PTBS“, so Klofat.
Vorangegangene Krisen oder bereits bestehende psychische Störungen wie eine Depression seien laut Hauth Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für eine PTBS hingegen erhöhen.
Wichtiges Kernstück der Therapie ist Konfrontation
Erst kürzlich wurde berichtet, dass Schlafen zur Verarbeitung traumatischer Erlebnisse beitragen kann. Wichtiges Kernstück der Therapie ist laut dpa jedoch die Konfrontation. Die Erinnerungen zu vermeiden und nicht darüber zu sprechen, fördert nämlich das Stadium, in dem die traumatischen Erinnerungen unverarbeitet bleiben.
„Man kann sich die Erinnerungen wie einen Stapel Kleidungsstücke vorstellen. Diese müssen erst ordentlich gefaltet in den Schrank gelegt werden, damit sie einem nicht jedes Mal entgegenfallen, wenn man die Schranktür öffnet“, so Klofat.
Kein Mensch sollte sich lebenslang mit dem Trauma plagen
„Als Angehöriger ist es wichtig zuzuhören, den Betroffenen erzählen zu lassen und auf seine Bedürfnisse einzugehen“, sagt Hauth.
Gisela Huber, die beim Beginn ihrer Therapie in einem speziellen Traumazentrum, den Wunsch hatte, wieder wie vor dem Trauma leben zu können, glaubt heute, sechs Jahre nach dem Ende ihrer Therapie, dies geschafft zu haben.
Sie arbeitet und geht regelmäßig in dem See schwimmen, in dem sie die Leiche fand. „Ich möchte jeden ermutigen, eine Therapie zu wagen. Niemand sollte sich ein ganzes Leben lang mit dem Trauma plagen.“ (ad)
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Wichtiger Hinweis:
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