Multiresistente Erreger eventuell durch Muttermilch-Protein behandelbar
Bei vielen Erkrankungen setzen Mediziner Antibiotika ein. Durch den übermäßigen, oftmals unsachgemäßen Gebrauch (auch in der Landwirtschaft) kommt es allerdings weltweit zu immer mehr Fällen von Antibiotika-Resistenzen. Aus diesem Grund suchen Mediziner schon lange effektive Möglichkeiten, um resistente Keime zu bekämpfen.
Multiresistente Bakterienstämme global auf dem Vormarsch
Der jahrelange Missbrauch von Antibiotika hat dazu geführt, dass immer wieder Keime auftreten, die resistent gegen jegliche Form des Medikaments sind. Die multiresistenten Bakterienstämme könnten eine globale Gesundheitskrise auslösen, warnen Experten. Somit ist es nicht wirklich verwunderlich, dass Mediziner weltweit nach neuen Möglichkeiten suchen, um solche Keime zu behandeln. Ein bestimmtes Protein aus der menschlichen Muttermilch könnte einer aktuellen Studie des University College London (UCL) und dem National Physical Laboratory (Teddington, UK) zufolge die Lösung bieten. Die Wissenschaftler haben ihre Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Chemical Science“ veröffentlicht.
Harmlose Krankheiten in Zukunft wieder tödlich durch Antibiotika-Resistenz
Auf der ganzen Welt gibt es immer mehr Fälle von Antibiotika-Resistenzen. Der Missbrauch beziehungsweise die unsachgemäße Verwendung der Arzneien trieb weltweit die Entwicklung von antibiotikaresistenten Keimen voran, erläutern die Forscher. Wenn mit der weitverbreiteten Antibiotikaresistenz nicht verantwortungsvoll umgegangen wird, könnten einige Infektionen und heilbare Krankheiten wie beispielsweise Tuberkulose und Gonorrhoe wieder tödlich werden, warnen die Experten.
„Superprotein“ in Muttermilch gefunden
Resistente Keime sind laut Angaben der Forscher eine echte Bedrohung in der heutigen Zeit. Die Gefahr durch solche resistenten Bakterienstämme steige weiter an. Ärzte würden heutzutage immer noch viel zu oft Antibiotika verschreiben. Wenn Patienten mit Fieber zu ihrem Hausarzt gehen, bekämen sie oft entsprechende Arzneien verordnet. Das ist aber ein großer Fehler, warnen der Mediziner. Die Resistenzen nehmen hierdurch weiter zu. Neue Arzneien gegen resistente Keime sind daher dringend erforderlich. Die aktuelle Studie hat nun festgestellt, dass ein bestimmtes Protein aus der menschlichen Muttermilch der Schlüssel sein könnte, um die resistenten Keime erfolgreich zu bekämpfen. Experten wussten schon lange Zeit, dass Muttermilch von wesentlicher Bedeutung für die Gesundheit der Babys ist. Kinder, die gestillt werden, profitierten in den ersten Monaten von einem zusätzlichen Schutz gegen Krankheiten, erläutern die Mediziner.
Proteinfragment Lactoferrin zerstört Pilze, Viren und Bakterien
Die Studie wurde von Forschern des „University College London“ und Wissenschaftlern vom „National Physical Laboratory“ durchgeführt. Sie entdeckten, dass das Proteinfragment Lactoferrin Pilze, Viren und Bakterien zerstört. Lactoferrin kommt natürlicherweise in Muttermilch vor. Durch das Protein erhält die Muttermilch ihre antibiotischen Eigenschaften, erklären die Mediziner. Doch Lactoferrin ist mehr als nur ein Antibiotikum, so die Wissenschaftler weiter. Das Lactoferrin wirke derart schnell, dass es die Bakterien im Bruchteil einer Sekunde abtöte. Die Experten hoffen daher, dass resistenten Keimen schlichtweg die Zeit fehlt, um Resistenzen zu entwickeln. Wissenschaftlern ist Lactoferrin seit den 1960er Jahren bekannt, aber erst jetzt erkannten sie die besonderen Eigenschaften des Proteins. Das Forscherteam isolierte dies aus Muttermilch, das Protein ist allerdings auch in anderen Körperflüssigkeiten enthalten, wie beispielsweise in unseren Tränen, Speichel und unserem Nasensekret, erklären die Mediziner. Der nächste Schritt war, das hoch potente Protein in eine Form zu bringen, die noch immer Viren und Bakterien zerstören kann, ohne dabei den menschlichen Wirtszellen zu schaden.
Forscher entwickelten Kapsel mit beeindruckenden Fähigkeiten
Das Team wandelte das Lactoferrin in eine virusähnliche Form um, enthalten in einer Kapsel. Das Medikament kann spezifische, virulente Bakterien erkennen, unterscheiden und anschließend zerstören, berichten die Experten. „Um die Aktivität der Kapseln in Echtzeit zu überwachen, entwickelten wir eine High-Speed-Messplattform mit Rasterkraftmikroskopie“, fügte Hasan Alkassem vom UCL hinzu. Es war eine schwere Aufgabe, die Kapseln sichtbar zu machen und sie dabei zu beobachten, wie sie die Bakterien angriffen. Am Ende fungierten die besonderen Lactoferrin-Kapseln als Geschosse, die die Bakterienmembranen mit der Effizienz und Geschwindigkeit von Projektilen zerstörten, erklären die Mediziner. Bisher könnten Ärzte das Medikament aber leider noch nicht verschreiben. Lactoferrin müsse noch weiteren Untersuchungen und einer Reihe von Sicherheitsüberprüfungen unterzogen werden, um sicherzustellen, dass das Protein nicht gefährlich für Menschen ist. Das Forscherteam hofft, dass Lactoferrin vielleicht eines Tages hilft, resistente Keime endgültig zu besiegen. Außerdem könnte es auch noch hilfreich im Kampf gegen andere unheilbare Krankheiten wie zum Beispiel Sichelzellenanämie sein, erklären die Experten. (as)
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